Warum sich Betriebe auf profitable Kunden fokussieren sollten
Etablierte Fachhandwerker verfügen über einen beachtlichen Kundenstamm. Trotz guter Auftragslage bemühen sie sich in der Regel darum, bestehende Kunden zu halten. Droht das Risiko, einen einzelnen Kunden zu verlieren, werden oft Konzessionen eingegangen, obwohl möglicherweise mit diesem Kunden keine Gewinne erzielt werden. Denn bei manchen Kunden fallen viele direkte Kosten an. Daher lohnt es sich, die Profitabilität einzelner Geschäftsbeziehungen unter die Lupe zu nehmen.
Vielen Fachhandwerksbetrieben ist unbekannt, ob und wie viele nicht profitable Kunden sie haben und wie groß deren Umsatzanteil ist. Dies liegt daran, dass die Profitabilität von Kundenbeziehungen schwer zu bestimmen ist. Dafür werden meist Instrumente der Kosten- und Erfolgsrechnung eingesetzt. Aber wo ist die Grenze zwischen profitabel und unprofitabel? Soll ein bestimmter Gewinn erzielt werden? Absolut oder in Prozentpunkten? Ist es besser, auf verlässliche Umsätze im Service zu setzen, oder ist die Installation von Neuanlagen wichtiger? Reicht es, wenn auf Kundenbasis ein ausreichender Gewinn erzielt wird, oder gilt dies für jede einzelne Leistung? Besteht bei einem zu rigorosen Vorgehen nicht die Gefahr, dass man sich selbst aus dem Markt kalkuliert und die Kunden zur Konkurrenz wechseln?
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So werden nicht profitable Kunden ermittelt
Die Ausgangsdaten sind mittels der Kostenrechnung relativ einfach zu ermitteln. Dabei sind zwei Größen relevant: die gesamten und die direkten Kosten eines Kunden bzw. Auftrags. Direkte Kosten sind die Kosten, die allein aufgrund eines speziellen Auftrages bzw. Kunden anfallen. Endet die Geschäftsbeziehung, fallen diese Kosten nicht mehr an. Der Unterschied zu den variablen Kosten liegt nur in den variablen Gemeinkosten. In diesem Zusammenhang sind diese Unterschiede unerheblich.
Als Basis werden also die direkten Kosten herangezogen, die allgemeinen Verwaltungs- und Vertriebskosten zählen nicht dazu. Bei jedem Einzelposten gilt zu prüfen, ob diese Kosten auch entstehen, wenn der betrachtete Kunde nicht beliefert werden würde. Nur in diesem Fall handelt es sich um entscheidungsrelevante Größen.
Ebenso werden im Fuhrpark nicht die Gesamtkosten je gefahrenen Kilometer, sondern nur die unmittelbaren Kosten im Rahmen des Einsatzes, insbesondere Verschleiß und Kraftstoffkosten, betrachtet. Auch bei Unterbeschäftigung werden bestimmte Kosten nicht angesetzt. So wird die Kalkulation einer Kundenanfrage grundsätzlich als direkte Kosten definiert. Wenn der Mitarbeiter jedoch über freie Kapazitäten verfügt, wird es unerheblich sein, welcher Zeitaufwand dadurch entsteht.
Die folgende Aufstellung zeigt die Einzelkosten auf, die in der Praxis natürlich von den individuellen Gegebenheiten abhängen.
Direkte Kosten:
- direkte Materialkosten
- unmittelbarer Personaleinsatz beim Kunden, aufgeteilt nach Qualifikation der notwendigen Mitarbeiter
- besondere Verwaltungs- und Vertriebsaktivitäten, Überwachung, Baustellenbesuche des Inhabers
- Garantieverpflichtungen, die nicht der Hersteller trägt
- An- und Abfahrt
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Bei Deckungsbeiträgen genauer hinschauen
Die direkten Kosten bilden die Grundlage für die Ermittlung der Deckungsbeiträge. Diese errechnen sich aus den Erlösen abzüglich der indirekten Kosten. Werden negative Deckungsbeiträge erwirtschaftet, macht der Fachhandwerksbetrieb mit jedem Auftrag für den betreffenden Kunden Verlust. Hier ist nur die zügige Beendigung der Geschäftsbeziehung eine Lösung. Das Problem in der Praxis stellt nicht diese Erkenntnis, sondern die Ermittlung der erforderlichen Daten dar. Allzu viele Handwerksunternehmer glauben, einen ausreichenden Überblick über die Geschäftsbeziehungen zu besitzen, sodass negative Deckungsbeiträge, sprich Verluste, gar nicht auftreten können. Insbesondere dann, wenn die Kostenrechnung dem aktuellen Standard entspricht, eine Aufteilung in direkte und indirekte Kosten vornimmt und diese auf Auftragsebene ausweist. Doch auch unter diesen Voraussetzungen kann es kritische Bereiche geben, die eine genauere Analyse erforderlich machen.
