Typische Glasschäden und ihre Ursachen
Glas kann durch chemische, mechanische und thermische Einwirkungen beschädigt werden. Aber es gibt noch weitere Möglichkeiten, das Glas bzw. seine Oberfläche zu schädigen oder zu zerstören. Unsere Schwesterzeitschrift GLASWELT hat eine Serie über die Ursachen von Glasschäden und ihre Bruchbilder veröffentlicht. Hier finden Sie die Details im Überblick.
Mechanische Oberflächenschäden
Einbaukratzer
Typische Kratzer, die beim Einschlagen der Glashalteleiste oder dem Nageln entstehen, wenn die Scheibe nicht ausreichend geschützt wird. Die Kratzer enden meist kurz vor der Glashalteleiste und verlaufen in Richtung des Hammerschlags.
Glashobelkratzer
Bei der Verwendung von Glashobeln auf der Glasoberfläche ist Vorsicht geboten, ansonsten kann das Glas kaputt gehen. Ist der Glashobel beschädigt oder die Scheibe verunreinigt, sodass sich kleine Sandkörnchen unter der Klinge verfangen, entstehen feine Kratzer.
Abplatzungen durch mechanische Angriffe
Kegelförmige Ausmuschelungen können durch den Aufprall von kleinen Steinchen auf die Glasoberfläche verursacht werden, z.B. während des Transports. Je nach Aufprallwinkel sind sie rund (senkrechter Aufprall) oder oval (schräger Aufprall) geformt.
Reinigungsschürfe
Beschädigung der Glasoberfläche beim Entfernen von Schmutz mittels Stahlwolle oder ähnlicher Reinigungshilfsmittel. Solche Kratzer sind in Richtung der Reinigung ausgebildet, wobei meist im Zentrum des Glasschadens blanke Flächen sichtbar werden.
Wischkratzer
Diese entstehen beim Verwischen von frischem, noch nicht ausgehärtetem Mörtel o. Ä. auf der Glasoberfläche. Die Wischrichtung ist dabei als Glasschaden klar erkennbar.
Flächige Reinigungskratzer
Werden Glasoberflächen mit zu geringer Wassermenge und/oder verschmutztem Lappen gereinigt, entstehen analog zur Reinigungsbewegung lange Kratzer.
Scheuerstellen
Vibrationen und ruckartige Bewegungen können während des Transports Scheuerstellen auf Glasscheiben verursachen, wenn diese nicht ausreichend durch Distanzplättchen getrennt wurden. Grund dafür sind Sandkörner und/oder kleine Steinchen, die zwischen den Scheiben zermahlen werden und breite Scheuerstellen hervorrufen.
Winkelschleiferpunkte (Flex)
Winkelschleiferarbeiten in Scheibennähe können durch Funkenflug zu Beschädigungen der Glasoberfläche führen. Die Richtung des Funkenflugs ist klar erkennbar. Eingebrannte Metallteilchen können mit der Zeit auf dem Glas Spuren von Rost aufweisen sowie Ausmuschelungen und kleine Kratzer als Glasschaden verursachen.
Chemische Oberflächenschäden
Flächige Oberflächenauslaugungen
Stetig einwirkende und wiederholt antrocknende Feuchtigkeit oder Zementauslaugungen (Alkalien), beispielsweise von einem darüberliegenden Mauerwerk, verursachen matte, tropfenförmige Verätzungen auf der Glasoberfläche.
Weichschichtoxidationspunkte
Schichtoxidationen als Glasschäden treten durch Schmutzpartikel auf, die sich vor der Beschichtung (Softcoatings) auf der Glasoberfläche befinden oder bei Verwendung von überlagertem Glas. Mit der Zeit kann sich die Oxidation flächig im SZR ausbreiten.
Thermische Glasbrüche
Thermischer Normalsprung
Ursachen für diesen Glasschaden sind u. a.: zu tiefer Glaseinstand, Folienbeklebungen der Glasscheibe. Auch auf A-Gestelle gestapelte Isolierglasscheiben sind bei direkter Sonneneinstrahlung gefährdet sowie Falt- oder Schiebetüren aus nicht vorgespannten Gläsern, die voreinander geschoben werden. Abweichende Sprungverläufe ergeben sich im Falle interagierender, mechanischer Einwirkungen.
