Selbstständig im Handwerk: So gelingt die Existenzgründung
Das eigene Unternehmen ist für viele ein Lebenstraum – insbesondere für Handwerker. Er entwickelt sich meist im Verlauf der Ausbildung und der Gesellenjahre und wird als attraktiver und sehr bedeutender Schritt auf der persönlichen Karriereleiter angestrebt.
„Mit einer guten Geschäftsidee, solide vorbereitet und unterstützt und natürlich professionell beraten sollten sich auch in Corona-Zeiten Gründerinnen und Gründer nicht davon abhalten lassen und den Schritt in die berufliche Selbstständigkeit wagen“, macht Rainer Reichhold, Präsident der Handwerkskammer Region Stuttgart, engagierten Handwerkern Mut, ihre langfristigen Vorhaben und guten Pläne umzusetzen.
„Am häufigsten möchten sich die Gründer selbst verwirklichen, sie möchten ihre eigenen Ideen umsetzen und das Einkommen aufbessern“, benennt Reichhold die Beweggründe. Dies könne durch eine Neugründung oder die Übernahme eines bestehenden Betriebs erfolgen, beispielsweise aus der eigenen Familie. Er betont aber auch: „Der Schritt muss gut und von langer Hand vorbereitet sein – sonst wird das nichts.“ Es darf nichts dem Prinzip Zufall überlassen werden. Nicht umsonst würde beispielsweise die Qualifikation zum Handwerksmeister das Thema Unternehmensführung in den Meisterschulen mit in den Mittelpunkt stellen.
Motivation und Disziplin sind Pflicht
„Bei einer Existenzgründung gibt es viele Aspekte, die über das Gelingen oder Scheitern des Vorhabens entscheiden“, weiß auch Johannes Klemann. Er ist Betriebswirtschaftlicher Berater bei der Stuttgarter Kammer. Eine seiner Hauptaufgabe ist, die meist jüngeren Handwerker bei diesem bedeutenden Prozess zu begleiten. Auch wenn ausgeprägte handwerkliche und betriebswirtschaftliche Fähigkeiten sowie das finanzielle Grundgerüst vorhanden sind, sei nicht jeder dafür geeignet ein Unternehmen zu leiten.
„Gründer müssen motiviert und diszipliniert sein und dürfen auch nicht vor Büro- und Planungsarbeiten zurückschrecken, die definitiv anfallen werden.“ Oft wird dieser zusätzliche Arbeitsaufwand unterschätzt, der nicht von jedem Handwerker ohne weiteres bewältigt werden kann. „In der Anfangsphase enden die Arbeitstage meist spät am Abend, wobei das Einkommen nicht unbedingt besser sein muss als in einem Beschäftigtenverhältnis“, betont der Experte. Deshalb sollte ein zukünftiger Betriebsinhaber stressresistent sein und in herausfordernden Situationen lösungsorientiert handeln.
Der Businessplan ist entscheidend
Damit ein Gründungsvorhaben gelingen kann, müssen ausreichende finanzielle Mittel vorhanden sein. In den meisten Fällen läuft die Gründungsfinanzierung über die Hausbank, dazu ist auf jeden Fall ein aussagefähiger Businessplan notwendig. Kleman: „Das Erstellen eines Businessplans ist jedem Gründer zu empfehlen, damit frühzeitig Fallstricke und Hürden entdeckt werden.“ Dieser beinhalte die wichtigsten Eckpunkte des Gründungsvorhabens wie den Marketingplan, die Zukunftsaussichten oder die Situation der Mitbewerber.
Wichtigstes Ziel des Businessplans ist es, die Wirtschaftlichkeit des Vorhabens herauszuarbeiten. Dazu sind Berechnungen und Planungen notwendig wie beispielsweise der Kapitalbedarfsplan, der Finanzierungsplan und die Rentabilitätsvorschau. Dies sind zentrale Bestandteile des Businessplans. Klemann empfiehlt, die Ausführungen im Businessplan kurz zu halten: „Beschreiben Sie, was Sie können, was Sie vorhaben und wie die Zahlenlage aussieht.“ Der Businessplan sollte unbedingt selbst verfasst werden, hebt der Experte hervor. Das Gegenlesen, beispielsweise durch einen Berater der Handwerkskammerberater, sei allerdings sinnvoll.
Meistergründungsprämie als Chance
Information und seriöse Beratung sind das A und O der Planungsphase. Das Beratungsangebot der Kammer steht Unternehmern während des gesamten Gründungsprozesses, aber auch in den folgenden Jahren, jederzeit zur Verfügung. Auf der Plattform www.selbstaendig-im-handwerk.de können neben Hilfestellungen zur Erstellung des Businessplans auch praktische Tipps, beispielsweise zu Förderprogrammen, gefunden werden.
Als Darlehen kommen für Gründer unter anderem die Startfinanzierung 80 sowie die Gründungsfinanzierung der L-Bank infrage. In diesem Zusammenhang können Jungmeister von der neuen Meistergründungsprämie profitieren. Der Antrag kann in den ersten 24 Monaten nach der erfolgreich absolvierten Meisterprüfung im Zusammenhang mit einem L-Bank-Darlehen gestellt werden.
Sobald die finanzielle Situation geklärt ist, die rechtlichen Aspekte beachtet und die notwendigen Verträge unterzeichnet sind, lohnt sich der Weg in das Starter-Center der Handwerkskammer. „Gemeinsam mit dem Beratungsteam kann hier eine Vielzahl von Eintragungsformalitäten in einem Aufwasch abgeschlossen werden“, weiß Berater Johannes Klemann.