Dabei sind mögliche Engpässe besonders zu berücksichtigen, denn bei Engpässen werden durch unprofitable Kunden profitable Aufträge verdrängt oder es entstehen bedeutende Mehrkosten, z. B. wenn ein Mitarbeiter Überstunden verrichten muss, Anlagen über die optimale Auslastung hinaus eingesetzt oder geleaste Fahrzeuge über die vereinbarte Kilometerleistung genutzt werden. Engpässe entstehen oft dadurch, dass nur bestimmte Mitarbeiter z.B. eine spezielle Anlage einbauen oder warten können. Um unter diesen Voraussetzungen die richtige Entscheidung zu treffen, sind die engpassbezogenen Deckungsbeiträge zu ermitteln. Dabei wird die im Engpass benötigte Zeit zu den Deckungsbeiträgen in Bezug gesetzt.
Generell sind Deckungsbeiträge nur für kurz- und mittelfristige Alternativen als Entscheidungsgrundlage geeignet. Um den dauerhaften Bestand des Fachhandwerksbetriebs zu sichern, müssen sämtliche Kosten gedeckt werden und es muss eine aus Eigentümersicht auskömmliche Gewinnspanne erzielt werden.
Analysen im Einzelfall
Die Anzahl der Hauptkunden ist in der Regel überschaubar. Mit zahlreichen kleineren Kunden werden im Wartungsgeschäft unterschiedliche Gewinnspannen erzielt. Dabei machen nicht nur die Preise, sondern auch die Kosten den Unterschied aus. Während ein Kunde die Lieferung kommentarlos akzeptiert und unverzüglich zahlt, versucht ein anderer, über Reklamationen Preisnachlässe durchzusetzen, verlangt ständig Nachbesserungen vor Ort oder die Zahlung der ausstehenden Beträge muss wiederholt angemahnt werden. Sämtliche Kleinkunden zu analysieren, wird zeitlich kaum möglich sein. Deshalb bietet sich eine Rastersuche an, welche die näher zu analysierenden Kunden auf eine akzeptable Anzahl reduziert. Die folgenden Fragen geben Hinweise zu deren Identifikation:
- Gibt es Kunden mit geringen Umsätzen, die weiter entfernt liegen, wo die Fahrzeit nicht im Preis enthalten ist?
- Stellen gewisse Kunden spezielle Anforderungen an kurzfristige Lieferungen?
- Werden besondere Leistungen abgerufen, welche eine aufwendige Vorbereitung erfordern?
- Werden ungewöhnliche Ersatzteile speziell für einen Kunden bevorratet?
- Müssen bestimmte Leistungen durch externe Dritte erbracht werden, da diese nicht selbst vorgenommen werden können?
- Werden einzelnen Kunden ungewöhnlich hohe oder häufige Gutschriften gewährt?
- Ergeben sich bei einzelnen Kunden Probleme mit den Zahlungen, müssen Mahnungen ausgesprochen, strittige Beträge geklärt werden?
Wird dies nun in Relation mit den Umsatzzahlen gesetzt, ist eine aussagefähige Basis geschaffen.
Vorsicht bei Wechselwirkungen
Vor der tatsächlichen Beendigung einer Geschäftsbeziehung ist allerdings Vorsicht geboten: Diese Entscheidung ausschließlich auf Basis der Profitabilität zu treffen kann kurzsichtig sein, wenn nicht weitere Faktoren berücksichtigt werden. Denn es gibt durchaus Gründe, an einem Kunden trotzdem festzuhalten. Wird die Geschäftsbeziehung analysiert, müssen folglich alle Aktivitäten in eine Gesamtbetrachtung einbezogen werden.
- Ein Bauträger oder Architekt hat zahlreiche Objekte vergeben. Würde die Geschäftsbeziehung in einem Bereich beendet, wäre auch das Hauptgeschäft gefährdet.
- Ein einzelner Kunde kann Mitglied einer wichtigen Gruppe von Kunden sein. So können verschiedene Unternehmen zwar nicht einer formalen Unternehmensgruppe angehören, aber im Besitz der gleichen Anteilseigner sein.
- Ein Kunde kann zur Akquisition neuer Kunden beitragen. Dies trifft etwa auf Kunden zu, welche für andere Abnehmer eine Signalfunktion besitzen.
