Scheinselbstständigkeit: Änderungen im Statusfeststellungsverfahren 2022
Was ist ein Statusfeststellungsverfahren?
Das Statusfeststellungsverfahren heißt auch "Anfrageverfahren zur Statusklärung". Es überprüft den Status eines Auftragnehmers, ob er selbstständig arbeitet oder als angestellt gilt. Durchgeführt wird es von der Deutschen Rentenversicherung (DRV).
In der Regel stellen Auftraggeber und Auftragnehmer dort den Antrag auf ein solches Verfahren. Aber auch Krankenversicherungen und ein anderer Rentenversicherungsträger können einen Antrag auf Statusfeststellung einleiten. Die führen die Statusfeststellung dann selbst durch.
Wozu dient ein Statusfeststellungsverfahren?
Mit einem Statusfeststellungsverfahren wollen Auftraggeber erreichen, dass sie für Auftragnehmer keine Sozialversicherungsbeiträge zahlen müssen. Es soll also "echte" Selbstständigkeit von Scheinselbstständigkeit unterscheiden. Daher stellen sie auch meistens den Antrag, oft zusammen mit dem Auftragnehmer. Obligatorisch wird ein solches Verfahren in zwei Fällen durchgeführt:
- bei Ehepartnern und anderen engen Familienangehörigen des Eigentümers, die im Unternehmen mitarbeiten sowie
- bei Gesellschaftern in GmbHs, die eine Geschäftsführung beginnen.
In diesen Fällen haben die Personen eine besondere Stellung im Unternehmen, sodass die Grenze zwischen einer Selbstständigkeit und einer Anstellung häufig unklar ist.
Für die Neuerungen wurde § 7a SGB IV geändert. Die Änderungen gelten ab dem 1. April 2022 und betreffen fünf wesentliche Punkte.
Feststellung des Erwerbsstatus statt der Versicherungspflicht
Hat die DRV früher geprüft, ob eine Versicherungspflicht besteht, geht es jetzt darum, herauszufinden, ob die konkrete Beschäftigung, selbstständig oder abhängig ist. Die Prüfungen der Versicherungspflicht in der Kranken-, Renten-, Pflege-, Arbeitslosen- und Unfallversicherung übernimmt der Auftraggeber, also in der Regel der Arbeitgeber.
Kommt die DRV zu dem Ergebnis, dass es sich bei dem Auftrag um eine abhängige Beschäftigung handelt, hat das jedoch nicht automatisch eine Beitragspflicht zur Folge - so zum Beispiel bei geringfügig Beschäftigten, Rentnern, jenen, die über der Beitragsbemessungsgrenze verdienen, oder in einem berufsständischen Versicherungswerk versichert sind.
Mündliche Anhörung im Widerspruchsverfahren
Ist der Antragsteller mit er Entscheidung der DRV nicht einverstanden, kann er Widerspruch einlegen. In dem Verfahren kann er sich erst schriftlich und dann mündlich äußern.
Prognoseentscheidung vor Beginn des Auftrags
Bislang konnte der Status eines Auftragnehmers erst geklärt werden, nachdem der Auftrag an ihn vergeben war und die Tätigkeit bereits begonnen hatte. Mit der Neuerung können Betriebe beantragen, dass die DRV bereits vor der Aufnahme der Arbeit den Erwerbsstatus prüft und über ihn entscheidet. Das soll eine frühere Rechtssicherheit bringen.
Die Angaben zum voraussichtlichen Beschäftigungsverhältnis müssen jedoch konkret sein, sonst kann die DRV den Antrag ablehnen. Ist eine Entscheidung auf Prognosebasis ergangen, kann ein erneuter Antrag erst wieder gestellt werden, wenn sich die Umstände geändert haben.
Gruppenentscheidung für mehrere gleichartige Auftragsverhältnisse
Wenn Vertragsvereinbarungen und Umstände der Tätigkeit übereinstimmen, können vergleichbare Stellen den gleichen Erwerbsstatus haben wie eine bereits geprüfte Stelle. Das soll die Dauer des Feststellungsprozesses verkürzen.
Arbeitsverhältnisse mit mehr als zwei Parteien
Ein sogenanntes Dreiecksverhältnis besteht aus drei Beteiligten, dem Auftraggeber, dem Auftragnehmer und dem Kunden. Das ist zum Beispiel regelmäßig bei Dienst- oder Werkverträgen der Fall: Ein Betrieb beauftragt einen Auftragnehmer, damit dieser bei einem Kunden des Betriebs arbeitet.
Ausgeschlossen werden soll hier die verdeckte Arbeitnehmerüberlassung. Auch wird dabei geprüft, mit dem das Vertragsverhältnis des Auftragnehmers besteht: dem ursprünglichen Auftraggeber oder dem Kunden. Das Statusfeststellungsverfahren kann nun auch der Kunde anstoßen.
In den vergangenen drei Jahren hat die DRV, genauer die Clearingstelle der DRV, die für das Verfahren verantwortlich ist, n weniger als der Hälfte der Fälle eine Versicherungspflicht festgestellt. Im Jahr 2018 wurden von den etwa 21.000 geprüften Fällen rund 14.000 Fälle als selbstständig eingestuft, das sind fast zwei Drittel.