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Abmahnung bei Fehlverhalten: So geht´s

Dipl. Betriebswirt Rolf Leicher
Hat auch die Abmahnung keinen Erfolg, muss die fristgerechte Kündigung konsequent durchgesetzt werden.

Die Gründe für eine Abmahnung sind vielfältig: Verstoß des Mitarbeiters gegen Anweisungen, Verweigerung von bezahlten Überstunden, Rauchen am Arbeitsplatz, Verstoß gegen Sicherheitsvorschriften, Alkoholkonsum, Unpünktlichkeit, unerlaubte Nebentätigkeit, unentschuldigtes Fehlen.

Die Abmahnung ist für die verhaltensbedingte außerordentlich (fristlose) Kündigung in § 314 Abs. 2 BGB geregelt. Die Vorschrift ist auch auf ordentliche (fristgerechte) Kündigungen anwendbar.

Für solche Fälle erhält der Mitarbeiter eine Abmahnung. Darin beanstandet der Arbeitgeber ein vertragswidriges Verhalten. Abmahnungsberechtigt ist auch der direkte Vorgesetzte im Handwerksbetrieb, sofern er weisungsbefugt ist.

In der Abmahnung wird ein vertragswidriges Verhalten beanstandet. Eine Abmahnung ist die Vorbereitung für eine verhaltensbedingte Kündigung. Die Abmahnung hat eine Warnfunktion und muss sich auf einen oder mehrere konkrete Verstöße beziehen. Entgegen der weit verbreiteten Ansicht kann auch eine Abmahnung mündlich erfolgen.

Die Schriftform ist nicht erforderlich, jedoch aus Beweisgründen sehr zu empfehlen. Die Warnfunktion wird entwertet, wenn bei erneuter Pflichtverletzung des Mitarbeiters wieder nur eine Kündigung angedroht, aber nicht umgesetzt wird.

Die Gelbe Karte

Ein gelungenes Kritikgespräch bei Fehlern des Mitarbeiters sollte eigentlich Wirkung zeigen, sodass es gar nicht erst zur Abmahnung kommen muss. Verstößt ein Mitarbeiter trotz der Kritik des Chefs wiederholt gegen Anweisungen, ist eine Abmahnung oder ein Disziplinargespräch die letzte Möglichkeit, eine Kündigung zu vermeiden.

Auch das Arbeitsteam erwartet bei Fehlern des Kollegen eine Reaktion vom Chef, er verliert an Autorität, wenn er nicht reagiert. Eine Abmahnung muss gut überlegt sein. Fehlen Beweise für das Fehlverhalten, ist sie ungültig und muss sogar ausdrücklich zurückgenommen werden. Üblicherweise müssen mehrere Kritikgespräche vorausgegangen sein.

Umstritten ist das Thema „Handynutzung während der Arbeitszeit“. Es ist abmahnbar mit der Begründung des Arbeitszeitverlusts. In der Regel wird der Mitarbeiter einen Vergleich mit den Gepflogenheiten in anderen Betrieben vornehmen und ins Gespräch einbringen.

Der uneinsichtige Mitarbeiter kommt bei der Abmahnung mit Gegenargumenten: „In anderen Betrieben ist man großzügiger …“, „meine Kollegen halten sich auch nicht immer daran …“, „ich bin dem Betrieb schon so oft entgegengekommen …“, „war nur ein Einzelfall“. Manche behaupten, der Chef würde sie mobben. Eine berechtigte Abmahnung ist aber kein Beweis für Mobbing.

Es kommt auf die Verhältnismäßigkeit an. Duldet der Arbeitgeber in anderen Betrieben die gelegentliche Nutzung, wird es mit der Abmahnung im eigenen Betrieb schwierig sein. Ist der Arbeitgeber bei der Handynutzung großzügig, wird der Arbeitnehmer eher bereit sein, kürzere Überstunden ohne Vergütung zu leisten.

Damit wird Entgegenkommen nicht zur Einbahnstraße. Eine Abmahnung wird in der Personalakte festgehalten, der Mitarbeiter kann darauf bestehen, dass auch seine Argumentation dokumentiert wird.

Ein Fallbeispiel zum Thema Verspätungen: Andy kommt fast jeden Morgen etwa zehn Minuten zu spät zur Arbeit. Seine Kollegen sitzen schon im Lieferwagen und warten, damit sie auf die Baustelle kommen.

Mehrere Kritikgespräche haben nichts geändert. Für sein Zuspätkommen findet er jedes Mal eine Ausrede. Inzwischen nehmen es auch die Kollegen mit der Pünktlichkeit nicht mehr so genau.

Einer Kündigung muss auf jeden Fall ein Korrektur- und ein Kritikgespräch vorausgegangen sein. Wenn es nicht gelungen ist, die Leistungsschwäche des Mitarbeiters zu verbessern, dann ist das Kündigungsgespräch der letzte Schritt.

Es sollte mündlich geführt und dann schriftlich bestätigt werden. Allgemeine Aussagen („Ihre Leistung ist ungenügend“) sind wenig überzeugend, einem Leistungsmangel sollte ein konkreter Fall zugrunde liegen.

Der Mitarbeiter verschläft regelmäßig? Dann darf dieser Satz nicht fehlen: „Im Wiederholungsfall behalten wir uns vor, das Arbeitsverhältnis zu kündigen.“

Die Rote Karte 

Aufgrund der Verhältnismäßigkeit kann es bei unerheblichen Verhaltensmängeln nicht zur Roten Karte kommen, z. B. bei einmaligem Vergreifen im Umgangston mit Kunden oder beim Vergessen eines unwesentlichen Termins. Hier ist allenfalls die Gelbe Karte möglich. Entscheidend ist immer der Wiederholungsfall.

