Private oder gesetzliche Krankenversicherung für Handwerker?
Hierzulande haben Selbstständige und Arbeitnehmer über einer bestimmten Gehaltsgrenze die Wahl: private Krankenversicherung (PKV) oder gesetzliche Krankenversicherung (GKV). Die Entscheidung für das eine oder das andere System ist nicht einfach und hat weitreichende Folgen – oft für den Rest des Lebens.
PKV und GKV: Gemeinsamkeiten und Unterschiede
Die gesetzliche Krankenversicherung ist ein Solidarsystem. Hier werden alle Versicherten gleich behandelt und erhalten den gleichen Schutz. Das ist unabhängig davon, wie viel sie einzahlen. Kleine Unterschiede existieren, etwa beim Zusatzbeitrag oder bei der Kostenübernahme gewisser Leistungen, wie zum Beispiel Osteopathie. Es gibt keine Tarifwahl. Beim Arztbesuch geben Versicherte ihre Gesundheitskarte ab, über die die Abrechnung der ärztlichen Leistung läuft. Zudem erhalten Ärzte für gesetzlich Versicherte nur ein pauschales Honorar.
Die privaten Krankenversicherer arbeiten unternehmerisch. Sie bieten jungen Selbstständigen günstige Konditionen, die meist unter dem der GKV liegen. Auch gibt es eine Tarifauswahl, die unterschiedliche Leistungen bietet – vom günstigen Basistarif, der dem Umfang in der GKV entspricht, bis zum teuren All-inclusive-Paket. Auch gibt es Tarife mit und ohne Selbstbehalt. Privatversicherten stellt der Arzt eine persönliche Rechnung aus. Diese fällt höher aus als die in der GKV, denn sie ist abhängig vom Zeitaufwand und der Schwierigkeit. Diese Kosten muss der Patient selbst begleichen, holt sich den Betrag anschließend – je nach Tarif komplett oder anteilig – von der Versicherung wieder zurück. Verweigert die Krankenkasse die Kostenübernahme, bleibt der Patient darauf sitzen.
Vorteile und Nachteile der privaten Krankenversicherung
Die Leistungen der PKV ergeben sich aus dem jeweils gewählten Tarif und sind nicht einheitlich. Die Leistungen lassen sich – je nach Bedarf – in Paketen oder Bausteinen zusammenstellen. Im Folgenden finden Sie eine Auflistung einiger Punkte:
+ freie Arztwahl zwischen Ärzten mit und ohne Kassenzulassung
+ meist vollständige Kostenerstattung aller Arzneimittel
+ freie Krankenhauswahl, also auch reine Privatkliniken (je nach Tarif)
+ keine Zuzahlung bei Klinikaufenthalten
+ keine Beschränkung auf Grundversorgung bei Zahnarztbehandlung und Zahnersatz
+ oft schnellere Termine
+ durch Rechnung sind die Behandlungskosten transparent
- Vertragsabschluss meist nur mit Gesundheitsprüfung (ebenso beim Tarifwechsel)
- höherer Beitragssatz bei vielen Vorerkrankungen (z.B. Allergien, Psychotherapien)
- Psychotherapie muss explizit mitversichert werden
- Krankengeld muss explizit mitversichert werden, kein Krankengeld für Kinder
- keine beitragsfreie Elternzeit
- keine Möglichkeit, Familienmitglieder beitragsfrei mitzuversichern
- Bürokratie durch Einsendung der Arztrechnung für die Kostenerstattung
- Wechsel innerhalb des PKV-Systems nicht ohne weiteres möglich
- Im Rentenalter hohe Beiträge
- Wechsel in die GKV grundsätzlich nicht möglich, nur unter bestimmten Voraussetzungen (unter 55 Jahren, geringeres Gehalt, Aufgabe d. Selbstständigkeit)
Vorteile und Nachteile der gesetzlichen Versicherung
Die Leistungen der einzelnen Krankenkassen der GKV unterscheiden sich nur minimal. Im Folgenden finden Sie die wichtigsten Merkmale aufgelistet:
+ Beitrag abhängig vom Einkommen, nicht von Vorerkrankungen
+ Krankengeld bei langer Krankheit, auch bei krankem Kind
+ Mutterschaftsgeld (13 Euro/Tag)
+ beitragsfreie Mitversicherung von Kind und/oder Ehegatte möglich
+ Psychotherapie ist Pflichtleistung
+ Krankenkassenwechsel problemlos möglich
- nur Wahl von Ärzten mit Kassenzulassung möglich
- beim Zahnarzt nur Grundversorgung
- oft längere Wartezeiten auf einen Termin als in der PKV
- intransparente Kosten durch Abrechnung über die Gesundheitskarte
- Zuzahlung bei rezeptpflichtigen Medikamenten, keine Kostenübernahme rezeptfreier Verschreibungen
- Chefarztbehandlung und Einzelzimmer im Krankenhaus nur mit Zusatzversicherung
Ändern sich die Leistungen der Versicherungen?
Der Leistungskatalog der GKV wird in regelmäßigen Abständen immer wieder angepasst. Darüber entscheidet der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA). Beispielsweise wurden früher auch rezeptfreie Medikamente gezahlt oder Zuschüsse für Brillen. Auch waren die Zuschüsse zum Zahnersatz früher höher. Der Leistungsumfang ist also nicht garantiert und nimmt tendenziell eher ab als zu.
Mit einer PKV schließen Arbeitnehmende und Selbstständige einen Vertrag. Das heißt: Vereinbarte Leistungen kann das Versicherungsunternehmen nicht im Nachhinein streichen. Im Gegenzug kommen aber auch keine neuen hinzu – unter Umständen betrifft das auch Leistungen, die durch medizinischen Fortschritt erst möglich werden.
