Gewerbe richtig abmelden: Das ist bei einer Betriebsaufgabe zu beachten
Die Gründe für eine Betriebsaufgabe sind vielfältig: Oft findet sich für einen Handwerksbetrieb kein Nachfolger, oder es sprechen gesundheitliche Gründe gegen eine Weiterführung. Manchmal ist es auch einfach nur eine Umorientierung, weil sich die Prioritäten im Leben verschoben haben. In jedem Fall müssen Gewerbetreibende einiges beachten, wenn sie ihr Gewerbe abmelden wollen oder müssen.
Gewerbe abmelden: Was ist eine Betriebsaufgabe?
Im juristischen Sinn liegt eine Betriebsaufgabe vor, wenn die betriebliche Tätigkeit endgültig eingestellt wird und der Betrieb aufhört am Wirtschaftsleben teilzunehmen. Dabei kann es sich um den kompletten Betrieb oder nur einen Teil davon handeln. Wichtig ist: Es werden weder Rechnungen gestellt noch besteht die Absicht, den Betrieb weiterzuführen.
Welche Unterschiede gibt es zwischen Betriebsaufgabe und Insolvenz?
Eine Geschäftssaufgabe heißt: Das Unternehmen wird aufgrund einer persönlichen und freien Entscheidung des Firmeninhabers abgemeldet. Dass diese Entscheidung von äußeren Faktoren oder Zwängen beeinflusst ist, spielt dabei keine Rolle. Alle Vermögenswerte gehen nach der Betriebsaufgabe ins Privatvermögen des Inhabers über.
Im Gegensatz dazu besteht bei einer Insolvenz die Absicht, das Geschäft fortzuführen. Zum Zeitpunkt der Insolvenz steckt der Betrieb in einer wirtschaftlichen Krise und ist zahlungsunfähig. Während des Insolvenzverfahrens werden die Schuldner bedient und ein Konzept erarbeitet, wie das Geschäft wieder auf tragfähige Füße gestellt werden kann.
Betriebsaufgabe schrittweise oder von heute auf morgen?
Da die Betriebsaufgabe geplant erfolgen kann, ermöglicht sie auch ein schrittweises Vorgehen. Das hat den Vorteil, das eventuelle Restaufträge abgewickelt werden können. Der Nachteil: Die Abwicklung über einen längeren Zeitraum hinweg wird nicht als steuerlich begünstigte Betriebsaufgabe behandelt. Hat der Betrieb viele Mitarbeiter, können sich auch arbeitsrechtliche Probleme ergeben.
Wann Mitarbeiter und Kunden über Betriebsaufgabe informieren?
Abhängig von der Frage, wann der Inhaber seinen Betrieb aufgibt, stellt sich die Frage, wann und in welcher Form Mitarbeiter, Kunden, Lieferanten, Banken und sonstige Geschäftspartner informiert werden. Wer die Nachricht zu früh lanciert, läuft Gefahr, dass Kunden abwandern. Auf der anderen Seite zwingen Arbeits-, Miet- oder Pachtverträge sowie Kredit- oder Lieferverträge dazu, Kündigungsfristen einzuhalten und die bevorstehende Betriebsaufgabe auf diese Weise mit zeitlichem Vorlauf bekannt zu geben. Die To-Do-Liste ist also lang.
Arbeitnehmer informieren
Beendet der Geschäftsinhaber die gewerbliche Tätigkeit zur Gänze, muss er seinen Mitarbeitern kündigen. Diese Betriebsaufgabe reicht als Kündigungsgrund aus. Wichtig ist, dass die Kündigungsfrist eingehalten wird und schriftlich mit eigenhändiger Unterschrift erfolgt. Achtung: Wird der Betrieb auch nur teilweise weitergeführt, handelt es sich um einen Betriebsübergang und die Kündigungen sind gegenstandslos.
Größere Betriebe mit mehr als 20 Mitarbeitern müssen der Agentur für Arbeit anzeigen, bevor sie innerhalt von 30 Tagen mehr als fünf Arbeitnehmer entlassen (§17 KSchG), denn das gilt als Massenentlassung.
Zwar dürfen Schwangere und Mitarbeiter in Elternzeit nicht gekündigt werden, jedoch stellt die Betriebsaufgabe eine Ausnahme dar. Allerdings muss die Geschäftsführung vor der Kündigung in einem solchen Fall das Gewerbeaufsichtsamt informieren.
Was passiert mit der betrieblichen Altersvorsorge der Mitarbeiter?
Zahlt der Handwerksbetrieb für einzelne oder alle Mitarbeiter eine betriebliche Altersversorgung, so gilt bei Betriebsaufgabe die gleiche Regelung wie bei einem vorzeitigen Ausscheiden des Mitarbeiters aus dem Unternehmen. Der Anspruch des Mitarbeiters verfällt nicht, wenn
- er zum Zeitpunkt des Ausscheidens das 30. Lebensjahr vollendet hat und
- die Versorgungszusage seit mindestens fünf Jahren besteht.
