Heizungsgesetz: Union und SPD verunsichern Bürger, Investoren und Unternehmen

Hier finden Sie nun weitere Branchenstimmen zu den Plänen rund ums GEG:
GIH: Chaos und Unsicherheit statt Wärmewende
Der Energieberatendenverband GIH äußert deutliche Kritik an der geplanten Abschaffung des Heizungsgesetzes in seiner bisherigen Form. Laut eines geleakten Abschlusspapiers der Arbeitsgruppe Verkehr und Infrastruktur, Bauen und Wohnen von SPD und Union soll das wohl umstrittenste Gesetz der vergangenen Jahre rückgängig gemacht werden. Diese Entscheidung sorgt für erhebliche Unsicherheiten bei Energieberatern, Eigentümern und der Baubranche.
„Statt für Klarheit zu sorgen, wird mit dieser Rolle rückwärts viel Verwirrung gestiftet“, kritisiert Stefan Bolln, Bundesvorsitzender des GIH. „Bürger, Unternehmen und Energieberatende haben sich auf die aktuellen Regelungen eingestellt. Jetzt drohen ein massiver Attentismus und jahrelange Verzögerungen bei der Wärmewende.“
Der GIH weist darauf hin, dass eine Abschaffung nicht nur wertvolle Zeit verschenkt, sondern auch den europäischen Anforderungen widerspricht. Die Fokussierung auf den Primärenergieverbrauch als Maßstab wäre eine sinnvolle Vereinfachung gewesen – nun droht stattdessen eine zusätzliche Verkomplizierung.
Zudem bremst die Entscheidung eine dringend notwendige Markt- und Investitionsdynamik aus: Der eingebrochene Sanierungsmarkt erholt sich nur langsam und würde dadurch wieder geschwächt. Eine Konjunkturerholung könnte abrupt abgewürgt werden. Der GIH fordert daher eine klare Planbarkeit und Langfristigkeit in der Gesetzgebung und Förderung. Änderungen sollten ausschließlich im Einklang mit der EU-Gebäuderichtlinie (EPBD) erfolgen, die 2026 in nationales Recht umgesetzt werden muss.
„Die Wärmewende darf nicht durch politische Kehrtwenden blockiert werden“, betont Bolln. „Statt populistischen Abschaffungstheorien zu folgen, braucht es endlich mehr unaufgeregte Fachlichkeit, um ins Tun zu kommen. Ein klares Bekenntnis zum Gebäudeenergiegesetz ist essenziell, eine gezielte Optimierung im Anlagenbereich kann die Energiewende effektiv voranbringen. Unser Fokus sollte auf praxistauglichen Lösungen liegen, die Planungssicherheit schaffen und den Markt nachhaltig stabilisieren.“
DUH: Schlechte Nachricht für Verbraucherschutz, Handwerk und Klimaziele
Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) kritisiert die Pläne von Union und SPD zur Abschaffung des aktuellen Gebäudeenergiegesetzes mit einseitigem Fokus auf Emissionseffizienz scharf. Damit soll die Bedeutung der Energieeffizienz von Gebäuden massiv herabgesetzt werden. Ob es weitere Vorgaben für klimafreundliche Heizungen geben soll und wie die Förderung gestaltet wird, ist ebenfalls völlig offen.
Dazu sagt Barbara Metz, Bundesgeschäftsführerin der DUH:
„Dass Union und SPD sich auf eine Abschaffung des Gebäudeenergiegesetzes in der jetzigen Form und eine Abkehr von der Energieeffizienz geeinigt haben, ist eine schlechte Nachricht für Verbraucherinnen und Verbraucher, Handwerk und Klimaziele. Ohne klare Vorgaben zur Begrenzung des Energieverbrauchs von Gebäuden drohen Heizkosten aus dem Ruder zu laufen und die Klimaziele für den Gebäudesektor in unerreichbare Ferne zu rücken. Die Zeche zahlen insbesondere Haushalte, die keinen Einfluss auf den energetischen Zustand ihres Gebäudes haben oder keine finanziellen Mittel, um daran etwas zu ändern. Statt die Axt an die Effizienzvorgaben im Gebäudeenergiegesetz anzulegen, müssen Union und SPD eine klare Strategie vorlegen, die den Energieverbrauch senkt, CO2-Emissionen minimiert und gleichzeitig bezahlbare Lösungen für Haushalte bietet. Zudem muss die Heizungsförderung ausschließlich auf nachhaltige und erneuerbare Technologien ausgerichtet und die soziale Staffelung der Förderlandschaft weiterentwickelt werden. Priorität muss es sein, die Förderung der Wärmepumpe auf eine Festpreisförderung umzustellen, um damit Anreize für weitere Kostensenkung zu schaffen, von denen am Ende Haushalte profitieren.“
ZVEI: Planungssicherheit muss oberste Priorität haben
Im Rahmen der Koalitionsverhandlungen wird aktuell die Abschaffung des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) diskutiert. Sebastian Treptow, Bereichsleiter Gebäude im ZVEI, dazu: „In dieser Diskussion muss Planungssicherheit für alle beteiligten Branchen oberste Priorität haben. Eine erneute Verunsicherung des Markts, die zu Investitionszurückhaltung führt, darf es nicht geben.Sicher: Durch eine Reform kann das GEG effizienter werden. Entscheidend ist dabei die fristgerechte und vollständige Umsetzung der Europäischen Gebäuderichtlinie in nationales Recht. Das bedeutet insbesondere auch, dass die Anforderung zum Einsatz erneuerbarer Energien nicht fallen dürfen. Das 65-Prozent-Ziel bei neu installierten Heizungsanlagen ist schon nach dem jetzigen Stand des GEG technologieoffen erreichbar. Dazu bietet das Gesetz bereits heute diverse Pauschalerfüllungsoptionen, welche erhalten bleiben müssen.
