Richtig kommunizieren: Nie mehr sprachlos auf der Baustelle
Krisengespräch auf der Baustelle und die Bauleiterin oder Planerin wird empfangen mit „Was wollen Sie denn hier?“ oder „Sie sind ja eine Frau, wer soll denn jetzt entscheiden?“ Leider auch 2023 keine Seltenheit. Wie man der Situation richtig begegnet und welche Spielregeln man beherrschen sollte, erklärt Kommunikationsexpertin Gabriele Strodl-Sollak.
Man wird in Gesprächsrunden nicht gehört oder hat Schwierigkeiten, sich durchzusetzen, die eigene Kompetenz wird angezweifelt, man wird schon mit Vorbehalten empfangen – Probleme, die gerade Frauen (aber nicht nur) auf der Baustelle bzw. in der Baubranche häufig begegnen. Wie schafft man es, zu Wort zu kommen und gehört zu werden, die eigene Position durchzusetzen – auf Augenhöhe? Kommunikationstrainerin Gabriele Strodl-Sollak hat dafür praktische Tipps in ihrer Werkzeugkiste.
Vertikale vs. horizontale Kommunikation
Angelehnt an das Kommunikationsmodell der Sprachwissenschaftlerin Deborah Tannen unterscheidet Gabriele Strodl-Sollak zwei Sprachebenen, die vertikale und die horizontale.
Bei der vertikalen Kommunikation steht eine Hierarchie im Hintergrund, es geht um unterschiedlichen Rang, Territorium und Revier, darum, sich durchzusetzen und seine Aussage/Meinung zu platzieren. Bei der horizontalen Kommunikation hingegen, die z.B. innerhalb eines Teams von Gleichgestellten vorherrscht, geht es ums Dazugehören und das Feststellen dieser Gleichrangigkeit – jede Stimme hat dasselbe Gewicht.
Als Kommunizierender ist es essenziell zu wissen, auf welcher Sprachebene man sich in der Situation befindet und ihr angemessen zu agieren. In einer Situation vertikaler Kommunikation wird sich ein horizontal Sprechender nicht durchsetzen können. Im Gegenteil - man legt ihm oder ihr seine Art zu kommunizieren als Schwäche aus und seine Position/sein Anliegen wird kein Gehör finden.
Nonverbale Kommunikation
Die Kommunikation über Mimik, Gestik und die Positionierung im Raum ist der erste und wichtigste Kanal eines Gesprächs. Beispiel: Sie sitzen am Schreibtisch im Büro und ein Kunde kommt herein, bleibt stehen und spricht von oben herab. Dann ist es wichtig, gleich aufzustehen und so Augenhöhe herzustellen. Steuern Sie den Raum, in dem Sie sich befinden, etwa indem Sie den Kunden bitten, Platz zu nehmen.
Dann ist es wichtig, auch körperlich präsent zu sein. Achten Sie auf Ihre Körperhaltung, sorgen Sie für einen guten Stand, Hände und Arme sind dabei in der Mitte des Oberkörpers, der Kopf gerade. Bei Rückfragen oder beim Zuhören fällt man oft in einen einbeinigen Stand, was als nicht mehr so kraftvoll wahrgenommen wird.
In größeren Runden konzentriert sich die Aufmerksamkeit oft auf ein „Alphatier“, seine Reaktion steht im Zentrum, auch wenn ein anderer spricht. Hier kann man sich Bewegung zunutze machen. „Wo die Bewegung ist, ist die Aufmerksamkeit“, so Gabriele Strodl-Sollak. Also die Körperhaltung ändern, nach vorne beugen, offensiv jemandem zuwenden und dann direkt den „Hierarchen“ adressieren. Am besten, indem man zuerst mit der eigenen Funktion beginnt, z.B. „Als Architektin befürworte ich/schlage ich vor/ist wichtig, dass wir ….“ .
High Talk oder Basic Talk? Eskalationsstufen im vertikalen Konflikt
Unter Basic Talk versteht man eine einfache Kommunikation auf einer Art Statement-Ebene. Beispiel: Auf der Baustelle ist ein Problem aufgetreten, die Baubeteiligten kommen zusammen, um es zu lösen, Verantwortlichkeiten zuzuweisen und nächste Schritte festzulegen. In einer solchen Konfliktsituation rät Strodl-Sollak zuerst einmal zu analysieren, auf welcher Stufe gerade gesprochen wird. Wird man zum Beispiel angegangen mit Sätzen wie „Das funktioniert doch nicht“, kann man mit einem einfachen „Das funktioniert.“ kontern und bleibt somit auf derselben Sprachebene anstatt sich in Argumenten zu verlieren. Basic Talk heißt in einer solchen Situation maximal 10 Wörter. So könnte man z.B. noch ein „Wir haben das berechnet“ oder „Wir haben uns das im Team überlegt“ hinzufügen.