Thermischer Fächerbruch
Ursachen sind z.B. raumseitige Teilabdeckungen bei starker Sonneneinstrahlung oder Heißluftgebläse mit zu geringem Abstand zur Glasscheibe.
Thermischer Randbruch
Auch bei diesem Glasschaden sind sowohl der Einlaufwinkel als auch der Durchlaufwinkel rechtwinklig. Hat der Einlauf die Kalt- Warmzone erreicht, kommt es unmittelbar über der Glashalteleiste zur Aufteilung in mehrere Brüche (deutlich sichtbare Wallner‘sche Linien). Die Bildung von Häkchen ist eher selten. Ein weiteres Merkmal können Ausmuschelungen sein, die häufig im Bereich des ersten Richtungswechsels auftreten. Ursachen: sehr tiefer Glaseinstand, raumseitige Teilabdeckung der Scheibe bei Sonneneinstrahlung, Aufkleber.
Thermischer Streckensprung A
Bei diesem Sprung sind sowohl der Einlaufwinkel als auch der Durchlaufwinkel rechtwinklig. Der Sprung verläuft entlang der Kalt-Warmzone und weist keine großen Richtungswechsel auf. Ausmuschelungen treten selten auf und Wallner‘sche Linien sind möglich.
Thermischer Streckensprung B
Ebenfalls rechtwinkliger Einlaufwinkel und Durchlaufwinkel, jedoch deutlich ausgeprägter Richtungswechsel an der Kalt-Warmzone und mögliche Teilung des Sprungs. Wallner‘sche Linien sowie Ausmuschelungen in der Fläche sind häufig vorhanden. Ursachen hierfür sind beispielsweise nur zum Teil heruntergelassene Jalousien, Schlagschattenbildung durch Dachüberstand sowie sonstige dunkle Flächen wie Aufkleber, Folien oder Ähnliches.
Starker thermischer Bruch
Bei diesem Sprung sind sowohl der Einlaufwinkel als auch der Durchlaufwinkel rechtwinklig. Hat der Einlauf die Kalt- Warmzone erreicht, teilt er sich in mehrere Sprünge auf (deutlich sichtbare Wallner‘sche Linien), die im weiteren Verlauf eng geschwungen sind und geradlinig auslaufen. Die Bildung von Häkchen ist hierbei eher selten.
Ein weiteres Merkmal der thermischen Glasschäden können Ausmuschelungen sein, die häufig im Bereich des ersten Richtungswechsels auftreten. Ursachen sind starke Hitzeeinwirkungen in unmittelbarer Scheibennähe (z.B. Heißluftgebläse), Falt- oder Schiebetüren aus nicht vorgespannten Gläsern, die voreinander geschoben werden, raumseitige Teilabdeckungen bei starker Sonneneinstrahlung sowie Beklebung der Scheibe mit stark absorbierenden Folien.
Sehr starker thermischer Bruch
In diesem Fall sind sowohl der Einlaufwinkel als auch der Durchlaufwinkel rechtwinklig. Hat der Einlauf die Kalt- Warmzone erreicht, fächert er sich mehrfach auf (deutlich sichtbare Wallner‘sche Linien). Die Bildung von Häkchen ist hierbei eher selten. Ein weiteres Merkmal können auch hier Ausmuschelungen sein, die häufig im Bereich des ersten Richtungswechsels auftreten. Ursachen: Verlegung von Gussasphalt (in Scheibennähe) ohne ausreichende Schutzabdeckung, Teilabschattungen und voreinander geschobene Schiebetüren aus nicht vorgespannten Gläsern sowie Heizkörper- oder Gebläse in unmittelbarer Scheibennähe.
Mechanische Glasbrüche
Schussloch bei nicht vorgespannten, monolithischen Gläsern
Wird auf Floatglas – also auf nicht vorgespannte – (Einfach-)Gläser geschossen, entstehen auf der Beschussseite kleine Eintrittslöcher als Glasschaden. Die Löcher auf der Austrittseite weisen demgegenüber deutlich größere Öffnungen auf. Bei Geschossen mit großer kinetischer Energie entsteht im Glas ein steil ausgebildeter Kegel. Dieser besitzt einen scharfen Rand. Geringere kinetische Energie verursacht einen flacheren Kegel mit unregelmäßigem Rand. Bei Einschüssen sind Querbrüche möglich, treten jedoch eher seltener auf.
