Berufskrankheiten & Co: Neue Regeln im Arbeitsschutz 2020
Der Deutsche Bundestag hat das 7. SGB IV-Änderungsgesetz beschlossen. Das Gesetz enthält auch Änderungen am SGB VII. Auf Deutsch: Damit wird auch das Recht der Berufskrankheiten geändert. In weiten Teilen gehen die verabschiedeten Änderungen auf Vorschläge der Selbstverwaltung der Unfallversicherungsträger zurück.
Kein Unterlassungszwang mehr
Ein wichtiger Punkt ist der Wegfall des Unterlassungszwanges bei neun der 80 in der Berufskrankheiten-Verordnung bezeichneten Berufskrankheiten. Dieser sieht bei einigen Krankheitsbildern vor, dass sie nur dann als Berufskrankheit anerkannt werden können, wenn die Betroffenen die entsprechende Tätigkeit aufgeben.
Den Unterlassungszwang hatte der Gesetzgeber 1961 eingeführt, weil in einigen Bereichen nur sehr wenige der angezeigten Verdachtsfälle letztendlich als Berufskrankheit anerkannt wurden. So wollten die Behörden sicherstellen, dass „Bagatellerkrankungen“ nicht als Berufskrankheiten angezeigt werden. Außerdem sollte der Unterlassungszwang eine weitere Schädigung durch die Fortsetzung der bisherigen Tätigkeit verhindern. Das will der Gesetzgeber nun durch mehr Individualprävention erreichen.
Daher umfassen die Neuregelungen auch die Erweiterung des Präventionsauftrages der Unfallversicherungsträger, die Verbesserung der Ermittlungen zu den Einwirkungen und die verstärkte Förderung von Forschung zu Berufskrankheiten. Die Neuregelungen sollen allerdings erst am 1. Januar 2021 in Kraft treten und 2026 evaluiert werden.
Altfälle werden neu begutachtet
Fälle, in denen eine Anerkennung als Berufskrankheit in der Vergangenheit wegen der fehlenden Aufgabe der schädigenden Tätigkeit nicht erfolgt ist, werden nun wohl erneut überprüft. Zumindest gilt das, wenn sie nach dem 1. Januar 1997 entschieden wurden. Rückwirkende Leistungen soll es zwar nicht geben, aber die Möglichkeit, dass eine Berufskrankheit nachträglich anerkannt wird.
Lob für die Neuregelung gibt es von den Unfallversicherern und den Berufsgenossenschaften. Kritik übt dagegen der Sozialverband VdK, der auch psychische Krankheiten als Berufskrankheiten berücksichtigt sehen will. Auch den geplanten Sachverständigenrat sieht der Verband kritisch: Dieser beleuchte nur die medizinische Seite, ein sozialer Ausschuss müsse jedoch aus den Sozialpartner und Sozialverbänden bestehen, so der VdK.
Technische Regeln für Gefahrstoffe für Handwerker
Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales hat bislang einige Technische Regeln überarbeitet.
- Die TRGS 527 „Nanomaterialien“ wurde im Januar aus einer Bekanntmachung heraus erarbeitet. Sie enthält Regelungen zum Schutz der Beschäftigten am Arbeitsplatz bei Tätigkeiten mit Stoffen, Gemischen und Erzeugnissen, die aus Nanomaterialien bestehen oder diese enthalten. Nanomaterialien im Sinne dieser TRGS umfassen sowohl unter REACH registrierte als auch nicht registrierte Nanoformen von Stoffen.
- Die TRGS 528 „Schweißtechnische Arbeiten“ wurde im Juni überarbeitet, und gilt für schweißtechnische Arbeiten an metallischen Werkstoffen, bei denen gas- und partikelförmige Gefahrstoffe entstehen können.
- Die TRGS „559 Quarzhaltiger Staub“ wurde vollständig überarbeitet und berücksichtigt auch Schutzmaßnahmen aus der früheren TRGS 504. Sie gilt zum Schutz von Beschäftigten und anderer Personen bei Tätigkeiten, bei denen quarz- und cristobalithaltiger Staub entstehen kann.
Neue DGUV-Informationen für Handwerker
Die Gesetzliche Unfallversicherung (DGUV) hat bis dato auch einige ihrer Regeln, Informationen und Merkblätter auf den neuesten Stand gebracht. Diese, in numerischer Reihenfolge sortierten, Veröffentlichungen sind für Handwerker relevant:
- DGUV Regel 101-605 „ Branche Gebäudereinigung“: Die DGUV-Regel ist eine neue Branchenregel für Arbeitsschutzmaßnahmen in Unternehmen der Gebäudereinigung. Sie fast von der betriebsärztlichen und sicherheitstechnischen Betreuung über die Unterweisung und Gefährdungsbeurteilung bis zur Ersten Hilfe Maßnahmen zusammen, mit denen Unternehmen ihre Arbeitnehmer schützen können.
- DGUV Information 202-108 „ Sicherheit und Gesundheit im Betriebspraktikum“: Betriebe, die Schülerinnen und Schülern Betriebspraktika ermöglichen, sind für diese verantwortlich. Das Dokument bietet sachbezogene und methodischen Hilfen bei der Prävention von Unfällen sowohl bei der Vorbereitung als auch der Durchführung von Betriebspraktika.
- DGUV Information 208-054 „ Fahrzeugwäsche“: Diese Broschüre ist für Unternehmen und Beschäftigte gedacht - als Hilfestellung für unterschiedliche Branchen bei der Arbeitssicherheit in der Fahrzeugwäsche. Das betrifft sowohl öffentliche als auch innerbetriebliche Fahrzeugwaschanlagen, ob in Autohäusern, Taxiunternehmen oder Autobahnmeistereien.
- DGUV Information 213-012 „ Gefahrgutbeförderung in PKW und in Kleintransportern“: Diese Broschüre ist eine praxisorientierte Handlungsanleitung für die sichere Beförderung gefährlicher Güter in Pkw und in Kleintransportern. Sie fasst die entsprechenden rechtlichen Bestimmungen zusammen, informiert über die praktische Umsetzung und gibt Fahrerinnen und Fahrern praxisorientierte Beispiele.
- DGUV Information 213-016 „ Betriebsanweisungen nach der Biostoffverordnung“: Diese DGUV-Information enthält Praxisbeispiele für Betriebsanweisungen nach § 14 der Biostoffverordnung. Sie gibt darüber hinaus einige Hinweise zur Erstellung von Betriebsanweisungen.
- DGUV Information 214-078 „ Vorsicht Zecken“: Besonders im Gartenbau können Handwerker in Kontakt mit den Blutsaugern kommen und an Hirnhautentzündung (FSME) oder Borreliose erkranken. In diesem Dokument informiert die DGUV über die Gesundheitsgefahren durch Zeckenstiche und wie man in einem solchen Fall vorgehen sollte. Wer sich die gedruckte Version schicken lässt, enthält beigelegt einen Zeckenentferner.
- DGUV Information 214-083 „ Der sicherheitsoptimierte Transporter“: Wie sollten Transporter ausgestattet sein, um möglichst viel Sicherheit und damit Schutz vor Unfällen zu bieten? Die Broschüre erläutert Möglichkeiten der technischen Ausstattung von Transportern.
- Merkblatt FBPSA-00 7„ Orthopädischer Fußschutz“: Das neue Merkblatt enthält wichtige Antworten auf Fragen zum orthopädischen Fußschutz - vor allem bei Sicherheits-, Schutz- oder Berufsschuhen. Immerhin gehört das passende Schuhwerk zur Persönlichen Schutzausrüstung (PSA) eines Handwerkers.