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So sieht die neue Grundsteuer aus

Dörte Neitzel

Am 10. April 2018 war es soweit, das Bundesverfassungsgericht hat gesprochen: Es erklärte das aktuelle Modell der Grundsteuer für verfassungswidrig und mahnte die Bundesregierung, eine neue Regelung zu erarbeiten. Hauptargument ist die fehlende Steuergerechtigkeit zwischen Ost und West. Während die Grundsteuer in Westdeutschland auf Basis sogenannter Einheitswerte.

Die neue Grundsteuer wird dieses Jahr auf den Weg gebracht. Ab dem Sommer müssen Grundstücks- und Immobilienbesitzer ihrem Finanzamt einige Fragen beantworten. Auf deren Grundlage wird dann ab 2025 die Steuer in neuer Form erhoben.

Wie die Grundsteuer bisher berechnet wurde

In ihrer jetzigen Form wurde die Grundsteuer mithilfe eines Einheitswertes bemessen. Dieser stammt im Westen aus dem Jahr 1964, im Osten sind es sogar Vorkriegszahlen aus dem Jahr 1935.

Das Finanzamt stellt diesen Einheitswert fest, gemeinsam mit einem Grundsteuermessbetrag. Auf diesen wendet die Gemeinde einen individuellen Hebesatz an. Er unterscheidet sich je nach Gemeinde. Das heißt: Auch, wenn Immobilien gleiche Einheitswerte haben, kann die Steuer durchaus unterschiedlich ausfallen. Je nach Art des genutzten Grundstücks bzw. der Immobilie fällt eine der beiden Grundsteuern an:

  • Die Grundsteuer A gilt für Betriebe der Land- und Forstwirtschaft.
  • Die Grundsteuer B gilt für betriebliche und private Grundstücke.

Wie sieht die neue Grundsteuer aus?

 Im Jahr 2019  die Grundsteuerreform beschlossen. Sie sieht ein Bundesmodell vor,  das jedoch offen ist für länderspezifische Abweichungen. Das haben einige Bundesländer auch genutzt und eigene Grundsteuergesetze erlassen.

Mit dem Stichtag 1. Januar 2022 bewertet das Finanzamt alle Grundstücke, die von der Grundsteuerpflicht betroffen sind, neu. Das Verfahren ist typisiert und berücksichtigt die Rechtslage im jeweiligen Bundesland. Der frühere Einheitswert ist damit Geschichte, an seine Stelle rückt der Grundsteuerwert.

Das dreistufige Berechnungsverfahren bleibt jedoch erhalten: Der Grundsteuermessbetrag wird nach wie vor vom Finanzamt festgelegt und auf ihn wird der Hebesatz angewendet. Insgesamt soll sich am Aufkommen der Grundsteuer nichts ändern.

Neben der Grundsteuer A und B wird es künftig die Grundsteuer C geben. Damit können Kommunen einen höheren Hebesatz für baureife, unbebaute Grundstücke beschließen. Das ist besonders für Kommunen von Bedeutung, in denen es an Wohnraum mangelt. So soll verhindert werden, dass baureife Grundstücke - teilweise auch zu Spekulationszwecken - brach liegen. 

Neu ist, dass die Bewertung künftig wertabhängig erfolgt. Bei unbebauten Grundstücken wird der Wert durch unabhängige Gutachterausschüsse ermittelt. Ist das Grundstück bebaut, werden bei der Berechnung der Steuer auch Erträge wie Mieten berücksichtigt. In einem vereinfachten Verfahren wird für Ein- und Zweifamilienhäuser, Mietgrundstücke und Wohnungseigentum ein vorgegebener durchschnittlicher Sollertrag in Form einer Nettokaltmiete je Quadratmeter angenommen. Dieser ist abhängig von der Lage des Grundstücks.

Es gibt allerdings eine sogenannte Öffnungsklausel. Diese besagt, dass die Bundesländer anstelle des wertabhängigen Modells (Bundesmodell) sich alternativ für ein wertunabhängiges Modell entscheiden können.

Was besagt das Bundesmodell?

Für die Bewertung einer Wohnimmobilie nach dem Bundesmodell ermittelt das Finanzamt zunächst den Rohertrag. Dabei werden nicht die aktuellen Mieten abgefragt, vielmehr wird dieser typisiert. Eine Rolle spielen folgende Faktoren:

  1. Gebäudeart: Ein-, Zwei- oder Mehrfamilienhäuser
  2. Größe: zum Beispiel bis 60 qm, bis 100 qm und über 100 qm
  3. Baujahr: zum Beispiel bis 1948, bis 1971, bis 2001 und ab 2001

In Anlage 39 des Bewertungsgesetzes (BewG) finden sich dazu typisierte Roherträge für die Bundesländer.  Diese Roherträge können noch einmal angepasst werden, abhängig von der sogenannten Mietniveaustufe. Diese wird von der Gemeinde festgesetzt. Garagenplätze, gleich ob Einzelgarage oder Tiefgarage werden mit pauschal 35 Euro pro Platz berechnet.

Ist der Rohertrag festgesetzt, werden die Bewirtschaftungskosten abgezogen. Auch hier gibt es Pauschalen. Sie sind in Anlage 40 BewG als Anteil der Jahresmiete festgelegt. So sollen die Kosten für Verwaltung, Instandhaltung und mögliche Mietausfälle berücksichtigt werden.

Im zweiten Schritt werden die möglichen Erträge abgezinst. Der Zinssatz hängt von der Gebäudeart ab und heißt Liegenschaftszins. Er beträgt:

  • 2,5 % für Ein- und Zweifamilienhäuser,
  • 3,0 % für Wohnungseigentum,
  • 4,0 % für Mietwohngrundstücke mit bis zu sechs Wohnungen,
  • 4,5 % für Mietwohngrundstücke mit mehr als sechs Wohnungen.

