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Arbeitsschutz: Erste Hilfe richtig organisieren

Prof. Dr.-Ing. M. Schmauder

Unter Erster Hilfe versteht man von jedermann durchzuführende Maßnahmen, um menschliches Leben zu retten, bedrohende Gefahren oder Gesundheitsstörungen bis zum Eintreffen professioneller Hilfe abzuwenden oder zu mildern. Dazu gehören insbesondere das Absetzen eines Notrufs, die Absicherung der Unfallstelle und die Betreuung der Verletzten. Doch je seltener Erste Hilfe geleistet werden muss, umso unsicherer werden mangels Erfahrung die Akteure. Folglich ist regelmäßige Übung und eine gute Organisation im Betrieb notwendig.

Die Wichtigkeit der Ersten Hilfe ist unbestritten und der in unserem Land verbindliche Stand der Technik ist im Regelwerk beschrieben. So wird in der Arbeitsstättenverordnung § 4, Absatz 5 aufgeführt: „Der Arbeitgeber hat Mittel und Einrichtungen zur ersten Hilfe zur Verfügung zu stellen und diese regelmäßig auf ihre Vollständigkeit und Verwendungsfähigkeit prüfen zu lassen.“ Wie das konkret erfolgen kann, wird in der entsprechenden Technischen Regel „ASR A4.3: Erste-Hilfe-Räume, Mittel und Einrichtungen zur Ersten Hilfe“ beschrieben.

Hier werden zunächst die Begriffe zur Ersten Hilfe definiert:

  • Erste Hilfe umfasst medizinische, organisatorische und betreuende Maßnahmen an Verletzten oder Erkrankten.
  • Mittel zur Ersten Hilfe sind Erste-Hilfe-Material (z. B. Verbandmaterial, Hilfsmittel, Rettungsdecke) sowie gemäß Gefährdungsbeurteilung erforderliche medizinische Geräte (z. B. Automatisierter Externer Defibrillator, Beatmungsgerät) und Arzneimittel (z. B. Antidot), die zur Ersten Hilfe benötigt werden.
  • Einrichtungen zur Ersten Hilfe sind technische Hilfsmittel zur Rettung aus Gefahr für Leben und Gesundheit, z. B. Meldeeinrichtungen, Rettungstransportmittel und Rettungsgeräte.

Durch die Angaben mit Maß und Zahl wird weiterhin festgelegt, was notwendig (= Stand der Technik) ist. Bei Einhaltung der Technischen Regeln kann der Arbeitgeber insoweit davon ausgehen, dass die entsprechenden Anforderungen der Verordnung erfüllt sind. Wählt der Arbeitgeber eine andere Lösung, muss er damit mindestens die gleiche Sicherheit und den gleichen Gesundheitsschutz für die Beschäftigten erreichen.

In DGUV Vorschrift 1, „Grundsätze der Prävention“, wird im dritten Abschnitt aus- geführt, was seitens des Unternehmers alles notwendig ist. Neben den allgemeinen Organisationspflichten müssen Einrichtungen und Sachmittel vorgehalten werden. Ersthelfer und ggf. Betriebssanitäter müssen entsprechend ausgebildet werden. Folgende Informationsschriften der Unfallversicherungsträger geben weitere Anleitungen und Hilfestellungen:

Das sagt das Arbeitssicherheitsgesetz

Neben den Anforderungen, die der Unternehmer zu erfüllen hat, ist natürlich auch das Arbeitssicherheitsgesetz von Bedeutung. Hier wird in § 3 aufgeführt, dass die Betriebsärzte die Aufgabe haben, den Arbeitgeber bei der Organisation der „Ersten Hilfe“ im Betrieb zu unterstützen und bei der Einsatzplanung und Schulung der Helfer in „Erster Hilfe“ und des medizinischen Hilfspersonals mitzuwirken. Die Unterstützungsverpflichtung geht über einen Beratungsauftrag hinaus.

