Wie erhöhen Handwerksbetriebe ihre Energieeffizienz?
Die Gestaltung der Energie- und Klimatransformation hat – nicht erst durch den Beginn des Ukraine-Kriegs – an Tempo gewonnen und stellt auch die Handwerksbetriebe vor wachsende Herausforderungen. Gerade aufgrund der zuletzt sprunghaft gestiegenen und absehbar auf einem hohen Niveau verbleibenden Energiepreise kommt der möglichst energieeffizienten Produktion und Auftragserbringung eine immer wichtigere Rolle zu. Das sichert die eigene Wettbewerbsfähigkeit.
Gemeinsam mit den 53 Handwerkskammern hat der ZDH deshalb im ersten Quartal 2022 eine Umfrage zur Energieeffizienz in den Handwerksbetrieben durchgeführt:
- Es zeigt sich, dass der Energiekostenanteil (Anteil der Einkaufsrechnungen für Energieträger, wie Gas, Öl, Strom, Diesel/Benzin oder erneuerbare Energien) am Umsatz in den letzten 5 Jahren auf mehr als 10 Prozent stark zugenommen hat.
- Zugleich hat in diesem Zeitraum etwa jeder zweite Betrieb Maßnahmen zur Senkung des Energieverbrauchs umgesetzt oder plant dies innerhalb der nächsten 5 Jahre.
- Hauptmotivation für Umsetzung und Planung von Energieeffizienzmaßnahmen sind dabei die gestiegenen Energiekosten.
- Eine Verbesserung der Wirtschaftlichkeit und Finanzierbarkeit der potenziellen Maßnahmen würde den Anteil der Betriebe erhöhen, die diese dann auch umsetzen.
- Zudem braucht es verlässliche gesetzliche Rahmenbedingungen und passgenaue Förderprogramme, um die Energieeffizienz in den Handwerksbetrieben weiter und zeitnah zu verbessern.
Insgesamt beteiligten sich 7.933 Betriebe an der Umfrage. Da sich – wie bei den meisten Umfragen üblich – größere Betriebe relativ häufiger beteiligt haben als kleinere, wurden die Gesamtergebnisse anhand aktueller Beschäftigtenzahlen gewichtet und hochgerechnet.
Energiekosten steigen
Die Kosten für Energieträger sind im Verlauf der letzten 12 Monate sehr dynamisch und zum Teil auf neue Höchststände gestiegen. Verbraucher und Unternehmen spüren diese zusätzliche Kostenbelastung bereits deutlich, zumal mit dem Ausbruch des Ukraine-Kriegs das Preisniveau absehbar hoch bleiben wird und die Energieversorgungssicherheit zumindest infrage steht.
In einem Umfeld auf breiter Front steigender Preise, vor allem in Folge von Lieferengpässen, müssen auch die Betriebe des Handwerks mit den hohen Energiekosten umgehen, die bestehende Kalkulationen unwirtschaftlich machen und die Angebotspreise für viele Produkte und Dienstleistungen deutlich steigen lassen. Die Umfrageergebnisse zeigen, dass innerhalb von fünf Jahren (zwischen 2016 und 2021) der Anteil der Energiekosten an den Umsätzen der Handwerksbetriebe deutlich von 8,0 auf 10,6 Prozent angestiegen ist. Dabei waren die im aktuellen Kalenderjahr nochmals stark gestiegenen Preise, vor allem für Benzin, Diesel und Erdgas, noch gar nicht berücksichtigt, sodass aktuell von einer nochmals höheren Energiekostenbelastung ausgegangen werden muss.
Besonders hohe Energiekostenanteile für das Jahr 2021 melden die privaten Dienstleistungs- (12,6 Prozent), die Kfz- (12,4 Prozent) und die Lebensmittelhandwerke (11,6 Prozent). Hohe Energieverbräuche entstehen hier bspw. durch Wasch- und Trocknungsmaschinen im Textilreinigerhandwerk, Fertigungsmaschinen im Karosserie- und Fahrzeugbauerhandwerk oder Öfen bei Bäckern und Konditoren. Die geringste Energieintensität geben die Gesundheitsgewerke an (9,0 Prozent), wo bspw. Augenoptiker und Hörakustiker ohne einen größeren Maschinenpark arbeiten
Unabhängig von der Gewerbegruppe fällt der Energiekostenanteil am Umsatz bei kleinen Handwerksbetrieben mit bis zu vier tätigen Personen höher aus als bei größeren. Bei den handwerklichen Großbetrieben mit 50 und mehr Beschäftigten ist dieser Anteil hingegen am geringsten.
Energieverbräuche senken
Etwa jeder zweite Handwerksbetrieb hat innerhalb der letzten fünf Jahre bereits Maßnahmen zur Energieverbrauchsenkung umgesetzt und/oder plant innerhalb der kommenden fünf Jahre (weitere) solche Maßnahmen (47 Prozent). Hierbei entfällt ein Anteil von 23 Prozent auf die Betriebe, die bereits Maßnahmen umgesetzt haben, aber aktuell keine weiteren planen.
