Wie Chefs beweisen können, dass ein Mitarbeiter blaumacht
Rund zehn Prozent der deutschen Arbeitnehmer machen gelegentlich blau – zumindest offiziell. So viele gaben es bei einer Umfrage des Karriereportals Glassdoor zu. Männer scheinen dabei öfter krankzufeiern als Frauen: Fast vierzehn Prozent der Männer, aber nur knapp sechs Prozent der Frauen planten der Studie zufolge, im nächsten Monat einen Tag blau zu machen. Was können Chefs tun, wenn sie den Verdacht haben, dass Mitarbeiter krankfeiern?
Wie kann der Arbeitgeber nachweisen, dass ein Mitarbeiter krankfeiert?
1. Nachforschen
Der Arbeitgeber kann selbst nachforschen, um dem angeblich krankfeiernden Arbeitnehmer auf die Schliche zu kommen. Er kann beispielsweise Krankenbesuche durchführen. Doch Vorsicht, wenn Sie einen Detektiv einschalten: Sie dürfen Ihre Mitarbeiter nur dann durch einen Detektiv überwachen lassen, wenn Sie den konkreten Verdacht hegen, dass eine Straftat vorliegt (Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg, Aktenzeichen 4 sa61/15). Ein bloßes Bauchgefühl reicht nicht aus.
2. Krankenkasse einschalten
Sie können auch den Medizinischen Dienst der Krankenkasse einschalten. Wenn die Kasse aufgrund der Diagnosen des Arztes der Auffassung ist, dass die Arbeitsunfähigkeit eindeutig ist, wird die Kasse ein Gutachten ablehnen. Sie ist aber unter bestimmten Voraussetzungen verpflichtet, eine gutachtliche Stellungnahme des Medizinischen Diensts einzuholen, etwa, wenn der Arbeitnehmer auffällig häufig oder besonders oft nur für kurze Zeit oder zu speziellen Zeiten (Anfang/Ende der Woche) arbeitsunfähig ist. Der Nachteil: Meist dauert es einige Tage, bis der Mitarbeiter geladen wird. Feiert dieser nur einige wenige Tage krank, ist dieses Vorgehen wenig erfolgversprechend.
Kann der Arbeitgeber ein Attest anzweifeln?
Grundsätzlich gilt: Bis spätestens am dritten Tag der Krankheit ist ein ärztliches Attest vorzulegen. Der Chef kann die Bescheinigung aber mit der Begründung zurückweisen, dass es sich um eine Gefälligkeitsbescheinigung handele. Die Reaktion darauf kann von einer eine Abmahnung bis zur Kündigung reichen. Allerdings können Sie die Arbeitsunfähigkeit nicht einfach aus dem Bauch heraus anzweifeln. Es braucht „ernsthafte und begründete Zweifel” an der attestierten Arbeitsunfähigkeit. Das kann in diesen Fällen sein:
- Der Mitarbeiter kommt der Aufforderung nicht nach, sich durch den Medizinischen Dienst begutachten zu lassen.
- Der Mitarbeiter kündigt das Krankfeiern quasi an – nach einer Auseinandersetzung mit dem Arbeitgeber oder nach dessen Weigerung, Urlaub zum gewünschten Termin zu gewähren (“Dann bin ich eben ab morgen krank!”).
- Der Mitarbeiter ist auffallend häufig vor oder nach dem Urlaub krank.
- Der Mitarbeiter wird während der Krankschreibung bei einer Tätigkeit beobachtet, die von einem Kranken nicht erwartet wird, etwa bei der Arbeit auf einer Baustelle oder bei übermäßigem Alkohol- und Nikotingenuss auf nächtlichen Kneipentouren. Beispielsweise wurde einem krankgeschriebenen Arbeitnehmer gekündigt, der nachts als DJ arbeitete (Arbeitsgericht Köln, Aktenzeichen CA 4192/13).
- Die Krankschreibung selbst wirft Fragen auf. Etwa weil der Arbeitnehmer für mehr als drei Tage rückwirkend krankgeschrieben wurde (Landesarbeitsgericht Köln, Aktenzeichen 4 Sa 588/03).
- Der Arzt hat die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ausgestellt, ohne den Patienten vorher zu untersuchen.
Wie weit darf der Arbeitgeber bei Verdacht auf Krankfeiern gehen?
Sie können versuchen, selbst Informationen über einen Mitarbeiter einzuholen, wenn sie einen Verdacht auf Blaumachen haben. Das heißt, Sie können dem Mitarbeiter selbst hinterherfahren und schauen, was er den ganzen Tag macht. Sie müssen dabei seine Privatsphäre wahren, also keine Videos oder Fotos machen. Sie dürfen allerdings unter Umständen soziale Netzwerke überprüfen, wie zum Beispiel die Facebook-Seite des Mitarbeiters.
Welche Sanktionen gibt es fürs Krankfeiern?
Legt Ihr Mitarbeiter kein ärztliches Attest vor, können Sie die Entgeltfortzahlung zunächst verweigern. Bei wiederholten Verstößen gegen diese Nachweispflichten können Sie zunächst abmahnen und dann verhaltensbedingt kündigen. Unter Umständen haben Sie sogar einen Schadenersatzanspruch gegen den Mitarbeiter, wenn Sie nicht rechtzeitig umdisponieren können. Reicht der Arbeitnehmer aber die notwendigen Informationen zur Krankheit nach, liegt keine Pflichtverletzung mehr vor und das Leistungsverweigerungsrecht erlischt rückwirkend. Die zunächst verweigerte Entgeltzahlung muss der Arbeitgeber dann nachholen.
Gelingt der Nachweis, dass der Mitarbeiter seine Arbeitsunfähigkeit nur vorgetäuscht und damit blaugemacht hat, kann er das Arbeitsverhältnis kündigen, und zwar fristlos – auch ohne vorherige Abmahnung. Arbeitnehmer, die krankfeiern und sich dadurch ungerechtfertigt die Entgeltfortzahlung verschaffen, begehen außerdem einen strafrechtlich relevanten Betrug zu Lasten des Arbeitgebers.
Was tun bei Arbeitsunfähigkeit wegen Alkohol?
Verursacht der Arbeitnehmer einen Verkehrsunfall, weil er mit Alkohol im Blut gefahren ist, hat er leichtfertig seine Arbeitsfähigkeit aufs Spiel gesetzt. Erfahren Sie davon haben Sie das Recht, die Lohnfortzahlung zu verweigern. Das gilt übrigens auch, wenn sich der Kollege durch eigenes Überschätzen beim Sport verletzt oder er fahrlässig zu schnell gefahren ist und dadurch einen Unfall baut und im Betrieb länger ausfällt.