Die Rettungskette

Als Rettungskette bezeichnet man den Verfahrensablauf aller Hilfeleistungen nach einem Unfall. Sie soll weiterhin verdeutlichen, wie wichtig die Erste Hilfe für den Ablauf ist. Wird eines der Glieder der Rettungskette unterbrochen, so gilt auch hier das alte Sprichwort: „Eine Kette ist nur so stark, wie ihr schwächstes Glied.“

Auch bei Alleinarbeit muss Erste Hilfe organisiert werden

Eine besondere Anforderung an die Organisation der Ersten Hilfe besteht dann, wenn Beschäftigte in einer Arbeitsstätte alleine Arbeiten. Hier muss mittels einer Risikobetrachtung der Arbeitsplatz der Kategorie geringe, erhöhte und kritische Gefährdung zugeordnet werden. Neben den Anforderungen an die jeweilige Person, die die Alleinarbeit ausführt, muss die Funktion der Rettungskette sichergestellt sein. Insbesondere die Zeit bis zum Eintreffen von Hilfe ist ein wesentliches Kriterium. Die DGUV Regel 112-139 - Einsatz von Personen-Notsignal-Anlagen - gibt hier konkrete Hilfestellungen.

Aktualisiertes Ausbildungskonzept für Ersthelfer

Im Frühjahr 2015 erfolgte eine Revision der Erste-Hilfe-Aus- und Fortbildung. Die Aus- und Fortbildung der betrieblichen Ersthelferinnen und Ersthelfer erfolgt ab April 2015 nun an einem Tag. Die Erste-Hilfe-Aus- und Fortbildung im Betrieb umfasste bis zum 31. März 2015 eine Grundschulung im Umfang von 16 Unterrichtseinheiten (16 UE) und ein Erste-Hilfe- Training mit 8 UE.

In den letzten Jahren haben sich zum Beispiel im Bereich der Reanimation deutliche Vereinfachungen ergeben. Die Erste-Hilfe-Ausbildung wurde ab 1. April 2015 auf 9 UE gestrafft und der Umfang der regelmäßigen, in Zeitabständen von zwei Jahren erforderlichen Fortbildung, auf 9 UE ausgeweitet.

Die Erste-Hilfe-Ausbildung fokussiert sich zukünftig auf die Vermittlung lebensrettender Maßnahmen und einfacher Erste-Hilfe-Maßnahmen sowie grundsätzlicher Handlungsstrategien. Die Erste-Hilfe-Fortbildung ist nun aufgrund optionaler Themen deutlich zielgruppenorientierter gestaltet.

Die Ausbildungsinhalte finden Sie in dem zum September 2016 überarbeiteten DGUV Grundsatz 304-001 „Ermächtigung von Stellen für die Aus- und Fortbildung in der Ersten Hilfe“ (bislang BGG/GUV-G 948).

Die wesentlichen Neuerungen sind:

  • Der Praxisanteil in der Aus- und Fortbildung wird in den Vordergrund gerückt um Verfügbarkeit der Kenntnisse zu erhöhen
  • Der Zeitaufwand für die Ausbildung reduziert sich durch kompakte Gestaltung auf einen Tag
  • Es erfolgt eine Aufwertung der Fortbildung

Organisation der Ersten Hilfe

Neben all diesen grundsätzlichen Anforderungen müssen auch solch ganz alltägliche Organisationsprobleme zuverlässig gelöst werden:

  • Wer kontrolliert die Vollständigkeit der Erste-Hilfe-Kästen im Betrieb und ersetzt ggf. fehlende/abgelaufene Materialien?
  • Wer führt und aktualisiert die Liste der Ersthelfer und sorgt für eine regelmäßige Fortbildung?
  • Wer prüft und aktualisiert die Aushänge zur Ersten Hilfe?
  • Wie ist sichergestellt, dass der Rettungs- dienst auch bei Spät- oder Nachtschicht an Ort und Stelle kommt?

Erste Hilfe bedeutet also zunächst, dass die Organisationsaufgaben gelöst werden.

Der Autor: Prof. Dr.-Ing. M. Schmauder ist Professor für Arbeitswissenschaft am Institut für Technische Logistik und Arbeitssysteme

der Technischen Universität Dresden.

Der Beitrag ist zuerst erschienen in der Zeitschrift "ASU - Zeitschrift für medizinische Prävention" Ausgabe 12/2015. 

Weitere Informationen: https://www.einlebenretten.de/

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