11 Prozent der Betriebe planen entsprechende Maßnahmen, haben aber zuletzt hier nicht investiert. Weitere 13 Prozent haben in den abgefragten Zeiträumen sowohl bereits in die eigene Energieeffizienz investiert und wollen in der Zukunft zusätzlich weitere Maßnahmen umsetzen.
Besonders häufig bereits in den letzten fünf Jahren energieverbrauchsenkende Maßnahmen umgesetzt haben dabei die Gesundheits-, die Kfz- und die Lebensmittelhandwerke, wo jeweils etwa ein Drittel der Betriebe davon berichtet. Aktuell planen vor allem die Ausbau- (14 Prozent) und die Baubetriebe (13 Prozent) Maßnahmen, haben aber auch in den letzten 5 Jahren hier eher selten investiert.
Besonders aktiv bei Energieeffizienzinvestitionen in der Vergangenheit und der Zukunft sind die Lebensmittel- (27 Prozent) und die Kfz-Gewerke (20 Prozent). Deutlich wird zudem, dass große Handwerksbetriebe merklich häufiger energieverbrauchsenkende Maßnahmen umgesetzt haben oder planen als kleine.
Art der verbrauchsenkenden Maßnahmen ändert sich
Feststellbar ist eine Verschiebung des Fokus zwischen den bereits umgesetzten und den von den Handwerksbetrieben geplanten Maßnahmen zur Energieverbrauchssenkung. Die Handwerksbetriebe, die von umgesetzten und/oder geplanten Maßnahmen in diesem Bereich berichten, haben innerhalb der vergangenen fünf Jahre vor allem in energieeffizientere Maschinen und Anlagen (39 Prozent) und die Verbesserung bei Materialflüssen, Logistik und Arbeitsabläufen (33 Prozent) investiert.
Jeweils ein Viertel hatte zudem in die energetische Sanierung von Betriebsgebäuden und in die Eigenerzeugung von Strom und Wärme aus erneuerbaren Quellen investiert. Die Eigenerzeugung von Strom und Wärme ist auch der einzige dieser Bereiche, der auch für zukünftig umzusetzende Maßnahmen häufig genannt wird (26 Prozent), während die anderen drei Bereiche merklich an Bedeutung verlieren. Stattdessen soll nun deutlich häufiger in Anlagen zur Speicherung von selbst erzeugter Energie investiert und Elektro- oder Wasserstofffahrzeuge angeschafft werden (jeweils 21 Prozent).
Nicht finanzierbar und wirtschaftlich?
Die Handwerksbetriebe, die innerhalb der fünf vergangenen und der fünf folgenden Jahre keine Maßnahmen zur Senkung des Energieverbrauchs umgesetzt oder geplant haben, begründen dies vor allem damit, dass die im Betrieb umsetzbaren Maßnahmen unwirtschaftlich wären (40 Prozent) oder dass die notwendigen Finanzmittel für die Umsetzung fehlen (32 Prozent) bzw. entsprechende Fördermittel nicht verfügbar sind (14 Prozent).
27 Prozent verweisen auf ihre jeweiligen Gegebenheiten im Betrieb, wo beispielsweise anstehende Umzüge oder Betriebsaufgaben sowie die Nutzung einer Immobilie als Mieter die Umsetzung von energieverbrauchsenkenden Maßnahmen verhindern. Einem Teil der Betriebe fehlen für sie einsetzbare, alternative und verbrauchsärmere Technologien (18 Prozent). Auch fehlende Personalkapazitäten für die Planung und Umsetzung werden als Gründe benannt (10 Prozent), genauso wie fehlende Beratungsangebote (7 Prozent).
Passgenauer fördern
Alle Handwerksbetriebe – unabhängig davon, ob energieverbrauchsenkende Maßnahmen umgesetzt wurden/geplant sind oder nicht – sehen deutliches Verbesserungspotenzial bei den Rahmenbedingungen für die Umsetzung und Planung solcher Maßnahmen.
Die am häufigsten von den Betrieben benannte Hürde sind dabei häufig wechselnde rechtliche Rahmenbedingungen (28 Prozent), beispielsweise für die Förderung des Aufbaus von Erzeugungsanlagen für erneuerbare Energien. Verschiedene Probleme werden zudem im Zusammenhang mit staatlichen Förderprogrammen genannt. So führt die große Zahl an Förderprogrammen der verschiedenen staatlichen Ebenen in diesem Bereich zu Intransparenz (23 Prozent).
Außerdem passen Förderinstrumente nicht zu den Gegebenheiten der Betriebe (22 Prozent) oder reichen nicht aus, um mögliche energieeffizienzsteigernde Maßnahmen wirtschaftlich durchzuführen (18 Prozent). Zudem werden von 19 Prozent der Betriebe aufwändige oder langwierige Bewilligungs- und Abrechnungsprozesse als bremsend wahrgenommen.
Bei der Finanzierung wird zudem davon berichtet, dass Finanzierungsinstrumente der Haus- und Förderbanken teilweise nur schwer oder nicht für Betriebe zugänglich sind (11 Prozent). Nicht zuletzt wird über Engpässe bei Fachplanern und Energieeffizienzexperten (8 Prozent) sowie ausführenden Handwerkern berichtet (15 Prozent).