Ebenfalls zu beachten ist die Entwicklung im Lebenszyklus eines Unternehmens. Dies betrifft Kunden, welche ihre Geschäftstätigkeit neu aufgenommen oder umorganisiert haben. Deren Profitabilität kann sich durchaus noch verbessern.
Ein weiteres Kriterium ist der Umgang der Kunden mit den Mitarbeitern. Leider gibt es Menschen, die ständig unzufrieden sind, fortlaufend kritisieren oder mit denen lange Gespräche zur Abstimmung erforderlich sind. Dadurch entsteht hoher, kostenintensiver Aufwand bei der Durchführung eigentlich rasch wahrzunehmender Aufgaben, aber auch Unzufriedenheit, wenn der Inhaber nicht hinter seinen Mitarbeitern steht.
Entscheidungsgrundlage für Verhandlung oder Trennung
Auf Basis dieser Betrachtungen wird die Analyse einzelner Kunden durchgeführt. Als Ergebnis erfolgt schließlich eine Einteilung auf Basis von Raster 2. Bei positiven Deckungsbeiträgen würde die Entscheidung, ob die Geschäftsbeziehung beendet werden soll, erst bei grundsätzlicher Neuausrichtung des Fachhandwerkbetriebs getroffen.
Allerdings können Kunden mit knapp positiven Deckungsbeiträgen rasch in den Bereich der negativen Deckungsbeiträge geraten, wenn sich Kosten erhöhen bzw. Erträge verringern. Sind diese Kunden bekannt, kann verhindert werden, dass der Deckungsbeitrag ins Minus rutscht. Die Analyse stellt somit eine Entscheidungsgrundlage bei Verhandlungen über Preise und Leistungen dar.
Hier stellt sich die Frage, ob nicht eine prinzipielle, klare Grenze festgelegt werden kann, welche die profitablen von den unprofitablen Kunden scheidet? Dies ist jedoch kaum möglich, da es sich dabei um einen Zirkelschluss handelt. Denn die Umsatzhöhe beeinflusst wiederum die Kosten und damit die Gewinne. Folglich bleibt leider keine Alternative zum langsamen Annähern an eine optimale Struktur.
Rasche Trennung bei Verlusten
Bei negativen Deckungsbeiträgen verliert der Fachhandwerksbetrieb mit jedem Geschäft Geld. Deshalb wird die Lösung nur darin bestehen, entweder kurzfristig die Erlöse zu steigern oder die Geschäftsbeziehung rasch zu beenden. Es ist manchmal erstaunlich, wie viele Kunden über Jahre mitdurchgezogen werden. Gleiches gilt für Kunden, die schlecht bezahlen, sowie für Kunden, die spezielle Arbeiten anfordern, die so selten anfallen, dass sie nur mit hohem Aufwand geleistet werden können. Dieser Aufwand oder auch eine weite Anfahrt treibt die direkten Kosten überproportional in die Höhe.
Will der Kunde die Geschäftsbeziehung aufrechterhalten, ist es am Fachbetrieb, ihm marktgerechte Preise zu nennen. Darüber freut sich natürlich kein Kunde, vor allem wenn lange Zeit keine Erhöhungen durchgesetzt wurden. Legen Sie in diesem Fall die Gründe knapp dar, aber vermeiden Sie intensive Verhandlungen. Insbesondere mit langjährigen Kunden gehen viele Betriebe oft nachsichtig um. Auf diese Weise gelingt es sicherlich, die Kunden zu halten, hierbei handelt es sich allerdings eher um ein Hobby als eine geschäftliche Aufgabe.
Trennung bei höherem Absatz oder Kapazitätsanpassungen
Spätestens bei der Planung von Neu- bzw. Ersatzinvestitionen stellt sich die Frage, ob die Kapazitäten, d. h. vor allem die Mitarbeiterzahl, optimal bemessen sind. Die Zeiten, in denen ein großzügiges Wachstum vorausgesetzt werden konnte, sind vorbei. In stagnierenden Märkten kann ein Gesundschrumpfen geboten sein. Erfolgt parallel die Trennung von schlechten Kunden, können mit einem nur wenig zurückgehenden Umsatz die Ergebnisse deutlich verbessert werden.
Umsatz alleine schafft kein auskömmliches Geschäft, die Gewinne müssen stimmen. Häufig werden die Aktivitäten als Gesamtheit betrachtet und die Umsätze zu den Einnahmen in Bezug gesetzt. Ist hier ein befriedigender Stand erreicht, werden keine Maßnahmen zur Akquisition neuer Kunden unternommen, teilweise sogar Anfragen schlicht abgelehnt. Dabei kann eine gezielte Gewinnung neuer Kunden bei gleichzeitiger Beendigung der Zusammenarbeit mit Kunden, die negative Ergebnisse verursachen, zu einer signifikanten Steigerung der Gewinne führen.
