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Wenn der Chef plötzlich ausfällt: So sollte der Notfallplan aussehen

Thomas Schneider

Die meisten Menschen halten sich in ihrer eigenen Wahrnehmung für fit, manche für unverwüstlich. Insbesondere Unternehmer zeigen hier ein oft erstaunliches, aber nicht immer nachvollziehbares Selbstbewusstsein. Dem alten Ideal des kraftstrotzenden Selbstständigen wird immer noch gerne gefolgt.

Denn oft erfolgte damals der Übergang von der vorherigen Generation abrupt, und der Betrieb brach nicht zusammen. Dennoch hat sich seit dieser Zeit viel geändert. Was früher schriftlich vorlag, ist heute in geschützten EDV-Dateien verborgen. Wo die Lebensplanung an der Ehe ausgerichtet war, haben sich andere, vielfältigere Formen der Lebensführung durchgesetzt. Umso wichtiger ist es für Unternehmer, eine entsprechende Planung für den eigenen, ungeplanten und langfristigen Ausfall parat zu haben.

Langfristige Ausfälle im Blick haben

Bei der Notfallplanung gilt es zwei Bereiche zu beachten. Einerseits sind technische Lösungen zu finden, wobei der Begriff „Technik“ weit gefasst wird und alle Maßnahmen zur Aufrechterhaltung des Betriebes umfasst. Rechtliche Lösungen betreffen sowohl die Wahrnehmung täglicher Geschäfte, wie den Einkauf von Produkten, die Bezahlung von Lieferanten oder Mitarbeitern als auch langfristige Lösungen der Betriebsübergabe und der Vererbung, welche sowohl den Intentionen des Betroffenen entsprechen, als auch die Belange der nachfolgenden Generation einbeziehen sollten.

Keine Unterscheidung wird bei den anzusprechenden Maßnahmen bezüglich eines dauerhaften, krankheitsbedingten Ausfalls und dem unerwarteten Tod getroffen, sollten doch beide Eventualitäten berücksichtigt werden.

Technische Lösungen

Die Zeiten eines festen, limitierten Angebotes mit entsprechend hohen Vorratsmengen sind in der SHK-Branche vorbei, für praktisch jeden Auftrag werden spezielle Produkte beschafft. Die Belieferung muss deshalb laufend gesichert sein. Entsprechend reichen bereits erste Gerüchte eines Ausfalls aus, die Lieferanten nervös zu machen. Schon im eigenen Interesse werden diese nach alternativen Absatzquellen Ausschau halten. Die Kette setzt sich zu den Kunden durch. Wenn am Wochenende die Heizung ausfällt, wird auch bei hoher Loyalität schlicht anderswo Hilfe gesucht. Der Fachhandwerker muss also auch kurzfristig leistungsfähig sein. Wird der Urlaub des Inhabers als Beweis der Funktionsfähigkeit im Ausfallsfall herangezogen, gilt es genau hinzusehen. Wird nur eine Woche im Winter genommen, ist dies anders zu beurteilen, als ein vierwöchiger Urlaub im Sommer. Vertretungen wurden geplant, der Inhaber war meist kurzfristig erreichbar.

Die Einbeziehung Dritter in die Entscheidungen und Abläufe ist neben dem persönlichen Naturell auch eine Frage des Alters.

Vor allem ältere Betroffene sind in einem hierarchischen Umfeld aufgewachsen und legen erlernte Verhaltensweisen schwer ab. An dieser Stelle soll nicht der Führungsstil thematisiert werden, der Einfluss auf einen plötzlichen Ausfall darf jedoch nicht unberücksichtigt bleiben. Dabei ist zwischen dringend und nicht dringenden Aufgaben zu unterscheiden. Nicht dringende Aufgaben werden weniger Probleme aufwerfen. Selbst wenn der Besitzer dauerhaft ausfällt, kann die Entscheidung über eine große Investition oder die Einführung einer neuen Produktpalette meist auf den Zeitpunkt verlagert werden, an dem neue Verantwortliche die Aufgaben übernommen haben. Hier ergibt sich eine Wechselwirkung zu den im weiteren Text aufgezeigten rechtlichen Lösungen, welche die formale Übergabe sicherstellen.

Scheinbar nicht dringende Aufgaben können plötzlich dringend werden, auch wenn sie es lange Zeit nicht waren. Ein typisches Beispiel sind Reparatur und/oder Ersatzteilversorgung bisher problemlos laufender, älterer Anlagen. Jahrzehntelang gewachsenes Wissen kann nicht einfach „übergeben“ werden. Lesen Sie hierzu: "Unternehmensnachfolge: so gestalten Sie die Übergabe erfolgreich."

Mitarbeiter, Kunden und  Lieferanten informieren

Ein plötzlicher Ausfall schafft Unruhe bei Kunden und Lieferanten, aber auch den Mitarbeitern. Erwägen diese ohnehin einen Wechsel, wird damit oft der entscheidende Anlass gegeben. Um dies zu vermeiden helfen klare Ansagen. Dabei kann durchaus auf die im Beitrag dargestellten Schritte hingewiesen werden. Inwieweit bei krankheitsbedingten Ausfällen detaillierte Auskünfte gegeben werden, muss der Betroffene im Vorfeld selber entscheiden.