Auch die Bundesförderung für effiziente Gebäude muss fortgeführt werden. Sie trägt dazu bei, die dringend benötigte Planungs- und Investitionssicherheit für Eigentümer, Investoren und Hersteller zu erhöhen. Entsprechende Mittel sollten durch das Infrastruktur-Sondervermögen abgesichert werden.
Die künftigen Koalitionäre haben jetzt Chance, die Weichen für eine nachhaltige Gebäudewende durch Elektrifizierung und Digitalisierung zu stellen. Diese Chance müssen sie nutzen.“
BWP: Entscheidungen zum GEG mit höchster Ernsthaftigkeit und Sensibilität treffen
Der Bundesverband Wärmepumpe ruft CDU, CSU und SPD dazu auf, das Zwischenergebnis der AG Bauen in den weiteren Koalitionsverhandlungen zu überarbeiten. Ziel der von jetzt an mit dem Thema befassten „19er-Gruppe“ müsse es sein, dem Wärmemarkt und der Industrie Planungssicherheit bei der Umstellung zu Erneuerbaren Energien zu geben. Laut Medienberichten hatte es in der Arbeitsgruppe eine Einigung gegeben, das „Heizungsgesetz“ abzuschaffen und durch neues, stärker auf die langfristige Emissionsminderung abstellendes Recht zu ersetzen.
Dazu Dr. Martin Sabel, Geschäftsführer des BWP: „Mit allem gebotenen Respekt erinnern wir die drei Parteien daran, dass tagtäglich tausende Menschen in Heizungsindustrie, Handwerksbetrieben, bei Energieversorgern und in vielen weiteren Branchen am Wärmepumpen-Ausbau arbeiten. Allein in der Industrie sind mehr als 70.000 Beschäftigte direkt oder indirekt von Entscheidungen der Koalition betroffen. Besonders Unternehmen, die im letzten Jahr Kurzarbeit anmelden und Menschen entlassen mussten, können zurecht erwarten, dass die neue Koalition Entscheidungen mit Auswirkungen auf die Heizungsbranche mit höchster Ernsthaftigkeit und Sensibilität trifft.“
„Dabei erscheinen die Überlegungen aus der Baugruppe nicht zu Ende gedacht. Das Gebäudeenergiegesetz, hier „Heizungsgesetz“ genannt, abzuschaffen ist doch ganz offensichtlich gar nicht gemeint. Dann sollte man es auch nicht so aufschreiben. Die im Wahlkampf vielleicht noch nachvollziehbaren polemischen Aussagen in den Koalitionsvertrag zu übernehmen, wird der Ernsthaftigkeit der Situation in keiner Weise gerecht. Pauschale Formulierungen zu radikalen Änderungen der Rahmenbedingungen schaffen Verunsicherung und sind Gift für einen Wirtschaftszweig, der sich nach einer schwierigen Phase gerade erst wieder erholt. Industrie und Handwerk haben sich längst auf die Vorgaben des Gebäudeenergiegesetzes eingestellt und stehen bereit. Wenn es den Verhandlern, um die Überarbeitung einzelner Paragrafen aus dem Gebäudeenergiegesetz geht, muss das auch möglichst präzise so benannt werden.“
Alle Beteiligten, neben Industrie und Handwerk auch die Verbraucher, brauchen Sicherheit über die künftig geltenden Rahmenbedingungen. Es dürfe nicht sein, dass eine neue Regierung jetzt Passagen aus dem GEG streiche, um später festzustellen, dass man aufgrund eines einbrechenden Heizungsmarktes, verfehlter Klimaziele und in der Konsequenz stark steigender CO2-Preise erneut eingreifen muss. Im Rahmen des EU-Effort-Sharing seien zudem hohe Strafzahlungen zu befürchten.