Schussloch bei VSG
Bei dem Beschuss von VSG durchdringt die Kugel die Glaseinheit (Glas/Folie/Glas) oder sie bleibt stecken. Je nach Fall weichen die Bruchbilder dabei etwas voneinander ab.
Durchschuss (a): Durchschlägt die Kugel das VSG, entstehen großflächige, netzförmige Bruchbilder. Um das Eintrittsloch herum zerkrümelt das Glas.
Kein Durchschuss (b): Bleibt die Kugel im Glas stecken, finden sich im Zentrum des Auftritts Geschossreste sowie zerkrümeltes Glas um die Eintrittsstelle. Die entstehenden Brüche sind netzförmig.
Steinschleuderbruch bei nicht vorgespanntem, monolithischem Glas
Wird auf eine Glasscheibe mit einer Steinschleuder geschossen, ergibt dies unregelmäßige, scharfkantige, runde bis ovale Löcher. Dabei treten häufig auch kleine Querbrüche als Glasschaden auf.
Steinschleuderbruch bei VSG
Bei dem Beschuss von VSG mittels Steinschleuder entsteht keine Öffnung, da die Steine aufgrund der zu geringen kinetischen Energie nicht in der Lage sind die VSG-Scheibe zu durchdringen. Es entsteht ein unregelmäßiger, kegelförmiger Bruch, von dem kurze Einläufe ausgehen. Meist bleibt die dem Beschuss abgewandte Seite des Glases (hinter der Folie) schadenfrei.
Steinwurfbruch bei nicht vorgespanntem, monolithischem Glas
Die Bruchbilder beim Einwurf einer Scheibe mit einem Pflaster- oder Ziegelstein sowie beim Einbruchversuch mit schweren Gegenständen ähneln sich. Um das Bruchzentrum entsteht ein unregelmäßig gezacktes Loch, um das sich ein grobes Netz aus Brüchen ausbreitet.
Steinwurfbruch bei VSG
Erfolgt ein Angriff auf ein Verbundsicherheitsglas mit einem Pflaster- oder Ziegelstein, bildet sich um den Einschlag herum als Glasschaden ein Netz aus Brüchen. Die vom Bruchzentrum ausgehenden
Sprünge laufen dabei häufig bis zur Glaskante. Vergleichbare Bruchmuster ergeben Angriffe mit schweren Gegenständen oder der Schlag mit einem Hammer.
Nickelsulfidbruch bei ESG (1)
Bei dieser Bruchvariante, die auch ESG-Spontanbruch oder Schmetterlingsbruch genannt wird, bricht das Glas ohne äußere Einwirkung von innen heraus. Hintergrund: Bei der Floatherstellung kann es zur Kontamination des Rohglases durch kleinste Nickel-Sulfid (NiS) Teilchen kommen. Diese sind von Glas umschlossen und mit bloßem Auge nicht erkennbar. Treten nach der Weiterverarbeitung des Glases zu ESG erhöhte Temperaturbelastungen auf, können sich die NiS-Einschlüsse um bis zu 4 % vergrößern. Dies führt zu einem Spannungsanstieg im Glas und im Extremfall zum Bruch.
Nickelsulfidbruch bei ESG (2)
Zu erkennen ist der NiS-Bruch an den „Schmetterlingsflügeln“ im Bruchzentrum, sofern die ESG-Scheibe nach der Zerstörung nicht in sich zusammenfällt, Dem Nickel-Sulfid-Bruch bei ESG lässt sich durch einen Heißlagerungstest (Heat-Soak-Test nach DIN EN 14 179, in Deutschland gemäß Bauregelliste modifiziert) vorbeugen. Der Nickel-Sulfid-Bruch als Glasschaden tritt sehr selten auf.
Glasbrüche im Randbereich
Brüche durch Stöße im Rand- oder Eckbereich (1)
Der unsachgemäße Umgang mit Glas, z.B. das Abstellen von Glasscheiben auf Beton, Stein oder Metall, führt häufig zu Beschädigungen der Glaskante bis hin zum Bruch. Das gleiche Risiko gilt für das Anschlagen der Glaskante durch ein Metallteil oder Drehen und Kippen der Scheibe über Eck ohne geeignete Unterlegmaterialien.