Zu vermeiden sind jedoch Verharmlosungen und Bagatellisierung. Wenn zu einem gewissen Zeitraum schlicht nicht erkennbar ist, wann und in welchem Umfang der Betroffene wieder einsatzfähig ist, kann dies auch kommuniziert werden. Verständnis und Unterstützung der Partner sollten nicht leichtfertig verspielt werden.

Wer kann die eigenen Aufgaben übernehmen?

Am besten lässt sich möglicher Bedarf durch eine Selbstbeobachtung über einen längeren Zeitraum erfassen. Bei jeder Aufgabe sollte sich der Betroffene fragen, inwieweit ein Familienangehöriger oder Mitarbeiter die Aufgabe übernehmen kann. Dazu gehört auch das Gespräch mit dem Betroffenen, inwieweit sich dieser die Aufgabe zutraut.

Bei kleinen SHK-Betrieben kommen entsprechende Überlegungen schnell an praktische Grenzen. Ist der Inhaber faktisch ein Ein-Mann-Unternehmen, kann nur mit befreundeten Betrieben eine informelle Absprache getroffen werden, ob eventuell die Betriebsführung zeitweise übernommen wird.

Mit den oben dargestellten Schritten kann ein kurzfristiger Ausfall abgefedert werden. Auf dieser Grundlage der Entscheidungen gilt es zudem, rechtliche Lösungen zu finden.

Während sich viele technische Fragen ab einer bestimmten Unternehmensgröße kaum stellen, kann dies für rechtliche Lösungen nicht gelten. Hier müssen Inhaber großer SHK-Fachhandwerksbetriebe ebenso Lösungen finden wie kleine Familienbetriebe. Wesentliche Grundlage einer rechtlichen Lösung ist ein sorgfältiges Testament. Die Zeiten sind vorbei, in denen der Übergang an den ältesten Sohn eine Selbstverständlichkeit war. Scheidungen, evtl. neue Ehen und Kinder von verschiedenen Partnern vereinfachen die Lösungssuche nicht. Wie unangenehm die Auseinandersetzung auch sein mag, wird sich ein verantwortungsvoller Handwerksunternehmer dieser stellen müssen. Nicht hektisch, aber zügig. Damit eine gerechte Lösung gefunden werden kann, gilt es, Vermögenswerte zu ermitteln. Schon aufgrund sich verändernder Werte ist eine Überprüfung der Lösung nach spätestens zehn Jahren anzuraten. In diesem Zusammenhang werden auch ein Ehevertrag und ein möglicher Pflichtteilverzicht geklärt, da einseitig begünstigende Regelungen oft rechtlich unwirksam sind.

Geheimniskrämerei kann ein Unternehmen in den Ruin führen, wenn der Chef ausfällt.

Weiterhin muss eine Abstimmung mit einem möglichen Gesellschaftervertrag bei einer Kapitalgesellschaft erfolgen. Passen diese nicht überein, kann es sein, dass ein Erbe überhaupt nicht Gesellschafter werden kann, also das Unternehmen gar nicht erbt.

Bei einem großen Betrieb mit mehreren Geschäftsführern und Prokuristen ist die Vertretung geklärt, selbst wenn der Unternehmer ausfällt. Ist der SHK-Fachhandwerksbetrieb aber auf eine Person zugeschnitten und als Einzelunternehmen organisiert, ist Vorsorge zu treffen. So kann ein Prokurist bestellt werden. Oder man sollte zumindest in der Vorsorgevollmacht festlegen, dass die Bevollmächtigten Ersatz bestellen können. Eine Vorsorgevollmacht sollte jeder Betroffene haben. Wenn ein SHK-Unternehmer handlungsunfähig wird, jedoch am Leben bleibt, es also keine Erben gibt, wird ohne entsprechende Vollmacht ein Betreuer bestellt, der Rechtsangelegenheiten wahrnimmt. Wurde niemand festgelegt, sucht das Gericht einen Betreuer aus. Damit entsteht ein erhebliches Maß an Unsicherheit.

Fremde Betreuer führen zu Unsicherheit

Eine Vorsorgevollmacht wird im Regelfall über den Tod hinaus erteilt, bleibt also wirksam. Meistens ist es so, dass derjenige, der das Unternehmen erbt, auch Bevollmächtigter aus der Vorsorgevollmacht ist. Das hat den Vorteil, dass die Vollmacht wirksam bleibt und die Erben keinen Erbschein besorgen müssen. Dies dauert meist eine Zeit lang. Banken verlangen häufig, dass Vollmachten auf ihren eigenen Formularen erteilt werden. Deshalb empfiehlt es sich, parallel zur Vorsorgevollmacht auch die Formulare der Banken auszufüllen, mit den gleichen Bevollmächtigten. Immer das notwendige Vertrauen vorausgesetzt, da man bei einem Vertrauensmissbrauch kaum etwas machen kann. Abgeschlossene Geschäfte können kaum rückgängig gemacht werden. Zwar kann versucht werden, Schadensersatz in Anspruch zu nehmen, was aber häufig ebenfalls nicht viel bringt. Deshalb ist absolutes Vertrauen die Basis einer entsprechenden Erteilung.

