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Pflicht zur barrierefreien Webseite: Das müssen Handwerksbetriebe beachten

Dörte Neitzel

Sie beschäftigen mehr als zehn Mitarbeiter oder machen mehr als zwei Millionen Euro Umsatz im Jahr? Dann sollten Sie sich Ihre Webseite genau ansehen. Ist diese barrierefrei? Dann können Sie sich zurücklehnen. Falls nicht, wartet Arbeit auf Sie. 

Denn nach dem Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG) müssen Webseiten, Online-Shops, Apps, Online-Buchungsdienste – auch für Termine - und zahlreiche andere Anwendungen im Internet ab dem 28. Juni 2025 barrierefrei sein. Deutschland setzt so den 2019 beschlossenen Accessibility Act der Europäischen Union um. 

Wann ist eine Webseite „barrierefrei“?

Nach § 3 Absatz 1 BSFG ist eine Webseite barrierefrei, wenn „sie für Menschen mit Behinderung in der allgemein üblichen Weise, ohne besondere Erschwernis und grundsätzlich ohne fremde Hilfe auffindbar, zugänglich und nutzbar“ ist. Eindeutiger wird das Gesetz nicht. Allerdings hat das Bundesministerium für Arbeit und Soziales die Anforderungen an barrierefreie Webseiten und Dienstleistungen im Juni 2022 in der „Verordnung über die Barrierefreiheitsanforderungen für Produkte und Dienstleistungen nach dem Barrierefreiheitsstärkungsgesetz“ genauer beschrieben. 

Wirklich weiter hilft das allerdings auch nicht. Denn darin steht in § 4 nur, dass im Netz angebotene Informationen über mehr als einen sensorischen Kanal, in „verständlicher Weise“ sowie so präsentiert werden müssen, dass Verbraucher die Inhalte „wahrnehmen“ können. Die Schrift müsse von „angemessener Größe“ und der Kontrast „ausreichend“ sein. Das gilt auch für die Abstände zwischen den Buchstaben, Zeilen und Absätzen. Kaum jemand wird nach dieser Lektüre sagen: „Alles klar!“

Was gemeint ist, versteht erst, wer außer der Verordnung auch die „Barrierefreie-Informationstechnik-Verordnung“ (BITV 2.0) liest. Sie regelt, wie Behörden und Ministerien ihre Webseiten gestalten müssen, damit diese barrierefrei sind. In § 3 Absatz 2 legt sie fest, dass dies dann der Fall ist, wenn der Online-Auftritt Normen erfüllt, die im Amtsblatt der EU genannt werden – sie also beispielsweise der EN 301 549 oder den „Web Content Accessibility Guidelines 2.1“ des World Wide Web Consortiums entsprechen.

Das sind die Anforderungen an barrierefreie Online-Auftritte

Diese definieren für barrierefreie Webseiten folgende Mindestanforderungen:

  • Die Schriftgröße muss wenigstens 16 Pixel betragen.
  • Zeilen dürfen maximal 80 Zeichen lang sein.
  • Der Zeilenabstand soll das 1,5-fache der Zeilenhöhe betragen.
  • Um ausreichend Kontrast zu erzeugen, muss die Schrift wenigstens 4,5 mal dunkler sein als der Hintergrund.
  • Klickflächen müssen mindestens 44 x 44 Pixel groß sein. Nur so können sie Menschen mit motorischen Einschränkungen mit der Tastatur oder mit den Augen gesteuerten Eingabesystemen bedienen.

Damit sich Personen mit kognitiven Einschränkungen oder Lernbehinderungen orientieren können, muss das Layout der Seite außerdem einfach, logisch und auf jeder Unterseite einheitlich aufgebaut sein. Inhalte sollten in leicht zu verstehender Sprache geschrieben sein.

Barrierefreiheit ist kein ‚nice to have’

All das ist keine bürokratische Schikane. Denn „Barrierefreiheit ist kein nice to have oder der Wunsch einer kleinen Gruppe“, stellt der Beauftrage der Bundesregierung für die Belange der Menschen mit Behinderung klar. Der Zugang zu Informationen in einem barrierefreien Internet sei vielmehr ein Menschenrecht. Das steht im Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen. 

Entsprechend streng werden daher künftig Verstöße gegen das BFSG geahndet. Wer es verletzt, muss mit einem Bußgeld bis zu 100.000 Euro rechnen. Außerdem kann die zuständige Marktüberwachungsbehörde anordnen, dass eine Webseite vom Netz genommen wird, wenn sie nicht barrierefrei ist, und entsprechende Mängel auch nach einer amtlichen Mahnung nicht beseitigt werden. Zudem können betroffene Einzelpersonen und Verbände Unternehmen verklagen, wenn diese gegen das BFSG verstoßen. Da Verbände das für Anwälte und Gebühren eingesetzte Geld im Fall eines Verlustes der Klage leichter verschmerzen können, stärkt der Gesetzgeber mit dem Verbandsklagerecht Menschen, deren Rechte er mit dem BFSG schützt.

Ruft das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz Abmahnkanzleien auf den Plan?

Damit müssen Unternehmen leben. Was nicht nötig wäre, ist, dass Abmahnvereine und -kanzleien künftig aus Verstößen gegen das BFSG Kapital schlagen. Das ist jedoch nicht auszuschließen. Denn § 3a des Gesetzes gegen unlauteren Wettbewerb erlaubt es Unternehmen, Mittbewerber abzumahnen, wenn diese eine Marktverhaltensregel verletzen „und der Verstoß geeignet ist, die Interessen von Verbrauchern spürbar zu beeinträchtigen.“ 

Das wird wohl der Fall sein, wenn Unternehmen gegen das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz verstoßen. Wenn Sie sich also doch nicht sicher sind, ob Ihre Webseite barrierefrei ist, sollten Sie das dringend überprüfen. Denn von einer Abmahnung profitieren vor allem unlautere Kanzleien.

Barrierefreiheit zahlt sich aus

Wenn Sie Ihren Auftritt im Netz indes so gestalten, dass Sie damit alle Menschen erreichen, haben Sie selbst und Ihre Kunden am meisten davon. Denn in Deutschland leben laut Statistischem Bundesamt 7,8 Millionen Menschen mit anerkannter Schwerbehinderung. Kein Unternehmen kann sich leisten, diese Kundengruppe zu vernachlässigen. 

Zudem wird die Bevölkerung immer älter. Auch „Silver Surfer“, ältere Besucher ihrer Webseite also, fühlen sich dort wohler, wenn diese barrierefreie ist. Vor allem aber tun das Suchmaschinen. Sie honorieren gut strukturierte Seiten mit leicht zugänglichen Inhalten, und machen diese einfacher findbar. Das führt zu mehr Besuchern und letztlich zu mehr Aufträgen. Barrierefreiheit zahlt sich also aus. Deshalb schauen Sie sich Ihren Webauftritt nochmal genau an. Es lohnt sich!

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