Dann können Mitarbeiter ihre betriebliche Altersversorgung, sofern es sich um eine Direktversicherung handelt, zum neuen Arbeitgeber mitnehmen.
Bei der Vielzahl von Modellen der betrieblichen Altersversorgung sollten Betriebsinhaber sich rechtzeitig durch einen Experten beraten lassen.
Urlaub und Zeugnisse für die Mitarbeiter
Mitarbeiter haben einen Anspruch darauf, ihren Resturlaub zu nehmen. Ist das nicht möglich, wird er ausgezahlt. Auch ein qualifiziertes Arbeitszeugnis gehört zum Gesamtpaket bei einer Betriebsaufgabe.
Verträge kündigen
Da Verträge nicht automatisch mit der Abmeldung des Gewerbes enden, ist hier ein Blick in die Vertragsunterlagen unerlässlich. Der Chef muss frühzeitig den Überblick bekommen über Laufzeiten und eventuelle (automatische) Verlängerungen.
Miet- und Pachtverträge: Beispielsweise ist eine Betriebsaufgabe kein wichtiger Grund, um eine Kündigung von Pachtverträgen mit einer fixen Laufzeit zu begründen. Ansonsten ist die Kündigungsfrist maßgeblich.
Ist keine Kündigungsfrist vereinbart, greift die gesetzliche Regelung. Bei Mietverträgen über Geschäftsräume heißt das: Die Kündigung muss spätestens am dritten Werktag eines Quartals zum Ablauf des nächsten Quartals erfolgen. Bei Pachtverträgen über Grundstücke oder ganze Betriebe ist kann der Pächter nur zum Ende eines Pachtjahres kündigen – und das spätestens am dritten Werktag des halben Jahres mit dessen Ablauf die Pacht enden soll.
Lieferverträge: Bestehen langfristige Verträge mit Lieferanten, sollte der Betriebsinhaber frühzeitig kündigen, um die Frist einzuhalten – sofern eine solche vereinbart wurde. Das gilt ebenso für Wartungsverträge.
Versicherungen: Alle betrieblichen Versicherungen wie Feuerversicherung, Versicherung gegen Betriebsunterbrechung oder Gebäude-/Elementarschadenversicherung sollte Sie rechtzeitig kündigen. Gleiches gilt für die Betriebshaftpflicht, denn die Betriebsaufgabe ist kein außerordentlicher Kündigungsgrund. Es empfiehlt sich aber, letztere noch „nachlaufen“ zu lassen, da Haftpflichtfälle auch nach der Betriebsaufgabe auftauchen können.
Lizenzen, Telefon und Co: Den Telekom- oder Internetvertrag oder auch Lizenzverträge für Buchhaltungssoftware müssen Geschäftsführer frühzeitig kündigen. Auch hier gilt: Fristen beachten, denn die Gewerbeabmeldung ist kein Sonderkündigungsgrund. Auch Energielieferanten, der Müllentsorger und der Wasserlieferant müssen frühzeitig Bescheid wissen. Geben Sie den Zählerstand beim Auszug durch und verlangen Sie eine Abschlussrechnung. Das Geschäftskonto sollten Sie erst auflösen, wenn auch die letzte Verbindlichkeit beglichen ist.
Gewährleistungsverpflichtungen: Bei einem Einzelunternehmen haftet der frühere Inhaber persönlich bis zum Ablauf der Gewährleistungsfrist seiner Produkte oder Dienstleistungen. Wenn der ehemalige Chef die Arbeiten wegen der Betriebsaufgabe nicht mehr selbst ausführen kann, muss er einen anderen Betrieb beauftragen. Bei einer GmbH muss der Betriebsinhaber diese Gewährleistungsverpflichtungen absichern, beispielsweise indem er Geld hinterlegt (sofern der Betrag bekannt ist) oder durch Bürgschaften. Tut er das nicht, haftet er im Fall des Falles persönlich. Bei einer OHG, KG oder Gesellschaft des bürgerlichen Rechts sind die noch nicht fälligen Verbindlichkeiten (also auch Gewährleistungsverpflichtungen) ebenfalls zurückzubehalten oder abzusichern.
Darlehen tilgen – oder auch nicht
Ein Unternehmer muss bei einer Betriebsaufgabe betrieblich veranlasste Verbindlichkeiten vorrangig tilgen. Reicht das veräußerte Vermögen dazu nicht aus, sind die Schuldzinsen des noch bestehenden betrieblichen Darlehens nachträgliche Betriebsausgaben. Übernimmt der Unternehmer aber zum Beispiel seinen ehemaligen Firmenwagen ins Privatvermögen, wandert auch das dazugehörige Darlehen mit in die Privatsphäre.