Dabei erinnert der BWP auch an das jüngste Rechtsgutachten im Auftrag der Klima-Union, wonach Rückschritte im Gebäudeenergiegesetz sogar verfassungswidrig seien, wenn damit das Erreichen von Klimazielen unwahrscheinlicher werde. Erst vor wenigen Tagen wurde bekannt, dass der Gebäudesektor seine Klimaziele erneut verfehlt. All diese Argumente lägen seit Monaten auf dem Tisch. Im Vorfeld und während der Koalitionsgespräche gab es zahlreiche Briefe und Initiativen aus der Wirtschaft und Zivilgesellschaft, die eindringlich vor einer Streichung der Heizungsvorgaben im GEG warnen.
Sabel ruft die Koalitionäre zu mehr Mut auf, diejenigen, die für wirtschaftlichen Aufschwung und Zukunftstechnologien stehen, auch zu unterstützen: „Wer antritt, um die Wirtschaft wieder in Schwung zu bringen, der muss den Unternehmen, die Zukunftstechnologien herstellen und einbauen einen sicheren Planungsrahmen geben. Nur so können sie dazu beitragen, dass sich die Wirtschaftslage in Deutschland hoffentlich bald wieder verbessert, dass die Abhängigkeit von fossilen Energieimporten abnimmt und dass Klimaschutztechnologien wie die Wärmepumpe ein Exportschlager „Made in Germany“ bleiben.“
Zu Medienberichten, wonach sich Koalitionsarbeitsgruppen von Union und SPD darauf verständigt haben, die Novelle des Gebäudeenergiegesetzes – das sogenannte Heizungsgesetz – abzuschaffen, erklärt Frank Ernst, Geschäftsführer der TGA-Repräsentanz Berlin:
"Das Gebäudeenergiegesetz (GEG) bildet die Grundlage der deutschen Gebäudeenergiepolitik und setzt auch in seiner novellierten Fassung wesentliche Vorgaben europäischer Richtlinien um. Es hat bereits bedeutende Fortschritte erzielt, etwa durch die verpflichtende Integration Erneuerbarer Energien in Neubauten und die Anhebung der Energiestandards für Gebäude. Käme es zur Abschaffung der GEG-Novelle, würden damit zugleich Umsetzungen von EU-Richtlinien zurückgenommen. Medienberichten zufolge haben selbst Vertreter der SPD bereits eingeräumt, dass im Falle einer Abschaffung ein neues Gesetz erarbeitet werden müsste, um ähnliche Ziele wie das jetzige GEG zu verfolgen. Das würde einen erheblichen zusätzlichen Aufwand verursachen und vor allem unnötige Unsicherheit hervorrufen, die gerade in einer Phase der wirtschaftlichen Schwäche kontraproduktiv wäre.
Anstatt sich mit dem Rückbau der GEG-Novelle auf die Vergangenheit zu besinnen, sollte die Bundespolitik den Fokus auf die Weiterentwicklung der bestehenden Regelungen im Einklang mit der Europäischen Gebäuderichtlinie 2024 legen. Es gilt, Lösungen zu finden, die eine sozial gerechte und gleichzeitig wirtschaftlich vernünftige Umsetzung der erforderlichen Maßnahmen ermöglichen.
Populistische Forderungen, das 'Heizungsgesetz' abzuschaffen, zielen auf kurzfristige politische Gewinne ab. Sie führen aber zu Verunsicherung und beeinträchtigen die Planungssicherheit von Haushalten, Investoren und Unternehmen. Diese Unsicherheit wirkt sich nicht nur negativ auf die Investitionsbereitschaft aus, sie behindert zudem den notwendigen Wandel hin zu einem klimafreundlicheren Gebäude- und Energiesektor. Union und SPD sollten sich stattdessen auf das Wesentliche konzentrieren: Die zukunftsfähige Weiterentwicklung des GEG im Einklang mit den europäischen Vorgaben und die ausgewogene Gestaltung der Energiewende. Eine erneute Verzögerung oder ein Rückschritt in diesem Bereich würde nicht nur den Fortschritt aufhalten, sondern auch das Vertrauen in die Politik und die langfristige Planungssicherheit gefährden."