Unterlagen sollten alle fünf bis zehn Jahre geprüft werden, um zu entscheiden, ob noch alles aktuell ist.

Bei einer GmbH ist auch der Gesellschaftsvertrag von zentraler Bedeutung. Im Gesellschaftsvertrag ist normalerweise allerdings nicht geregelt, wer im Notfall die Geschäftsführeraufgaben übernimmt. Das wird gesondert in einem Dokument festgehalten oder mit den betreffenden Personen besprochen.

Auch diese Unterlagen sollten alle fünf bis zehn Jahre geprüft werden, um zu entscheiden, ob noch alles aktuell ist. Das betrifft sämtliche Dokumente: Den Gesellschaftsvertrag, das Testament, die Vorsorgevollmacht sowie gegebenenfalls einen Ehevertrag oder Pflichtteilsverzichte.

Was ist mit dem digitalen Nachlass?

Eine Besonderheit stellt der digitale Nachlass dar. Damit wird geklärt, was nach dem Tod mit E-Mails, sozialen Netzwerken und Daten in einer Cloud geschieht. Neben Profilen in sozialen Medien und persönlichen E-Mails enthält der digitale Nachlass oft wichtige Daten zu Versicherungen oder Geldanlagen. Anders als bei Sachgegenständen bestehen noch keine gesetzlichen Regelungen für den digitalen Nachlass. Deshalb bekommen Erben im Todesfall nicht automatisch Zugang zu den Online-Konten des Verstorbenen. Entsprechend sollte jeder Nutzer schriftlich festhalten, wie und durch wen nach dem Tod seine digitalen Daten verwaltet werden oder ob die Daten gelöscht werden sollen. Diese Anweisungen können im Testament oder einer Vollmacht festgehalten werden. Hinterbliebene erben nicht alleine Sachwerte, sondern treten auch in die Verträge des Verstorben ein. Beim digitalen Nachlass gelten gegenüber E-Mail- und Cloud-Anbietern in der Regel Sonderkündigungsrechte.

Bei der Onlinekommunikation gilt das Fernmeldegeheimnis, das auch die Rechte der Kommunikationspartner des Verstorbenen schützt. Wer seinen Hinterbliebenen Zugang zu seinen E-Mails verschaffen will, sollte dies zu seinen Lebzeiten regeln. Bei den meisten E-Mail- oder Cloud-Anbietern können Informationen für den Todesfall hinterlegt werden. Google etwa bietet mit dem Kontoinaktivitäts-Manager eine Art Online-Testament an: Der Nutzer kann festlegen, was geschehen soll, wenn er sich drei, sechs oder neun Monate lang nicht einloggt. Wenn im Testament nichts anderes geregelt ist, werden die Erben Eigentümer aller Gegenstände des Verstorbenen, somit auch von Computern, Smartphones oder lokalen Speichermedien wie externen Festplatten. Damit dürfen sie die gespeicherten Daten uneingeschränkt lesen. Deshalb sollte man die Entscheidung, ob die Hinterbliebenen nach dem Tod Einblick in die digitale Privatsphäre erhalten, zu Lebzeiten treffen. So kann ein Notar oder Nachlassverwalter unter Umständen einzelne Dateien oder Datenträger vernichten lassen.

Verantwortliche in Abläufe einbinden

Zugangsdaten für den digitalen Nachlass können bei einem Notar hinterlegt werden. Allerdings können Notare zusätzliche Gebühren verlangen, wenn sich Angaben wie Benutzername oder Passwort zwischenzeitlich ändern. Im Todesfall eines Angehörigen sollten Hinterbliebene die Betreiber der sozialen Netzwerke benachrichtigen, in denen der Verstorbene Mitglied war. Viele Anbieter verlangen die Vorlage einer Sterbeurkunde. Bei Facebook zum Beispiel können Erben die Entfernung des Nutzerkontos eines Verstorbenen beantragen oder das Profil in einen Gedenkzustand versetzen. Die Profilinhalte bleiben dann erhalten und Freunde oder Familienmitglieder können in der Chronik Erinnerungen teilen.

Bei beruflichen Netzwerken wie etwa Xing wird das Profil unsichtbar geschaltet, sobald der Betreiber vom Tod eines Mitglieds erfährt. Bei Xing wird Angehörigen der Zugriff auf den Account allerdings nicht gestattet. Die personenbezogenen Daten fallen auch nach dem Tod eines Nutzers nicht an Dritte.

Während man im Gegensatz zu den „technischen“ Lösungen den Ernstfall nicht üben kann, ist es in jedem Fall wichtig, mit den eingesetzten Verantwortlichen zu reden, Prioritäten zu setzen, aber auch darauf zu vertrauen, dass die Nachfolger die richtigen Entscheidungen treffen.

Dieser Beitrag von Thomas Schneider ist zuerst erschienen in SBZ 8/2016. Dipl.Kfm. Thomas Schneider verantwortet die Interne Revision der Knauf Interfer SE.

 

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