6 Fragen zu Arbeitsunfällen: Wann zahlt die Versicherung?
Im Jahr 2016 ereigneten sich 876.579 meldepflichtige Arbeitsunfälle sowie 184.854 meldepflichtige Wegeunfälle, teilte die Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung e.V. (DGUV) kürzlich mit. Wenn der Ernstfall eingetreten ist und die medizinischen Erstversorgung stattgefunden hat, stellt sich die Frage, ob und welche Leistungen die gesetzliche Unfallversicherung übernimmt. In diesem Zusammenhang weist die DGUV auf wichtige Regeln hin, welche vor allem Unternehmer oder Arbeitgeber bei der Abwicklung beachten müssen.
1. Was ist ein Arbeitsunfall?
Ganz allgemein: Arbeitsunfälle sind Unfälle, die Versicherte bei ihrer Arbeit und auf Dienstwegen erleiden. Dazu gehören auch
- Wegeunfälle, die sich auf dem direkten Weg von und zur Arbeitsstätte ereignen.
- Berufskrankheiten
- Tätigkeiten wie die Instandhaltung von Arbeitsgeräten
- Teilnahme an (vom Unternehmen durchgeführten) Betriebsausflügen und -feiern
Wichtig: Laut gesetzlicher Definition ist ein Unfallereignis ein zeitlich begrenztes, von außen auf den Körper einwirkendes Ereignis, das zu einem Gesundheitsschaden führt. Kein Versicherungsschutz besteht, wenn Verletzungen oder Gesundheitsschäden ohne Einwirkung von außen zufällig während der versicherten Tätigkeit auftreten. Wenn also z. B. ein Mitarbeiter am Schreibtisch einen Herzinfarkt erleidet.
2. Wann muss eine Unfallanzeige erfolgen?
Einen Arbeitsunfall, der zu einer Arbeitsunfähigkeit von mehr als drei Kalendertagen des Versicherten führt, muss das betroffene Unternehmen der zuständigen Berufsgenossenschaft oder Unfallkasse melden. Übrigens: Der verunglückte Mitarbeiter hat das Recht auf eine Kopie der Unfallanzeige.
Wichtig: Die Anzeige ist innerhalb von drei Tagen nach dem Unfall zu erstatten.
3. Wie muss die Unfallanzeige erfolgen?
Zur Unfallanzeige gibt es spezielle Formulare, das in der Formtexte-Online-Datenbank der DGUV zu finden ist („Downloadbereich - Formtexte für Unternehmer“)
Viele Berufsgenossenschaften und Unfallkassen bieten alternativ auf ihren Internetseiten die Möglichkeit zur Online-Anzeige (Adressen der „Berufsgenossenschaften / Unfallkassen / Landesverbände)
Die gesetzliche Unfallversicherung prüft daraufhin, ob und in welchem Umfang Versicherungsschutz besteht. Von zentraler Bedeutung ist dabei die Frage, ob die Tätigkeit, die zu dem Unfall oder zu einer Berufskrankheit führte, in einem sachlichen Zusammenhang mit dem Beschäftigungsverhältnis stand.
4. Wer entschiedet, ob ein Arbeitsunfall vorliegt?
Der Unfallversicherungsträger entscheidet darüber, ob das Unfallgeschehen als Arbeitsunfall anerkannt oder abgelehnt wird. Die Anerkennung oder Ablehnung des Arbeitsunfalls wird den Versicherten durch schriftlichen Bescheid mitgeteilt. Gegen die Entscheidung kann innerhalb eines Monats beim Unfallversicherungsträger Widerspruch eingelegt werden.