Darlehen sind jedoch nicht „einfach so“ zu kündigen und vollständig zu tilgen. In der Regel verlangt die Bank eine Vorfälligkeitsentschädigung für die vorzeitige Ablöse. Diese zählt zu den Kosten, die für die Veräußerung des Betriebsvermögens (bzw. der -verbindlichkeiten) anfallen und verringert damit direkt den Veräußerungsgewinn und automatisch die Steuerschuld.
Freibetrag und Steuersatz: Steuervorteile einer Betriebsaufgabe
Meldet der Betriebsinhaber sein Gewerbe ab, muss er den Veräußerungsgewinn ermitteln. Das passiert, indem der Zeitwert des Betriebsvermögens (durch Schätzung oder Verkauf) dem jeweiligen Buchwert gegenübergestellt wird. Bei Einzel- und Personengesellschaften unterliegt dieser Gewinn der Einkommensteuer (nicht aber der Gewerbesteuer). Ist der betriebsaufgebende Inhaber entweder über 55 Jahre alt oder berufsunfähig, erhält er einen einmaligen Freibetrag. Dieser beträgt laut §16 EstG 45.000 Euro. Er wird allerdings um den Betrag gekürzt, um den der entstandene Aufgabe- oder Veräußerungsgewinn den Betrag von 136.000 Euro übersteigt. Beträgt der Veräußerungsgewinn also 135.000 Euro, wird der Freibetrag komplett angerechnet und es sind nur 90.000 Euro zu versteuern. Erlöst der Inhaber jedoch 181.000 Euro, erhält er keinen Freibetrag mehr.
Auch der Steuersatz ist günstiger: Der Betriebsinhaber kann zwischen zwei Arten wählen.
- Ermäßigter Steuersatz: 56 Prozent des durchschnittlichen Steuersatzes, mindestens jedoch 14 Prozent. Die Anwendung ist aber beschränkt auf einen Veräußerungsgewinn von maximal fünf Millionen Euro.
- Fünftelregelung: Hier wird der Veräußerungsgewinn fiktiv über fünf Jahre verteilt und so die Progression geglättet.
Welche Wahl die günstigere ist, rechnet der Steuerberater aus, da das stark vom Einzelfall abhängt. Voraussetzung für diese Steuervorteile ist, dass die Betriebsaufgabe „am Stück“ erfolgt, also nicht ausgeschlichen wird.
Legt ein Handwerker seine Kapitalgesellschaft still, gelten andere Regelungen. Da diese weitaus komplexer sind, raten die Handwerkskammern regelmäßig dazu, sich auf jeden Fall die Expertise eines Steuerberaters einzuholen.
Wann ist der optimale Zeitpunkt zur Betriebsaufgabe?
Die meisten Betriebsaufgaben finden zu Jahresbeginn statt. Dann müssen im laufenden Jahr nicht der Veräußerungsgewinn und der Geschäftsgewinn gemeinsam versteuert werden – was die Steuerlast nach oben treibt.
Steuervorauszahlung anpassen
Zu guter Letzt heißt es noch, die Steuervorauszahlungen an die bevorstehende Betriebsschließung anzupassen. Das heißt: Mit Hilfe des Steuerberaters noch den Veräußerungsgewinn schätzen und die Zahlungen an das Finanzamt gegebenenfalls heruntersetzen lassen. Zum geplanten Zeitpunkt der Betriebsschließung sollte die Steuerbehörde dann keine Vorauszahlungen mehr fordern.
Gewerbe abmelden beim Gewerbeamt
Der letzte Gang ist dann noch der zum Gewerbeamt – der kann mittlerweile aber auch virtuell erfolgen. Dort gibt es spezielle Formulare zur Gewerbeabmeldung. Dieses muss der Noch-Unternehmensinhaber ausfüllen und absenden (online oder per Post). Oft sind zusätzlich noch folgende Unterlagen notwendig: Gewerbeschein, aktuelle Meldebestätigung, Personalausweis/Reisepass und ein Registerauszug.
Die Meldung an das Finanzamt, die Handelskammer oder Berufsgenossenschaft, übernimmt das Gewerbeamt automatisch. Allerdings ist die Gewerbeabmeldung nicht gleichbedeutend mit der Löschung im Handels-, Genossenschafts- oder Vereinsregister. Wer sein Unternehmen dort eingetragen hat, muss es mithilfe eines Notars wieder löschen.
Die Gewerbeabmeldung kann übrigens auch ein bevollmächtigter Dritter übernehmen – die Vollmacht dafür ist formlos möglich, sollte aber Namen, Unternehmensnamen, Zweck der Vollmacht und das Datum enthalten.