Neue Baustoffe und alternative Baumethoden, Teil 9: Was aus alten Fassaden und Verbundsystemen werden kann
Verbundstoffe in Fassaden, wie zum Beispiel Faser-Kunststoff-Verbunde (FKV), sind aufgrund ihrer Langlebigkeit und Leistungsfähigkeit sowie der guten Montierbarkeit beliebt. Sie bestehen jedoch oft aus Materialien, die nicht einfach zu trennen sind, was das Recycling erschwert. Doch inzwischen gibt es auch politisch gewollt Recyclingtechnologien, die eine effizientere Zerlegung der Komponenten ermöglichen.
Pyrolyse
In der Pyrolyse werden Verbundstoffe unter hohen Temperaturen und in Abwesenheit von Sauerstoff zerlegt. Dabei werden die organischen Bestandteile in Öl und Gas umgewandelt, während die Fasern (etwa Glas- oder Kohlenstofffasern) intakt bleiben und wiederverwendet werden können.
Mechanisches Recycling
Beim mechanischen Recycling werden Verbundstoffe mechanisch zerkleinert. Die gewonnenen Partikel können als Füllmaterial in neuen Verbundmaterialien oder in anderen Produkten wie Bauplatten oder als Dämmmaterial eingesetzt werden. Dieser Prozess ist besonders geeignet für Verbundstoffe, die nicht thermisch recycelt werden können. Helli Ratenbilder
Die wiedergewonnenen Materialien finden vielseitige Anwendungsmöglichkeiten:
- Bauwesen: Recycelte Fasern können zur Verstärkung in neuen Verbundmaterialien verwendet werden.
- Möbelindustrie: Recycelte Kunststoffe und Fasern finden Einsatz in der Herstellung von Outdoor-Möbeln.
- Automobilindustrie: Hier können recycelte Verbundmaterialien werden. Das kann zur Reduzierung des Fahrzeuggewichts und somit zur Effizienzsteigerung beitragen.
Dennoch steht diese Entwicklung noch mehr oder weniger am Anfang. Innovative Ansätze wie das Design für Recycling (DfR), bei dem Produkte von vornherein so gestaltet werden, dass sie am Ende ihres Lebens leichter recycelbar sind, können auch im Bauwesen zukunftsweisende Impulse setzen. Durch solche Maßnahmen lässt sich der Kreislauf am Bau schließen. Das wiederum fördert eine nachhaltige Bauindustrie.
Beispiele von Gebäuden, die nachhaltig errichtet wurden
In der Serie haben wir neue Baustoffe, Methoden und Recyclingmöglichkeiten am Bau beleuchtet. Abschließend soll es hier nun um ganz konkrete Beispiele gehen.
Brennerei in Rheda-Wiedenbrück
Hier wurden recycelte Ziegel verwendet, um einer alten Brennerei neues Leben einzuhauchen. Diese Initiative zeigt, wie historische Materialien im Rahmen nachhaltiger Praktiken effektiv wiederverwendet werden können, um sowohl kulturelles Erbe als auch Umweltbewusstsein zu fördern.
Hochhaussanierung in Hannover
Unter der Leitung der Firma Temps und in Zusammenarbeit mit Sto, dem Marktführer für Wärmedämmverbundsysteme, sowie dem Institut für angewandte Bauforschung der Fachhochschule Münster (IWARU) wurden in Hannover im Stadtteil Laatzen zwei Hochhäuser saniert. Hierbei wurden innovative Recyclingmethoden angewandt, die herkömmliche Dämmstoffe nicht nur recycelten, sondern auch in der Produktion neuer Baustoffe einsetzten.
Alte und nicht mehr genutzte Wärmedämmverbundsysteme werden dabei in spezialisierten Anlagen demontiert. Das darin enthaltene expandierte Polystyrol (EPS) wird als Brennstoff genutzt und einer thermischen Verwertung zugeführt. Im Gegensatz zu früheren Verfahren, bei denen die mineralischen Bestandteile wie Armierungen und Putze meist in Müllverbrennungsanlagen endeten, werden diese nun zerkleinert und recycelt, um neue Baustoffe wie Ziegel oder Zement zu produzieren.
Die Fassaden der Gebäude in der Karlsruher- und Eichelkampstraße gehören zu den ersten, die nach diesem neuen Recyclingverfahren behandelt wurden. Diese Häuser, die zu den Pionieren der Wärmedämmverbundsysteme zählen, benötigten aufgrund ihres Alters eine komplette Demontage einschließlich der Entsorgung der alten Dämmmaterialien.
Umweltbundesamt in Dessau
Das UBA-Gebäude wurde unter Verwendung von recycelten Materialien konstruiert. Es zeigt, wie moderne Techniken und recycelte Ressourcen zusammenfließen können, um ökologische Effizienz und ästhetisches Design zu vereinen.
Dockside Green in Kanada
Ein Beispiel für den Einsatz von recycelten Materialien in einem ganzen Quartier ist das Wohn- und Gewerbegebiet Dockside Green in Victoria, British Columbia. Es wurde mit einem starken Fokus auf Nachhaltigkeit entwickelt, einschließlich der Verwendung von recyceltem Beton, Glas und Metall. Das macht es zu einem der umweltfreundlichsten Entwicklungsprojekte weltweit.
The Crystal in London
2012 baute Siemens in London The Crystal. Das Gebäude, das als eines der nachhaltigsten weltweit gilt, verwendet recycelte Aluminiumplatten an seiner Fassade. The Crystal demonstriert, wie hochwertige Recyclingmaterialien nicht nur in der Theorie, sondern auch in der Praxis hervorragend funktionieren können.
Unsere Serie Neue Baustoffe – alternative Baumethoden umfasst die folgenden Teile:
- Neues Bauen für mehr Nachhaltigkeit
- Einführung in Methoden, Wiederverwertung und Recycling
- Methoden des Neuen Bauens
- Potenziale der Wiederverwertung dank Digitalisierung
- Potenziale im Recycling durch BIM
- Die Zukunft des Betonbaus
- Wie Baustahl nachhaltig werden kann
- Wie man Glas weiterverwenden kann
- Was aus alten Fassaden und Verbundsystemen werden kann + Praxisbeispiele