Wie man mit Drückebergern und überforderten Mitarbeitern umgeht
Das Wort Drückeberger ist negativ und kann sogar diskriminieren. Schnell kommt jemand in den Ruf, ein „Faulenzer“ zu sein. Bedeutet Minderleistung automatisch Faulheit? Hat der Monteur Probleme, die Arbeitsmenge zu schaffen, spricht man von „quantitativer Minderleistung“. Ist er fachlich überfordert, handelt es sich um „qualitative Minderleistung“. Mit Faulheit hat das nicht zwingend etwas zu tun.
Wer überfordert wird, geht einer Mehrbelastung aus dem Weg, drückt sich vor schwierigen Arbeiten oder hat Angst vor Fehlern. Der Stempel „Drückeberger“ von den Kollegen ist in solchen Fällen nicht der richtige. Meist hat er nicht den Mut, seine Überforderung anzusprechen und duckt sich einfach weg, wenn es schwierig wird. Wenn großes Arbeitsaufkommen, enge Termintaktung und mangelnde eigene Kompetenz zusammentreffen, fühlt er sich überfordert. Auch neue und ungewöhnliche Arbeiten können auf Dauer überfordern. Ständige Änderungen im Arbeitsablauf sind für manche belastend. Fehlt die Möglichkeit, Einfluss auf die Situation zu nehmen, ist das besonders unangenehm.
Jeder erlebt Überforderung anders. Der Eine wehrt sich dagegen, ein anderer sieht eine Herkules-Aufgabe als Herausforderung und nimmt sie an mit dem Risiko der Qualitätsminderung seiner Arbeitsleistung.
Anders ist es, wenn sich jemand aus dem Team ohne Grund vor ungeliebten Arbeiten drückt. Dieser Typ Drückeberger findet immer irgendeine eine Ausrede, warum er gerade jetzt nicht dabei ist. Und wie sehr er das bedauert. Es geht ihm nicht um Überforderung, er lehnt ab, weil ihm die Arbeiten unangenehm sind. Spricht man den Drückeberger auf sein Verhalten an, ist er ganz erstaunt über die Meinung aus dem Team und reagiert sauer. Die Kollegen fragen sich, warum sie sich selbst ins Zeug legen sollen, wenn jemand sich wieder mal drückt. Sollen die anderen mehr arbeiten, um die Minderleistung des Drückebergers aufzufangen?
Arbeiten, die ungerecht verteilt sind, führen auch zur Drückebergerei. Warum soll immer die gleiche Person unbeliebte Arbeiten erledigen? Dann hält man sich lieber an der eigenen Arbeit fest oder beschäftigt sich mit dem Handy. Vom Verhalten des Drückebergers bekommt der Chef meist nicht viel mit.
Mit Drückebergern umgehen
Das Gespräch beginnt am besten mit Hinweisen auf das Thema „Kollegialität“, und was das für die tägliche Arbeit in der Praxis bedeutet. Der leistungsunwillige Kollege braucht Gegenwind. Dabei darf es nicht zu einem Kritikgespräch kommen. Ein Feedbackgespräch, in dem man um Verhaltensänderung bittet, wirkt nicht als Vorwurf und findet eher Akzeptanz. Formulierungen in übertriebener Form wie: „immer …, ständig …, dauernd …, nie …“ provozieren, führen zu Widerspruch und verhindern die Einsicht in sein eigenes Fehlverhalten. Zur Vorbereitung sammelt man Beispiele: Wo musste das Team mehr leisten, weil sich jemand gedrückt hat?
Korrektur mit Anerkennung verbinden
Die 1-zu-1-Regel sagt, dass auf jede Verhaltenskorrektur eine Anerkennung erfolgt: „Mich stört deine mangelnde Hilfsbereitschaft. Aber ich finde es gut, dass du aufgrund deiner Fachkompetenz und Gründlichkeit schwierige Fälle so schnell lösen kannst. Gerade deswegen fehlst du, wenn wir dich brauchen.“ Der Redeanteil der Anerkennung ist idealerweise fast genauso lang wie der Anteil an Verhaltenskorrektur.
Botschaftsformen beachten
Zwischen der Ich- und Du-Botschaft besteht ein deutlicher Unterschied. Die Du-Botschaft wirkt persönlich und vorwurfsvoll: „Du hast uns nicht mit geholfen …, Du hast immer etwas anderes zu tun …, Du überziehst einfach die Pausenzeiten …, Du bist nie da, wenn man dich braucht …“. Eine Message in der Ich-Botschaft wirkt vorwurfsfrei und wird eher angenommen: „Ich möchte, dass du auch mithilfst …, Ich erwarte, dass wir das in Zukunft gemeinsam machen …, Ich möchte, dass du dich auch an die Pausenzeiten hältst …“. „Ich wünsche mir, dass du …, Ich erwarte, dass …, Ich bitte dich dringend …“. Mit den unterschiedlichen Formulierungen „wünschen“, „erwarten“ oder „fordern“ kann der Wirkungsgrad der Worte gesteigert werden. Erwartungen an das Verhalten anderer dürfen nicht zu hoch angesetzt werden. Es liegt auch an der Gesprächsführung, mit ob man etwas erreicht.
Dieser Artikel von Dipl.-Betriebswirt Rolf Leicher erschien zuerst in SBZ Monteur-Ausgabe 05/2023. Leicher ist Fachautor und Referent.