Energieeffizienz planen: Mit Energie-Simulation Kosten für Gas und Gebäudetechnik sparen
Gasheizungen sind out. Nicht nur, weil Russland seine Erdgaslieferungen nahezu eingestellt hat. Der fossile Brennstoff hat auch deshalb keine Zukunft mehr, weil Deutschland sonst seine Klimaziele verfehlt.
Damit die 19 Millionen Wohn- und zwei Millionen übrigen Gebäude hierzulande wie im 2021 novellierten Klimaschutzgesetz festgelegt bis 2045 keine Kohlendioxidemissionen mehr verursachen, müssen Bauherrn vielmehr verstärkt Erneuerbare Energien nutzen und Immobilienbesitzer 14 Millionen Bestandsgebäude sanieren, hat das Umweltbundesamt berechnet. Die Sanierungsquote von derzeit einem Prozent der Bestandsgebäude muss sich dazu verdoppeln. Der Verband der Elektro- und Digitalindustrie, ZVEI, hält im Heizungsbereich sogar eine Verdreifachung der Quote für erforderlich.
Nur womit soll die Wärme erzeugt werden, wenn Öl und Gas als Brennstoffe ausscheiden und sich in der Stadt nur die wenigsten Wohnungen mit einem Holzofen beheizen lassen, dessen knisterndes Feuer neben Gemütlichkeit auch warmes Wasser erzeugt? Auch mit Sonnenstrom betriebene Wärmepumpen sind nicht der Weisheit letzter Schluss. Schon kurz nach Ausbruch des Krieges in der Ukraine berichtete der Bayerische Rundfunk von Lieferzeiten von bis zu 40 Wochen für Wärmepumpen.
Außerdem arbeiten sie nur in gut gedämmten Gebäuden wirklich effizient. Doch selten fehlte am Bau so viel Material wie derzeit – vor allem für energetische Sanierungen und die Gebäudeisolation. „Dämmstoffe waren bereits vor Kriegsbeginn vielerorts knapp“, betont Felix Leiss, Fachreferent am ifo Institut für Wirtschaftsforschung. Seitdem hätte sich die Situation nicht verbessert, so Leiss.
Energieeffizienz hat bei Neubauten und Sanierungen absolute Vorfahrt
Noch nie war es daher so wichtig, einen Neubau konsequent auf Energieeffizienz zu trimmen und bei der Planung energetischer Sanierungen im Bestand den optimalen Mix aus baulichen Maßnahmen und neuer Gebäudetechnik zu finden. Immerhin entstehen 65 Prozent des Energiebedarfs eines Gebäudes bei dessen Betrieb - vor allem durch die Heizung, Kühlung, Beleuchtung und Lüftung des Hauses.
„Um Energie in Gebäuden effizienter zu nutzen, müssen Architekten und Planer deshalb künftig bei allen neu errichteten Bauten und bei der Sanierung von Bestandsgebäuden schon in der Planungsphase simulieren, wie sich ein Bauwerk energetisch verhalten wird“, fordert das Mittelstand 4.0-Kompetenzzentrum Planen und Bauen in einem Technischen Bericht über energetische Simulationen. Denn thermisch dynamische Simulationen ließen Energieeinsparpotenziale erkennen und böten die Möglichkeit, in einem wirtschaftlichen Zeitrahmen mehrere Varianten des Gebäudes zu untersuchen, erklären die Autoren des Berichts.
Passive Strategien statt Haustechnik zur Energieeinsparung nutzen
Simulationen geben auch Aufschluss darüber, wie viel Haustechnik nötig ist, um den thermischen Komfort eines Gebäudes herzustellen. Eine umfangreiche Haustechnik ist dazu selbst dann nicht immer erforderlich, wenn diese wie eine Photovoltaikanlage die erneuerbare Energie der Sonne nutzt, oder wie ein Blockheizkraftwerk besonders viel aus dem eingesetzten Brennstoff herausholt.
Seit Jahrhunderten gibt es auch passive Strategien, mit denen sich der thermische Komfort eines Gebäudes ohne aufwändige Technik gewährleisten lässt. Im Süden und Südwesten Deutschlands lassen sich etwa mit großen Fensterflächen auch in Herbst und Winter Licht und Wärme der Sonne ins Gebäude holen. Bewusst platzierte Speichermassen halten diese längere Zeit im Haus. Eine Verschattungsanlage oder eine Querlüftung kühlen dieses dagegen im Sommer. Letztere sorgt zugleich für den nötigen Luftaustausch.
Energie-Simulationen müssen nicht komplex sein
Welche dieser „passiven“ Strategien für ein Gebäude bei einer gegebenen Ausrichtung zur Sonne die besten sind und wie sie sich gegenseitig beeinflussen, lasse sich mit energetischen Simulationen schon bei der Planung des Gebäudes ermitteln, erklären die Autoren des Technischen Berichts des Mittelstand 4.0-Kompetenzzentrums Planen und Bauen. Die Berechnungen müssten dazu nicht mal komplex sein und von Experten erstellt werden. Mittlerweile gebe es eine Reihe digitaler Werkzeuge, die sich einfach bedienen lassen und die trotzdem eine gute Hilfestellung bei der Optimierung eines Gebäudes gäben.
Welche Tools es für Simulationen gibt, was die in vielen Anwendungen zur Erstellung von Gebäudemodellen integrierten Funktionen leisten und wann Eperten-Software Sinn macht, stellt der Technische Bericht anschaulich und anhand von Beispielen dar.
Simulationssoftware nutzt Informationen aus digitalen Gebäudemodellen
Die Autoren erklären auch, weshalb der Einsatz der Tools ein Gebäudemodell voraussetzt, wie es bei der Arbeit mit der Building-Information-Modeling-Methode (BIM) entsteht. Denn die dabei erstellten Gebäudemodelle liefern auch die für eine Simulation des thermischen Verhaltens und des Strombedarfs eines Bauwerks erforderlichen Informationen über die energetische Qualität der einzelnen Bauteile.
Die Planung des Energie-Verhaltens eines Gebäudes mit BIM erlaubt zudem, dass in allen Leistungsphasen Fachleute aus unterschiedlichen Baudisziplinen mit Hilfe und an demselben digitalen Modell zusammenarbeiten. So lässt sich beispielsweise verhindern, dass der für die technische Gebäudeausrüstung zuständige Planer aktive Systeme verbaut, die im Zusammenspiel mit den gewählten passiven Klimatisierungsstrategien nicht funktionieren.