So überwinden Sie Ihren inneren Schweinehund
Der innere Schweinehund macht sich immer dann bemerkbar, wenn man eigentlich keine Lust auf etwas hat, z. B. Aufräumen am Arbeitsplatz. Oder auf gesunde Ernährung achten. Oder für die Prüfung lernen.
Man müsste sich innerlich aufraffen, aber dann kommt eben die Bremse, die innere Stimme. Er ist um keine Ausrede verlegen und findet immer wieder eine Rechtfertigung, um sich durchzusetzen. Er ist ein nicht zu unterschätzender Gegner, wenn es um die Entscheidung geht, etwas Unbequemes zu tun. Bei einer Entscheidung geht es um die Frage, was wichtiger und sinnvoll ist, das Bequeme oder das Vernünftige. Soll man dem Schweinehund kampflos das Feld überlassen? Oder sich ehrgeizig und verantwortungsvoll zeigen? „Du musst dich überwinden“, heißt ein gut gemeinter Rat.
Muss man sich immer überwinden?
Es kommt ja darauf an, um was es geht. Ich „muss“ jetzt lernen, kostet nur Kraft. Ich „will“ jetzt lernen, zeigt eine erste innere Bereitschaft. Zwischen „müssen“ und „wollen“ ist eben ein Unterschied. Sieht man die langfristigen Vorteile für sich, gibt man nicht der Versuchung der kurzfristigen Komfortzone nach.
Der Anstoß, etwas zu tun, was unbequem ist, muss mit einem Motiv zusammenhängen. Sich aufzuraffen, sich zu überwinden, auch wenn es im Augenblick keinen Spaß macht, muss sich langfristig lohnen. Man muss sich immer wieder ein Vorteilsmotiv vor Augen halten, z. B. das positive Gefühl, wenn man „den Kampf“ gewonnen hat. Wer sich überwindet, ist stolz darauf, sollte sich dafür belohnen oder loben lassen. Man kann sich doch mal etwas gönnen, z. B. mit der Freundin in die Pizzeria gehen, wenn man es geschafft hat. Sich zu überwinden ist nicht selbstverständlich, viele scheitern am Thema Selbstdisziplin.
Wenn die eigene Motivation gerade nicht groß genug ist, hilft es, einen Verbündeten zu suchen. Das kann der Kollege sein, von dem man auch weiß, wie er sich überwinden muss bei „Null Bock“. Der Kollege ist Partner und Mitstreiter, wenn sich der Schweinehund meldet und durchsetzen will. Mit den Kommentaren des Kollegen findet man Unterstützung, er beeinflusst sogar die Entscheidung, ob man nachgibt oder sich zusammenreißt.
Was tun bei Rückschlägen?
Mal ehrlich: Irgendwann einmal passiert es, dass man aus der Komfortzone nicht herauskommt und dem Schweinehund nachgibt. Jeder hat einmal einen schwachen Tag und ärgert sich später über mangelnde Disziplin. Mal nachgeben ist kein Weltuntergang, wenn es nicht zur Regel wird. Wenn man sich nur mit Appellen aufrafft, ist das zu wenig („Ich muss endlich mal Ordnung machen“, „Ich sollte mich ab jetzt gesund ernähren“, „Bleib ruhig und flipp‘ nicht wieder aus!“). Wer an das Erfolgserlebnis denkt, das sich bei Überwindung einstellt, tut sich viel leichter. Ein Sportler denkt beim Training nicht an die Anstrengung und die Schweißtropfen, sondern an den Sieg, an den Erfolg.
Ein Beispiel: Wenn Markus für die Zwischenprüfung lernen müsste und die Clique trifft sich im Club, kann er diesem verlockenden Angebot nachgeben, auch dort hinzugehen. Das passiert leicht, wenn Markus sich nur mit dem Augenblick beschäftigt, nicht mit dem positiven Gefühl, das erlebt werden könnte, wenn er sich doch aufrafft zu lernen. Die Auseinandersetzung mit dem „kleinen Teufel“, den Streit zwischen Richtig und Falsch, kann Markus im Nachhinein als sportlichen Wettkampf betrachten. Den inneren Schweinehund als Feind zu sehen, wäre falsch. Mit einem Trick kann man ihn überwinden, sich ihn vielleicht sogar zum Freund machen. Schließlich meint er es auch nicht schlecht mit uns. Geben wir ab und zu nach, wird er zufrieden sein. Aber in wesentlichen Punkten lassen wir keine innere Diskussion wie bei Markus zu. Wir fangen sofort mit dem Lernen oder mit dem Aufräumen an. Sofort. Nicht später oder gleich. Es sind auch meist nur die ersten Minuten, die man braucht, um sich zu überwinden.
Sich zu quälen, sich zu zwingen oder zusammenzureißen mit eiserner Disziplin kann auch funktionieren. Die elegante Tour lautet, sich auf das Ziel zu konzentrieren, es mit einem persönlichen Nutzen zu markieren. Die Frage heißt: „Was ist langfristig für mich, meinen Beruf wichtig?“ Gibt man der inneren Stimme doch nach, sollte man später keine Schuldgefühle haben. Hin und wieder zu scheitern, ist völlig normal. Das wird jedem irgendwann passieren.
Dieser Artikel von Autor Rolf Leicher ist zuerst erschienen in SBZ Monteur 10/2019. Dipl.-Betriebswirt Rolf Leicher ist Fachautor und Referent.