Trennung bei Auslastung und Engpässen
Wie bereits aufgezeigt, nehmen bei Kapazitätsengpässen die Kosten unprofitabler Geschäftsbeziehungen drastisch zu, da sie andere, lukrative Aufträge verdrängen. Deshalb sollte auch dann eine Trennung in Betracht gezogen werden, wenn dadurch andere Umsatzträger wegfallen könnten. Denn dank der hohen Auslastungen wäre dies bis zu einem gewissen Punkt verkraftbar. Solche Wechselwirkungen sollten aber unbedingt begrenzt bleiben. Daher empfiehlt es sich, gemeinsam mit dem Kunden im Gespräch zu erörtern, ob und wie die Ergebnissituation verbessert werden kann bzw. welche Ausstiegsmöglichkeiten akzeptabel sind.
Handelt es sich nur um einen einzelnen Engpass, ist eine Expansion keine Lösung, da die Erweiterung die Gemeinkosten in die Höhe treiben würde, welche langfristig erwirtschaftet werden müssen.
Wie kann die Ergebnissituation verbessert werden?
Der einfachste und beste Weg ist die Durchsetzung höherer Preise. Wenn Fachhandwerksbetriebe ihre Preise einzeln betrachten, fällt oft auf, dass diese bei einzelnen Kunden über einen langen Zeitraum nicht erhöht wurden. Wenn teilweise fünf Jahre vergangen sind, sollten betroffene Kunde eine Preiserhöhung nachvollziehen können.
Stimmt der Kunde der Preiserhöhung zu, ist die Aufgabe gelöst. Ist dies nicht der Fall, besteht weiterer Handlungsbedarf. Die Größe der Gewinnlücke ist maßgeblich dafür, welche Maßnahmen ergriffen werden. Mögliche Lösungen bestehen etwa darin, die Arbeitsprozesse effizienter zu gestalten oder das Angebot einzuschränken. Ein Weg ist zum Beispiel, Wartungen seltener durchzuführen. Dem Kunden ist zu erklären, dass andernfalls die Geschäftsbeziehung nicht fortgeführt werden kann. Falls die Ergebnissituation nicht verbessert werden kann, ist die Trennung einzuleiten.
Der Blick in die nahe und ferne Zukunft ist aufschlussreich
Die hier angeführten Kriterien sind lediglich eine Richtschnur, da sie sich nicht exakt quantifizieren lassen. Dass schlussendlich auch das Bauchgefühl eine Rolle spielt, ist nicht falsch, solange man ihm nicht unreflektiert folgt und rein emotional entscheidet. Hier hilft die sogenannte Zehn-zehn-zehn-Frage: Was ändert sich, wenn in zehn Minuten, zehn Monaten oder zehn Jahren gehandelt bzw. nicht gehandelt wird?
So gibt es Kunden, die das sprichwörtliche Haar in der Suppe finden und an allem etwas auszusetzen haben, aber als etabliertes Unternehmen für stabile Umsätze und Erlöse sorgen. In diesem Fall würde ein Abbruch der Kundenbeziehung in den ersten Minuten wahrscheinlich Erleichterung bringen, Chef und Mitarbeiter würden aufatmen. Nach zehn Monaten dagegen würden die Umsätze fehlen, die sich innerhalb von zehn Jahren auf eine stattliche Summe kumulieren. Wird die Geschäftsbeziehung dagegen aufrechterhalten, ist auch zehn weitere Monate noch der Ärger sicher. Nach zehn Jahren herrscht dagegen sehr wahrscheinlich ein anderes Klima, da der Inhaber bereits 64 Jahre alt ist und den Stab im nächsten Jahr an seinen sehr viel sachlicheren Sohn weitergeben will.
Anders verhält es sich bei einem obskuren Anrufer, der ein scheinbar großes Objekt plant und erhebliche Ansprüche an die Projektvorbereitung stellt. Nach einer kurzen Absage ist die Sache vom Tisch. Vielleicht hätte es innerhalb von zehn Monaten zu einem erfolgreichen Projekt geführt, aber dass dieser Kunde noch nach zehn Jahren am Markt ist, erscheint mehr als unwahrscheinlich.
Dieser Artikel von Thomas Schneider ist zuerst erschienen in SBZ/04-2019. Dipl.-Kfm. Thomas Schneider ist für interne Revision bei Knauf Interfer SE in Essen verantwortlich.