Setzt sich die Unterhaltung nun im High Talk fort, heißt das, auch der „Angreifer“ muss aus seiner Reserve kommen und argumentieren, warum denn „das nicht funktioniert“ und die Diskussion beginnt. Hierfür hat Gabriele Strodl-Sollak fünf gute Tipps zusammengestellt.
5 Tipps für gelungene Kommunikation
Nutzen Sie image-hebende Nebensätze wie „Das Problem hatten wir auch schon auf Baustelle XY, da haben wir mit dieser Lösung gute Erfahrungen gemacht..“ und platzieren Sie dann Ihren Vorschlag.
Stellen Sie einen Wissensvorsprung her, indem Sie sich auf vorangegangene Projekte berufen. „Beim letzten Projekt hatten wir eine ähnlich Herausforderungen…“ „Beim Projekt XY sind wir damals so vorgegangen…“
Holen Sie sich Ihr Team an die Seite: „Ich habe mich mit XY zusammengesetzt und wir haben uns das angeschaut.“ Oder „Mein Team hat sich das angeschaut und …“. Es gilt: Je mehr Menschen, desto mehr Gewicht.
Vermeiden Sie unbedachte Selbstherabwürdigung: Klassisches Beispiel ist der Satz „Könnte ich dazu vielleicht noch kurz etwas sagen?“. Höflich gemeint, beinhaltet er bei genauem Hinschauen zum einen: Man bittet um Erlaubnis, stellt sich also auf einen niederen Rang, was das Recht, sich zu äußern angeht. Zum anderen bedeuten die Worte „Kurz“ und „vielleicht“ in den Ohren der anderen „Ist nicht wichtig“.
Entschuldigen Sie sich nicht so oft. Gerade Frau tendieren zu „Dauerentschuldigungen“, d.h. Sätzen wie „Entschuldigung, darf ich kurz stören?“, „Tut mir leid, die Verbindung war gerade sehr schlecht…“. Damit verliert man beim Gegenüber ungewollt an Status. Entschuldigen Sie sich nur, wenn Sie wirklich etwas vermasselt haben! Dass Sie mit der Entschuldigung die Verantwortung dafür übernehmen, wird wiederum gewertschätzt.
Workshop: Nie mehr sprachlos auf der Baustelle
Wie man bzw. frau in Alltagssituationen gehört, respektiert und ernst genommen wird, vermittelt Gabriele Strodl-Sollak in einem Workshop bei Zillmer Seminare am 15. November 2023. Den Workshop gibt es für Frauen von 9 bis 12 Uhr, und für Frauen und Männer in einer gemischten Gruppe von 14 bis 17 Uhr.
Mehr Informationen hierzu finden Sie unter
https://www.zillmer-seminare.de/nie-mehr-sprachlos-auf-der-baustelle
Es gibt außerdem die Möglichkeit, sich schon vorher mit Zillmer Seminare in Verbindung zu setzen, wenn man gerne eine konkrete Situation besprechen möchte. Schreiben Sie an info@zillmer-seminare.de.
Über Gabriele Strodl-Sollak
Gabriele Strodl-Sollak ist Kommunikationstrainerin, systemische OE, Autorin und Leadership-Coach mit Verve für Gender & Cultural Diversity. Vor Gründung von Sollak Kommunikationsarchitekten, war sie Führungskraft in den USA und Russland sowie PR-Beraterin in einer Wiener Top-Agentur.
Mit ihrem Leadershipprogramm „Boost-Club“ begeistert sie weibliche Fach- und Führungskräfte über sich hinauszuwachsen und auf einem völlig neuen Level zu arbeiten. Wie Frauen Changemakerinnen werden, schreibt sie als Autorin in ‚Boost your career, Sister!‘ www.boostyourcareersister.com.
Wir sprachen mit ihr im Rahmen unserer Podcast-Produktion gemeinsam mit dem Bauimpulse-Podcast von Achim Maisenbacher.
Hören Sie dazu auch unsere gemeinsame Folge des Bauimpulse-Podcasts!
Achim Maisenbacher von MemoMeister und haustec-Chefredakteurin Andrea Bauer im Gespräch mit der Kommunikationsexpertin und Trainerin Gabriele Strodl-Sollak. https://bauimpulse.podigee.io/290923-frauen-auf-der-baustelle