Brüche durch Stöße im Rand- oder Eckbereich (2)
Einlaufwinkel und Durchlaufwinkel bewegen sich hier strahlenförmig in alle Richtungen. Das Zentrum ist deutlich an der Ausmuschelung zu erkennen, die je nach Krafteinwirkung ausgebildet ist.
Punktlast im Randbereich von Floatglas
Mangelhafte Verklotzung oder zu hoher Anpressdruck beim Verschrauben der Glasleisten können zum sogenannten Druckbruch führen. Einlaufwinkel und Durchlaufwinkel bewegen sich bei diesem Glasschaden strahlenförmig in alle Richtungen, wobei sie geradlinig bis eckig verlaufen und nur selten bis zur Kante durchlaufen. Kantenausmuschelungen kommen sehr selten vor.
Ist dies dennoch der Fall, sind sie sehr gering ausgeprägt.
Punktlast im Randbereich von TVG
Wie beim Float wird der Kantendruckbruch bei TVG durch zu hohen Anpressdruck der ohne Vorlegeband verschraubten oder vernagelten Leisten hervorgerufen. Einlaufwinkel und Durchlaufwinkel bewegen sich bei diesem Bruch strahlenförmig in alle Richtungen. Die Bruchverläufe reichen immer bis zur Glaskante, sind jedoch selten geradlinig.
Kantenstoßbruch bei Vorbeschädigung
Sind die Glaskanten bereits vorgeschädigt, kann es unter Druckeinwirkung zum Bruch kommen. Der Ausgangspunkt ist deutlich lokalisierbar. Einlaufwinkel und Durchlaufwinkel bewegen sich strahlenförmig, relativ geradlinig in alle Richtungen, meist aber nicht durchlaufend zur Kante.
Punkthalterbruch bei VSG aus TVG (Aufbau konform TRPV oder gemäß ZiE bzw. AbZ)
Zu stark angezogene oder verkantete Punkthalter können die Scheibe über ihre spezifischen Kennwerte hinaus belasten und zum Bruch führen. Diese Art von Bruch geht vom Bohrloch und dem Zentrum der höchsten Druckspannung aus. Er verläuft geschwungen und fast parallel zur Glaskante. Ausmuschelungen am Bohrloch als Glasschaden sind häufig der Fall.
Zwängungssprung
Die Sprungverläufe beim Zwängungssprung gehen immer vom Rand aus, die kurzen Einläufe sind in alle Richtungen möglich. Mangelhafte Klotzung bei sehr hohem Glasgewicht (z.B. großformatiges 3-fach-ISO) oder materialbedingte Längenänderung können solche Sprünge auslösen. Das gleiche gilt bei kurzzeitig auftretender dynamischer Belastung oder bei länger anhaltender statischer Belastung der Glasscheibe.
Kantendruckbruch bei VG
Ein Kantendruckbruch bei Verbundgläsern tritt vor allem bei geneigten Scheiben und sehr schweren Gläsern auf, ebenso bei hoher Kantenlast und zu starkem Anpressdruck. Dieser Bruchtyp kann auch bei Scheiben mit dicken Zwischenschichten wie z.B. Brandschutzgel, Gießharz, PVB-Folie oder ähnlichen Materialien mit Kaltfluss auftreten. Der Bruch beginnt häufig im Eckbereich und verläuft parallel zur Kante bis hin zum nebenliegenden Eckbereich. Einlaufwinkel und Durchlaufwinkel variieren abhängig von der Lasteinwirkung.
Torsionsbruch
Ein leicht gewellter, fast geradliniger und oft durchlaufender Bruch ist der Torsionsbruch. Sein Einlaufwinkel und Durchlaufwinkel sind beliebig. Zu gering dimensionierte Scheibendicke, klemmende und verwundene Flügelrahmen können zu einem solchen Bruchbild führen. Der Torsionsbruch kann auch aus Bewegungen im Baukörper resultieren, die einen Lasteintrag in die Scheibe bewirken.
Sprossenbruch (1)
Dieser Bruch verläuft immer entlang der Sprosse und reicht von einer Glaskante zur anderen. Die Einlaufwinkel und Durchlaufwinkel sind in alle Richtungen möglich. ...
Die GLASWELT-Serie „Glasschäden im Überblick“ wurde von der Glasbautechnikerin Daniela Giaquinto und dem Sachverständige Franz-Jörg Dall, Dozent an der Glasfachschule Hadamar, ausgewählt und zusammengestellt.