Für wen ist die private Krankenversicherung geeignet?
Nicht jeder, der möchte, darf eine private Krankenversicherung abschließen. Angestellte müssen mindestens 69.300 Euro brutto pro Jahr (Stand 2024) verdienen. Wie Beamte dürfen sich auch Selbstständige unabhängig von ihrem Einkommen privat krankenversichern. Der Beitrag ist abhängig vom gewählten Tarif, nicht vom Einkommen.
Generell ist die PKV für junge, gesunde und gutverdienende Einzelpersonen sehr attraktiv. Die Beiträge sind dann noch gering und (bei Angestellten) zahlt der Arbeitgeber einen Zuschuss. Das bleibt jedoch nicht so: Privat Versicherte müssen mit regelmäßig steigenden Beiträgen rechnen. So hat die Stiftung Warentest 2019 die Faustformel herausgegeben, dass Versicherte, die mit 35 Jahren in die PKV eintreten, bis zum Rentenalter mit dem dreifachen Betrag rechnen sollten. Im Gegensatz zu Angestellten müssen Selbstständige (und Rentner!) ihre Beiträge immer komplett selbst zahlen.
Der Wechsel zwischen unterschiedlichen Privatkassen ist nicht einfach, da eine PKV Rücklagen aufbaut, die Versicherungsnehmer nicht in die neue Versicherung mitnehmen können. Wer also im höheren Alter wechselt, muss eine erneute Gesundheitsprüfung durchlaufen und zahlt mehr.
Für Familien wird es in der privaten KV teuer, da jedes Mitglied einen eigenen Vertrag abschließen muss. Für diesen muss es Gesundheitsfragen beantworten. Bestimmte Diagnosen wie Diabetes, Krebs, Rückenprobleme oder psychische Erkrankungen sind für Versicherer häufig komplette Ausschlusskriterien. Im besten Fall werden diese Vorerkrankungen nicht mitversichert oder mit hohen Risikozuschlägen.
Für wen ist die gesetzliche Krankenversicherung geeignet?
In eine gesetzliche Kasse darf jeder. Angestellte erhalten einen hälftigen Zuschuss vom Arbeitgeber. Hier bemisst sich der Krankenkassenbeitrag nach dem Einkommen.
Die GKV hat einen Höchstbetrag, dieser liegt bei 755,55 pro Monat (Stand 2024) und ergibt sich aus der Beitragsbemessungsgrenze von 62.100 Euro pro Jahr bzw. 5.175 Euro Monat und dem allgemeinen Beitragssatz von 14,6 Prozent (Stand 2024). Das heißt: Alle Einkünfte aus Arbeit und (Betriebs-)renten – bei freiwillig Versicherten auch aus Vermietung und Verpachtung sowie Kapitaleinkünfte – werden zusammengerechnet und zur Berechnung des Beitragssatzes herangezogen. Hinzu kommt in den meisten Fällen noch ein Zusatzbeitrag der gesetzlichen Kasse, der 2024 im Durchschnitt bei etwa 1,7 Prozent liegt. Allerdings: Wer mehr als 66.100 Euro verdient, zahlt keinen höheren Beitrag!
Gutverdienende und alleinstehende Selbstständige müssen diesen Betrag vollständig allein aufbringen, weshalb die GKV für sie meist nicht attraktiv ist. Sie haben zwar die Möglichkeit, den ermäßigten Beitragssatz von 14 Prozent zu wählen, zahlen aber immer noch bis zu 724,5 Euro (plus Zusatzbeitrag) und erhalten in dem Fall auch kein Krankengeld.
Interessanter wird es jedoch mit Familie, da Kinder und Ehepartner – diese nur bis zu einer gewissen Einkommensgrenze – kostenfrei in der gesetzlichen Krankenkasse mitversichert werden können in der sogenannten Familienversicherung.
Auch für Personen mit Vorerkrankungen ist die gesetzliche Krankenversicherung in der Regel attraktiver. Denn in der PKV werden diese Krankheiten aus der Versicherung herausgenommen.
Für Selbstständige mit einem geringen Einkommen ist die Versicherung in einer gesetzlichen Kasse günstiger geworden. Der Mindestbeitrag ist auf 158,43 Euro pro Monat gesunken (plus Zusatzbeitrag). Allerdings ist hier kein Krankengeldanspruch enthalten. Den gibt es für 165,22 Euro (plus Zusatzbeitrag). Wichtig auch: Diese Entscheidungsmöglichkeit haben Selbstständige nur bei der Gründung.
Aus der privaten in die gesetzliche Krankenversicherung wechseln?
Wer aus der gesetzlichen in eine private Krankenkasse wechseln will, muss als Angestellter entweder mehr als 69.300 Euro verdienen oder selbstständig sein.
Andersherum ist es etwas schwieriger. Wer sich in jungen und gesunden Jahren privat versichert hat und zurück ins gesetzliche System will, muss einige Voraussetzungen erfüllen:
- Altersgrenze: Wer wechseln will darf seinen 55. Geburtstag noch nicht gefeiert haben.
- Gehaltsgrenze: Angestellte dürfen nicht mehr als 69.300 Euro brutto verdienen. Wer bis zum 31.12.2022 privat versichert war, für den gilt eine Grenze von 62.100 Euro.
- Selbstständige dürfen gar nicht von der PKV in die GKV wechseln, sie müssen erst versicherungspflichtig werden, etwa durch Arbeitslosigkeit oder eine angestellte Tätigkeit.