Hat auch die Abmahnung durch Rote Karte keinen Erfolg, muss die fristgerechte Kündigung konsequent durchgesetzt werden. Nur so bleibt man dem Team gegenüber glaubwürdig und stellt sicher, dass eine Abmahnung ernst genommen und nicht für eine leere Drohung gehalten wird.

Wer wiederholt mit der Kündigung droht und sie nicht vollzieht, entwertet das System der Abmahnung. Bei schweren Vertrags- und Vertrauensverletzungen, wie z. B. Diebstahl, ist eine sofortige fristlose Kündigung bei eindeutiger Beweislage möglich.

In der Praxis drückt man oft ein Auge zu, schaut lieber weg, als einen Mitarbeiter, der schwer ersetzbar ist, zu verlieren. Der Fachkräftemangel ist auch dem Personal bewusst, weshalb Abmahnungen nicht immer ernst genommen werden. Die Regelung der Abmahnung darf nicht vom Fachkräftemangel abhängen.

Im Rahmen der Gleichbehandlung muss der Arbeitgeber einen Verstoß grundsätzlich mahnen und kann nicht bestimmte Mitarbeiter davon befreien. Nach den Vorschriften ist der Grundsatz der Gleichbehandlung zu beachten.

Abmahnungen verlieren an Kraft, wenn das Fehlverhalten länger zurückliegt. Nach etwa zwei Jahren kann sich der Arbeitgeber bei einem neuen Vergehen nicht mehr auf eine frühere Abmahnung beziehen und die Kündigung aussprechen. Der Mantel des Vergessens hat sich über den Sachverhalt gelegt.

Eine Abmahnung ist nach verschiedenen gerichtlichen Urteilen nicht erforderlich, wenn es um schwere Vertragsverletzungen geht, z. B. Veruntreuung oder Diebstahl. Man kann voraussetzen, dass es dem Arbeitnehmer bewusst sein muss, dass es in diesen Fällen zur fristlosen Kündigung kommt.

Ist das Vertrauensverhältnis zwischen den Parteien erschüttert, kann es durch eine Abmahnung auch nicht wieder hergestellt werden.

In bestimmten Fällen kann auch der Arbeitgeber abgemahnt werden, wenn er z. B. keine Spesen oder vorgeschriebenen Zuschläge zahlt. Oder Überstunden verlangt, die vertraglich nicht gerechtfertigt sind.

Auch bei Verstoß gegen Sicherheits- und Hygienevorschriften kann der Arbeitnehmer den Arbeitgeber abmahnen. Dabei gilt es, genau zu bezeichnen, gegen welche Regelung verstoßen wurde. Es ist besser, vorab das Gespräch zu suchen.

Die Verabschiedung

Eine einvernehmliche Trennung hat einen guten und nachhaltigen Effekt auf den Gekündigten und das Klima unter seinen Kollegen. Deswegen ist es wichtig, dass man sich Zeit für das Verabschiedungsgespräch nimmt, auch dann, wenn man selbst enttäuscht und frustriert ist, damit der Gekündigte nicht noch schlecht über seinen Arbeitgeber spricht.

Die beschlossene Trennung ist fair zu gestalten, um ein negatives Image nach innen und außen zu vermeiden. Der Betrieb muss beim Trennungsprozess bewusst darauf achten, dass das Selbstwertgefühl des Gekündigten bis zum letzten Arbeitstag erhalten bleibt, damit nicht andere noch Partei für den Ausgeschiedenen ergreifen.

Dieser Artikel von Rolf Leicher ist zuerst erschienen in SBZ 12/2020. Rolf Leicher ist ­Dipl.-Betriebswirt, Fachautor und ­Referent.

Muster einer Abmahnung

Eine gesetzlich vorgeschriebene Form gibt es nicht, die Abmahnung muss jedoch vier Bestandteile ausweisen:

  1. Die konkrete Benennung des beanstandeten Verhaltens („Sie haben am … Ihre Arbeit erst um … aufgenommen.“)
  2. Rüge der Pflichtverletzung („Damit haben Sie gegen § 6 Ihres Arbeitsvertrags verstoßen.“)
  3. Aufforderung zu vertragstreuem Verhalten („Wir erwarten, dass Sie ab sofort täglich Ihre Arbeitszeiten pünktlich einhalten.“)
  4. Androhung von Konsequenzen bei Wiederholung („Im Wiederholungsfall behalten wir uns vor, das Arbeitsverhältnis zu kündigen.“) Das Schreiben wird dem Betreffenden persönlich überreicht.

Musterschreiben

Betrifft: Abmahnung wegen wiederholter Unpünktlichkeit

Sehr geehrter Herr Mustermann,

mit Bedauern mussten wir feststellen, dass Sie am … erneut erst um …Uhr zur Arbeit erschienen sind. Dabei handelt es sich nicht um einen Einzelvorfall. Sie sind ebenfalls am … um … Uhr erst zur Arbeit erschienen. Damit haben Sie wiederholt gegen die entsprechenden Regelungen in Ihrem Arbeitsvertrag ­verstoßen.

Zuspätkommen kann zu erheblichen Störungen im Betriebsablauf führen. Ein solches Verhalten missbilligen wir und hatten Ihnen das in einem Kritikgespräch am … bereits mitgeteilt.

Falls Sie weiterhin den pünktlichen ­Arbeitsbeginn missachten, behalten wir uns rechtliche Konsequenzen bis hin zum Ausspruch einer Kündigung vor.

Eine Kopie der Abmahnung legen wir in die Personalakte.

Freundliche Grüße

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