Der gesetzliche Unfallversicherungsschutz umfasst grundsätzlich nur Tätigkeiten, die mit der Arbeit in unmittelbarem Zusammenhang stehen. Dazu einige Beispiele:
- Grundsätzlich besteht für den Arbeitnehmer ein Versicherungsschutz, wenn er sich auf dem unmittelbaren Weg zwischen seinem Wohnort und dem Ort der versicherten Tätigkeit befindet (Grenzen: Durchschreiten der Außentür des Wohngebäudes bzw. Betreten des Betriebsgeländes). Versichert sind in bestimmten Fällen auch abweichende Wege: wegen einer Fahrgemeinschaft oder um Kinder wegen der beruflichen Tätigkeit in fremde Obhut zu bringen. Als unversicherte Unterbrechung zählen Wege für „persönliche Handlungen“ wie etwa ein privater Einkauf.
- Versichert sind Wege von oder zu Wasch- und Toilettenräumen im Betrieb, zu (Fremd-)Kantinen, zu Gaststätten während der Mittagspause etc. Der Aufenthalt selbst, beispielsweise zur Notdurft oder Nahrungsaufnahme, ist nicht versichert. Als „Grenze“ zählt das Durschreiten der Außentür der jeweiligen Einrichtung.
- Wird das Betriebsgelände für die Erledigung privater Besorgungen verlassen, besteht kein Versicherungsschutz.
- Versichert ist ausnahmsweise der Weg außerhalb des Betriebsgeländes zur Besorgung von Nahrungsmitteln, sofern diese zum Erhalt der Arbeitsfähigkeit und zum alsbaldigen Verzehr am Arbeitsplatz dienen. Doch Achtung: Während des Einkaufs (im Laden etc.) besteht kein Versicherungsschutz.
- Wer seinen Arbeitsplatz wegen einer Raucher- oder Kaffepause, einem privaten Handy-Telefonat oder einem Pausen-Spaziergang verlässt, der handelt persönlich bzw. „eigenwirtschaftlich“. Weil es in diesen Fällen also nicht um betriebliche Belange geht, greift der gesetzliche Unfallversicherungsschutz nicht.
5. Wann ist der Gang zum Durchgangsarzt notwendig?
Ist nach dem Arbeitsunfall mit einer Arbeitsunfähigkeit zu rechnen, dann muss der Verletzte einen sogenannten Durchgangsarzt aufsuchen. Dieser ist Facharzt für Chirurgie oder Orthopädie und verfügt über eine unfallmedizinische Ausbildung sowie über besondere Kenntnisse in der Begutachtung und Behandlung von Unfallverletzungen. Der Durchgangsarzt entscheidet zudem auf Grund des Befundes, wie die weitere Behandlung erfolgen soll. Er verfasst zudem einen Bericht für den Unfallversicherungsträger.
Laut DGUV können Unfallverletzte mit alleinigen Augen- oder Hals-, Nasen-, Ohrenverletzungen sich auch direkt an einen entsprechenden Facharzt wenden bzw. sich dorthin überwiesen lassen.
6. Welche Leistungen gibt es bei einem Arbeitsunfall?
Wenn Versicherte einen anerkannten Arbeitsunfall erleiden, haben sie Anspruch auf umfassende Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung, wie: z. B.:
- ärztliche Behandlung
- Verletztengeld während der Arbeitsunfähigkeit
- Umschulung oder behindertengerechte Umgestaltung des Arbeitsplatzes
- Unfallrente bei dauerhaften Gesundheitsschäden
- Hinterbliebenenrenten im Todesfall
Die gesetzliche Unfallversicherung ersetzt in der Regel keine Sachschäden. Ausnahmen:
- Sachschäden, die durch das Leisten von Erster Hilfe entstehen (z. B. zerrissene Kleidung) oder
- durch den Arbeitsunfall beschädigte Hilfsmittel (z.B. Brille oder Hörgerät)
Wird der Unfall nicht als Arbeitsunfall anerkannt, werden die notwendigen medizinischen Leistungen von der Krankenversicherung erbracht. Der Unfallversicherungsträger informiert die Krankenkasse über die Ablehnung. In bestimmten Fällen kann eine Rente wegen Erwerbsminderung der gesetzlichen Rentenversicherung in Betracht kommen.