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Wie lassen sich Probleme auf der Baustelle richtig lösen?

Dipl. Betriebswirt Rolf Leicher
Ein klassisches Symbol für Improvisationstalent: das Schweizer Messer. Ein jeweiliges Spezialwerkzeug könnte sicherlich perfektere Lösungen schaffen. Aber ist das immer nötig?

Bei einem unerwarteten Problem darf man vor allem nicht gleich in Panik geraten. Am Plan festhalten scheint meist den einfacheren Weg zu beschreiben, ist aber nicht immer zielführend. Es wird daher oft viel Energie verwendet, um den ursprünglichen Plan doch einzuhalten. Der Chef, der nicht vor Ort ist, kann am Telefon auch nur bedingt helfen.

Es ist daher oft viel besser, die Energie dafür zu nutzen, sich mit einer Alternative zu befassen. Unerwartetes verunsichert, deshalb bespricht man es mit dem Kollegen und entscheidet dann, wie man weiter vorgeht.

Das Loslassen des Plans ist der erste Schritt. Es ist daher gut, wenn der Monteur Handlungsspielräume hat. Es sollte also in der Unternehmenskultur verankert sein, dass handwerklich gute Lösungen ein Problem durch Improvisation gewissermaßen neutralisieren. Bei den verschiedenen Möglichkeiten muss immer das Ziel im Fokus stehen.

Grenzen erkennen

Natürlich bewegt sich der Monteur am liebsten auf sicheren Pfaden, damit minimiert er das Fehlerrisiko und seine eigene Verantwortung. Jeder hat Angst vor einem Fehler, wenn der Ablauf geändert werden muss.

Wenn der Monteur vom Plan abweicht, muss er weiterhin Grenzwerte, Sicherheitsvorschriften und Normen beachten und einhalten. Die allgemein anerkannten Regeln der Technik sind zu beachten. Andernfalls kann das Risiko unüberschaubar werden und die Reklamationsgefahr steigt erheblich. Wenn es nicht nach Plan läuft, entstehen bei der Lösungssuche oft neue Ideen, die auch bei anderen Objekten anwendbar sind. Es lohnt sich, stichwortartige Notizen zu machen, damit man die Lösung später nicht vergisst.

Fehler riskieren

Perfektionisten haben es schwer, denn bei jeder Änderung im Ablauf riskiert man Fehler. Hundert Prozent werden beim Improvisieren selten erreicht, schon deshalb nicht, weil Routine fehlt und der Zeitaufwand größer sein wird als bei der ursprünglich geplanten Arbeitsmethode.

Es wird zu Diskussionen zwischen Kollegen kommen, wenn man die beste Variante sucht, wenn Optionen miteinander verglichen werden. Hauptsache, man hält nicht stur an den Vorgaben fest, sondern erkennt rechtzeitig, dass eine Planänderung erforderlich ist.

Richtige Entscheidung treffen

Wer sich für das Eine entscheidet, hat das Andere ausgeschlossen. Entscheidungen treffen heißt, sich festzulegen und auf alternative Handlungsvarianten zu verzichten. Das verlangt eine gewisse Risikobereitschaft vom Handwerker.

Viele Gedanken gehen dem Monteur beim Improvisieren durch den Kopf: Welche Auswirkung hat das Improvisieren? Was ist, wenn es nicht funktioniert? Welche Kosten entstehen? Wie stark kann vom Plan abgewichen werden? Wie sieht es dann mit Garantien aus? Wenn der Monteur entscheidet, was zu tun ist, welche Option optimal ist, sagt sein Gefühl „Ja“ und der Verstand „Nein“. Oder umgekehrt. Er steht unter Zeitdruck, kann nicht alles erwägen und fürchtet sich vor einer Fehlentscheidung.

Braucht man oft zum Improvisieren: „Cojones“

Nach Gefühl arbeiten

Eine Entscheidung nach dem Gefühl zu treffen ist nicht falsch, die Fähigkeit zum abstrakten Denken muss aber hinzukommen. Gefühle haben einen Nachteil: Man kann sie nicht hinterfragen oder analysieren. Sie kommen plötzlich und verschwinden wieder. Improvisieren heißt, ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Verstand und Gefühl zu finden.

In einer sehr positiven Stimmung nehmen die Gefühle überhand und drängen den Verstand zurück. Andererseits führt die einseitige Betonung der Vernunft dazu, dass nur noch logische Argumente darüber entscheiden, wie man außerplanmäßig arbeitet.

Oft wird Wesentliches nicht vom Unwesentlichen getrennt. Der Monteur sieht beim Improvisieren nur einen einzigen Aspekt, z. B. die Kosten durch den Mehraufwand. Andere Gesichtspunkte werden ausgeblendet, schließlich urteilt man nach dem Aspekt, der gerade jetzt eine größere Bedeutung hat, z. B. mit der Montage heute noch fertig zu werden. Es geht um die optimale Entscheidung: ökonomisch oder technisch. Was ist vertretbar? Die finale Entscheidung trifft man im Idealfall mit dem Kunden gemeinsam, auch, wenn dieser nicht der eigentliche, verantwortliche Fachmann ist.

Eine absolut richtige Entscheidung, die für alle Zeiten perfekt ist, gibt es selten, man wird auch mit einer „Second-Best-Lösung“ zufrieden sein müssen. Auch wenn verschiedene Optionen gesucht und geprüft werden, bleibt in fast allen Fällen immer ein Restrisiko, das der Betrieb akzeptieren muss. Und in den meisten Fällen gibt es später keinen Ausstieg, keinen Kompromiss, kein Zurück. Aber Improvisation ist natürlich auch reizvoll. Man baut eben kein Industrieprodukt am Fließband, sondern liefert eine handwerkliche Leistung. Hoch lebe das Handwerk und das Talent zur Improvisation!

Dieser Artikel von Rolf Leicher ist zuerst erschienen in SBZ Monteur 6/2019.

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