Corona-Hilfen: Wann müssen Sie mit einer Rückzahlung rechnen?
„Wir lassen niemanden allein!“ Das versprach Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier, als er im März 2020 das 50-Milliarden-Hilfspaket für coronagebeutelte Kleinstunternehmen und Soloselbstständige präsentierte. Darunter fallen zum Beispiel viele Einmann-Betriebe oder auch Betriebe mit einem Umsatz von weniger als 22.000 Euro im laufenden Jahr. Finanzminister Olaf Scholz betonte zudem: „Wir geben einen Zuschuss, es geht nicht um einen Kredit.“ Es müsse also nichts zurückgezahlt werden.
Doch diese vollmundigen Versprechen sind wohl so nicht mehr haltbar. Denn den zahlreichen Empfängern drohen nun doch Rückzahlungen, wenn nicht sogar Strafen. Warum ist das so? Und was können Sie tun, wenn Sie betroffen sind?
Viele Länder, viele Sitten
So stellte sich die Situation Ende März dar: Die Corona-Soforthilfen konnten in allen Bundesländern schnell und unkompliziert beantragt werden. Sie wurden sogar recht schnell, oft binnen einiger Tage, ausgezahlt. Doch die Voraussetzungen der einzelnen Bundesländer hätten – dank des föderalistischen Systems in Deutschland – unterschiedlicher nicht sein können.
Nicht nur die maximal mögliche Höhe der Soforthilfe unterschied sich von Bundesland zu Bundesland. So konnten Betriebe in Sachsen bis zu 100.000 Euro beantragen, während es in Berlin nur 5.000 Euro waren. Auch die Förderkriterien unterschieden sich massiv: Wurde die Landesförderung mit der Bundeshilfe kumuliert? Welche Mitarbeitergrenzen galt es einzuhalten?
Beispielsweise wurde in Niedersachsen die Landeshilfe mit der Bundeshilfe verrechnet. Allerdings änderte die mit der Auszahlung beauftragte N-Bank während der Antragszeit die Kriterien mehr als einmal geändert. Auch in Nordrhein-Westfalen gab es Verwirrung um die Förderbedingungen
In Baden-Württemberg durften Kosten der privaten Lebenshaltung bis 1.180 Euro in den Bedarf eingerechnet werden, während in Bayern nur laufende Kosten wie Büromiete, Telefon oder sonstige Betriebskosten angerechnet wurden. In Sachsen war eine Übernahme des Verdienstausfalls bei Tätigkeitsverbot möglich.
Sind alle Antragsteller Subventionsbetrüger?
So könnte sich ein Großteil der bundesweit rund 2,3 Millionen Antragsteller aus Unwissenheit des Subventionsbetrugs schuldig gemacht. Und das ist keine Kleinigkeit: Immerhin ist das ein Straftatbestand.
Die Vorfälle könnte sich in dieser Hinsicht summieren: Bislang wurden etwa 15 Milliarden Euro ausgezahlt. Dabei liegt die durchschnittliche Fördersumme in Baden-Württemberg bei etwa 9.000 Euro, in Thüringen sind es 6.000 Euro.
„Zum Zeitpunkt der Beantragung der Soforthilfe wusste niemand, wie lange der Lockdown anhalten würde“, erklärt Handwerkspräsident Hans Peter Wollseifer im Handelsblatt. Viele Betriebe hätten daher vorsichtshalber den Bedarf für die komplette Förderperiode von drei Monaten beantragt. Viele hatten keine Ahnung davon, dass sie unter Umständen den gesamten Zuschuss wieder zurückzahlen müssen, wenn zum Beispiel im dritten Monat der Umsatz wieder über den Betriebskosten lag.
Die Folge: Die Steuerberatung Bittrich & Bittrich aus Lüneburg rechnet damit, dass vermutlich 90 Prozent der Antragsteller ihren Zuschuss zu Unrecht erhalten haben und zurückzahlen müssen.
NRW startet Rückzahlaktion
Nordrhein-Westfalen hat jetzt als erstes Bundesland ein sogenanntes Rückzahlverfahren eingeleitet. Die Behörden hatten mehr als 430.000 Anträge genehmigt und 4,5 Milliarden Euro ausgezahlt – ohne große Prüfung. Die soll jetzt kommen.
Das Land holt von den Empfängern Auskünfte über ihren tatsächlichen Finanzbedarf ein und verlangt die Rücküberweisung zu viel gezahlter Gelder. Nach einer Überarbeitung der Abrechnungsmöglichkeiten sind nun auch Personalkosten anrechenbar. Auch gestundete Mieten und Zinsen werden berücksichtigt.
Andere Bundesländer überlassen es den Finanzämtern, diese Prüfung im Rahmen der Steuererklärung durchzuführen.
Freiwillige Rückzahlung der Corona-Soforthilfe - so geht's
Unternehmen, die Soforthilfe vorauseilend beantragt und erhalten haben, im Nachhinein aber doch ausreichend Umsatz gemacht haben, zahlen die Subvention mittlerweile immer häufiger freiwillig zurück. Die Investitionsbank Berlin hat von den bis Ende April ausgezahlten 1,7 Milliarden Euro an Corona-Zuschüssen bereits 20 Millionen Euro von 2.700 Antragstellern zurück erhalten. Auch in anderen Bundesländern gehen immer mehr Rückzahlungen der Corona-Soforthilfe ein.
Das hat einen handfesten Grund: Wenn Land oder Bund das Geld bei einer Überprüfung zurückfordert, können noch Zinsen auf den Betrag geschlagen werden. Für viele spielen auch moralische und ethische Gründe eine Rolle: Sie sind besser über die Runden gekommen als vermutet und zahlen den Zuschuss zurück. Andere haben beantragtes Geld mehrfach erhalten oder haben Angst vor strafrechtlichen Konsequenzen, weil sie wissentlich falsche Angaben gemacht haben. Die Liste ist lang.
Dabei ist eine Rückzahlung – auch von Teilbeträgen – formlos jederzeit möglich, so der Rechtsversicherer Advocard. Betriebe überweisen einfach den zu viel gezahlten Betrag auf das Konto, von dem sie das Geld erhalten haben. Wichtig: Der Verwendungszweck muss eine eindeutige Zuordnung ermöglichen. Sie sollten die Nummer des Bescheids, dessen Datum, sowie das Stichwort „Rückzahlung“, „Rückläufer“ oder „Teilerstattung“ nennen.