Die abgezinsten Erträge werden anschließend kapitalisiert, das heißt auf die (restliche) Nutzungsdauer angewendet. Wohngebäude haben eine übliche Nutzungsdauer nach der Fertigstellung von 80 Jahren. Abgezogen werden die seitdem verstrichenen Jahre. Die untere Grenze der Restnutzungsdauer ist allerdings 30 Prozent der ursprünglichen Nutzungsdauer. Welche Nutzungsdauer zum Einsatz kommt, steht in Anlage 38 BewG.

Aus Nutzungsdauer und Liegenschaftszins ergibt sich ein Barwertfaktor. Eine Auflistung findet sich in Anlage 37 BewG. Mit diesem Wert wird der Reinertrag multipliziert, sodass im Ergebnis der Gebäudewert herauskommt.

Nun kommt noch der Grundstückswert hinzu. Um den zu erhalten, wird der Bodenwert mit dem Barwertfaktor aus Nutzungsdauer und Liegenschaftszins abgezinst. Zuvor wird der Bodenwert jedoch mit dem Umrechnungskoeffizienten (Anlage 36 BewG) angepasst.

Im letzten Schritt werden Gebäudewert und Grundstückswert addiert. Auf diesen Gesamtwert werden sowohl die Steuermesszahl als auch der Hebesatz angewendet.

Wo gilt welches Grundsteuer-Modell?

Die meisten Bundesländer haben das Bundesmodell übernommen. Im Einzelnen sind das:

  • Berlin,
  • Brandenburg,
  • Bremen,
  • Mecklenburg-Vorpommern,
  • Nordrhein-Westfalen,
  • Rheinland-Pfalz,
  • Sachsen-Anhalt,
  • Schleswig-Holstein und
  • Thüringen

Das Bundesmodell mit Abweichungen nutzen:

  • Saarland
  • Sachsen

Folgende Bundesländer nutzen die Öffnungsklausel und haben ein eigenes Modell entwickelt:

  • Baden-Württemberg (modifiziertes Bodenwertmodell)
  • Bayern (Flächenmodell)
  • Hamburg (Wohnlagenmodell)
  • Hessen (Flächen-Faktor-Modell)
  • Niedersachsen (Flächen-Lage-Modell)

     

    Flächenmodell (Bayern)

    Hier werden für die Flächen wertunabhängige Zahlen angesetzt. Für die Grundstücksfläche sind das 0,04 Euro/qm und für Gebäudeflächen werden 0,50 Euro/qm angesetzt. Für Wohnflächen gilt ein Abschlag von 30 Prozent, also effektiv 0,35 Euro/qm. Auf diese Bemessungsgrundlage wenden die Gemeinden ihren Hebesatz an.

    Modifiziertes Bodenmodell (Baden-Württemberg)

    Das modifizierte Bodenwertmodell nutzt für die Bewertung für die Grundsteuer B ausschließlich den Bodenwert. Dafür werden im Wesentlichen die Grundstücksfläche und der Bodenrichtwert herangezogen. Die ergeben multipliziert den Grundsteuerwert. Eine Bebauung spielt dabei keine Rolle. Auf den Betrag werden Steuermesszahl und Hebesatz angewendet.

    Wohnlagenmodell (Hamburg)

    Hamburg: Wohnlagenmodell

    Das Wohnlagenmodell ähnelt dem bayerischen Modell. Es gibt dieselben Äquivalenzzahlen wie in Bayern, allerdings ohne Abschlag. Es wird jedoch zusätzlich die Wohnlage berücksichtigt. Eine Rolle spielen also

    • Grundstücksfläche
    • Gebäudefläche
    • Nutzung der Immobilie und
    • Wohnlage

    Bei Wohnflächen wird unterschieden zwischen guter Wohnlage, dann kommen 70 Prozent zur Anwendung, und normaler Wohnlage (45 Prozent).

    Flächen-Faktor-Modell (Hessen)

    Beim Flächen-Faktor-Verfahren wird zusätzlich zu den Grundstücks- und Gebäudeflächen auch die Lagequalität ermittelt. Letztere ist in Zonen gegliedert. Die Äquivalenzwerte sind dieselben wie in Hamburg und Bayern, werden hier jedoch "Flächenzahlen" genannt. Folgende Faktoren sind maßgeblich: 

    • Grundstücksfläche
    • Gebäudefläche
    • Nutzung der Immobilie
    • Bodenrichtwert des Grundstücks und
    • durchschnittlicher Bodenrichtwert der Gemeinde.

    Zur Berechnung des Flächen-Faktors wird der Bodenrichtwert der Zone, in der das betreffende Grundstück liegt, mit dem durchschnittlichen Bodenrichtwert der Gemeinde verglichen. Somit wird eine bessere Lage höher und eine schlechtere Lage niedriger besteuert.

    Flächen-Lage-Modell (Niedersachsen)

    Niedersachsen orientiert sich ebenfalls am bayerischen Flächenmodell, rechnet aber die Lage mit ein. Die Äquivalenzzahlen entsprechen denen Bayerns, jedoch kommen Grundstücksflächen mit 100 Prozent zum Ansatz, bei Wohnflächen beträgt die Steuermesszahl 70 Prozent. Die Grundsteuer hängt danach ab von:

    • Grundstücksfläche
    • Gebäudefläche
    • Nutzung der Immobilie
    • Bodenrichtwert des Grundstücks und
    • durchschnittlicher Bodenrichtwert der Gemeinde.

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