Factoring: So kommen Handwerker schneller an ihr Geld
Häuft sich die Anzahl der zu spät oder gar nicht beglichenen Rechnungen, kann auch ein gesunder Betrieb in eine finanzielle Schieflage geraten. Im Handwerk ist die Situation bislang jedoch alles andere als dramatisch. Gut 21 Prozent der Betriebe erlebten 2021 überhaupt keinen Forderungsausfall laut Creditreform.
Ein gutes Drittel der Handwerksbetriebe musste etwa 0,1 Prozent des Umsatzes durch säumige Schuldner abschreiben. Bei einem weiteren knappen Drittel waren es bereits ein Prozent des Umsatzes. Nur etwa acht Prozent der Handwerksbetriebe verliert mehr als ein Prozent des Umsatzes durch nicht beglichene Rechnungen.
Mag das Risiko aber noch so klein sein: Wer den Liquiditätsfluss in seinem Betrieb sicherstellen will, sollte sich daher mit dem Thema Factoring für Handwerker zumindest einmal bekannt machen. Denn, was viele nicht wissen: Forderungen, also noch nicht bezahlte Rechnungen an Kunden, lassen sich an darauf spezialisierte Anbieter verkaufen. Dieser Verkauf bietet eine unbürokratische Alternative zu einem Bankkredit. Der Käufer dieser Forderungen nennt sich Factor.
War dieses Vorgehen früher nur größeren Unternehmen und Nicht-Handwerksunternehmen vorbehalten, gibt es mittlerweile auch die Möglichkeit des Factoring für VOB-Leistungen, das sogenannte VOB-Factoring. Wir haben Ihnen hier die wichtigsten Informationen über das Thema aus dem Bereich Mahnwesen und Forderungsmanagement zusammengefasst.
Wie funktioniert Factoring im Handwerk?
Factoring zählt als eine Form der Unternehmensfinanzierung. Normalerweise läuft es ohne Factoring so ab, dass das Unternehmen die Rechnung verschickt, vielleicht als Anreiz zur schnellen Bezahlung ein Skonto einräumt und dann auf die Überweisung wartet - je nachdem, welches Zahlungsziel auf der Rechnung draufsteht.
Beim Factoring läuft es anders: Hier verschickt der Factor die Rechnungen in einem neutralen Gewand. Das Handwerksunternehmen muss sie nur fertig ausstellen und - meist auf elektronischem Weg - zum Factor bringen. Das kann per Mail oder mithilfe einer speziellen Software sein.
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Ist die Rechnung verschickt, erhält das Unternehmen vom Factor den Rechnungsbetrag abzüglich einer Factoring-Gebühr meist schon nach einem Tag gutgeschrieben. Die Gebühr beläuft sich etwa auf die Höhe eines eingeräumten Skontos.
Der Handwerker erhält sein Geld also nicht vom ursprünglichen Kunden, sondern vom Factor. Dieser erhält die Überweisung und trägt auch das Risiko des Forderungsausfalls.
Welche Vorteile hat Factoring für Handwerker?
- Liquidität: Außenstände lassen sich sofort in Guthaben ummünzen. Das heißt, ein konstanter Geldstrom ist auf diese Weise gesichert. Genau deshalb zählt Factoring auch zu den Finanzierungsinstrumenten für Handwerksbetriebe.
- Kundenbindung: Betriebe können ihren Kunden längere Zahlungsziele ermöglichen.
- Risikoabsicherung: Im Fall einer Insolvenz des Kunden ist der Handwerker abgesichert und erhält sein Geld.
- Bessere Kreditwürdigkeit: Da die Forderungen nicht mehr in der Bilanz auftauchen, erhält das Unternehmen zum Beispiel von Banken, ein besseres Rating.
- Weniger Verwaltung: Im Idealfall läuft die Zusammenarbeit mit dem Factor so gut, dass das Handwerksunternehmen keine Debitoren-Buchhaltungsabteilung mehr benötigt.
Welche Nachteile hat Factoring?
Natürlich ist Factoring nicht kostenlos, es fällt eine Factoring-Gebühr an. Diese ist in etwa so hoch wie ein üblicher Skontosatz. Hinzu kommt in den meisten Fällen eine Pauschale für eine Bonitätsprüfung der Kunden. Darüber hinaus fallen Zinsen für die bereitgestellte Liquidität an. Ihre Höhe ist ähnlich hoch wie bei einem Kredit von der Bank. Allerdings würde diese zusätzliche Sicherheiten verlangen.
Als Basis für die Zinsberechnung wird der Drei-Monats-Euribor herangezogen. Daneben hängen die Zinsen ab von Faktoren wie Umsatzhöhe, Bonität, Branche, Debitoren- und Rechnungsstrukuren. Kommen weitere Dienstleistungen hinzu, wie das Debitorenmanagement oder das Mahnwesen, kostet auch das. Das heißt auch: Die Kosten des Factoring für Handwerker sind sehr individuell.
Welche Arten von Factoring gibt es?
Stilles Factoring: Beim stillen Factoring veräußert das Unternehmen seine offenen Forderungen an den Factor, ohne dass die Kunden darüber in Kenntnis gesetzt werden. Kunden überweisen Rechnungen hier auf ein Konto des Handwerksbetriebs, das aber an den Factor abgetreten oder verpfändet wurde.
Offenes Factoring: Beim offenen Factoring wird der Kunde durch einen Abtretungsvermerk über das Factoring informiert.
Dieser Abtretungsvermerk ist Bestandteil der Rechnung und weist den Debitor nicht nur daraufhin, dass die Rechnung verkauft wurde, sondern fordert ihn zudem auf, direkt an den Factor zu zahlen. Die Bankverbindung des Factors ist ein wesentlicher Bestandteil des Abtretungsvermerks.
Inhouse Factoring: Im Gegensatz zum offenen oder stillen Full-Service Factoring werden beim Inhouse Factoring sowohl das Forderungsmanagement als auch das Mahnwesen weiterhin vom Factoringkunden durchgeführt. Der Factor übernimmt die Bereitstellung der Liquidität sowie den Ausfallschutz.
Was ist der Unterschied zwischen Factoring und Zession?
Bei einer Zession tritt das Handwerksunternehmen Forderungen ab, beim Factoring verkauft es sie. Es gibt auch keinen sofortigen Geldfluss.
Zum Beispiel kauft Handwerker Huber beim Handelsunternehmen Xari Waren im Wert von 10.000 Euro ein. Da Xari pünklich geliefert hat, muss er jetzt neue Waren nachkaufen. Er hat aber noch nicht das Geld dafür. Er nimmt als einen Bankkredit auf und tritt die Forderung von Huber per Zessionsvertrag ab. Sollte Xari nun seine erhaltenen Waren nicht an Huber zahlen, erhält die Bank die Forderung als Kreditsicherheit. Es handelt sich hier daher um eine Sicherheitszession und um eine Einzelzession.
Weitere Formen der Zession sind offene und stille Zession (ähnlich wie beim Factoring), Rahmenzession sowie Global-, Mantel oder Inkassozession.