Ghosting als Arbeitsmarkt-Phänomen: Plötzlich Funkstille
Im Austausch zwischen zwei Parteien stellt sich auf einmal eine Seite tot. E-Mail, Telefon, Post ... Das Gegenüber ist wie vom Erdboden verschluckt. Ob privat oder beruflich, Ghosting kann ärgerlich sein. Laut Statista haben 19,7 Prozent der Deutschen dieses Phänomen schon mal erlebt. Was hat es damit auf sich?
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Das Phänomen Ghosting (von Englisch "Gespenst") kommt ursprünglich aus der Welt des Online-Datens. Trotz einer anfänglichen Annäherung bricht aus mangelndem Interesse einer der beiden den Kontakt abrupt ab. Die plötzliche Funkstille ist bequem, da man eine Konfrontation vermeidet. Für die Betroffenen bleibt es aber äußerst unangenehm und verletzend. Auch in der Arbeitswelt ist Ghosting mittlerweile ein Begriff.
Ghosting durch den Arbeitgeber
Kein Feedback auf die Bewerbung oder das Vorstellungsgespräch? Die Firma möchte Zeit sparen, ist überlastet oder vergisst die Absage schlichtweg. Ärgerlich, aber rechtlich in Ordnung. Aber was, wenn der Arbeitgeber bei den Vertragsverhandlungen plötzlich abtaucht?
Grundsätzlich hat jede Seite das Recht, Verhandlungen bis zur allerletzten Sekunde abzubrechen. Wenn der künftige Arbeitgeber den Vertragsschluss aber als sicher in Aussicht gestellt hat und die Verhandlungen dann ohne triftigen Grund abbricht, besteht unter Umständen ein Schadensersatzanspruch (Paragraf 280 Absatz 1 BGB). Dieser beschränkt sich allerdings auf Aufwendungen, die der Bewerber im Vertrauen auf den Vertragsschluss getätigt hat und auf Leistungen, die ihm durch das Führen der Verhandlungen entgangen sind.
Den schuldhaften Abbruch zu beweisen, ist allerdings schwierig. Dabei wird meistens auf ein Bekundungsschreiben des Arbeitgebers zurückgegriffen, sofern eins vorliegt.
Ghosting durch Bewerber
Auch unter Bewerbern kommt Ghosting vor. Der Bewerber erscheint nicht zu einem seit langem vereinbarten Vorstellungsgespräch oder meldet sich nach der Jobzusage einfach nicht zurück. Da ein Termin oder eine mündliche Zusage nicht rechtlich bindend sind, haben Bewerber hier keine Konsequenzen zu befürchten. Sollte man aus irgendwelchen Gründen kein Interesse mehr haben, raten die ARAG-Experten Bewerbern, der Firma dennoch freundlich abzusagen.
Anders sieht das aus, wenn der Arbeitsvertrag schon unterschrieben ist. Vielleicht hat man ja nach Vertragsunterzeichnung irgendwo anders doch noch ein besseres Angebot bekommen. Da ein unterschriebener Vertrag aber rechtlich bindend ist, ist eine fristgerechte Kündigung unerlässlich. Wer bei einem laufenden Vertrag einfach nicht zur Arbeit erscheint, verletzt seine Hauptleistungspflicht. Der Arbeitgeber verfügt in diesem Fall über verschiedene arbeitsrechtliche Möglichkeiten, wie z. B. eine Abmahnung.
Obwohl es faktisch nur schwer durchzusetzen ist, besteht gegebenenfalls auch ein Schadensersatzanspruch. Der Arbeitgeber könnte verlangen, dass die durch den Ausfall entstehenden Mehrkosten wie Überstunden von anderen Arbeitnehmern erstattet werden sollen. Es kann aber nur der Schaden geltend gemacht werden, der bei einer fristgerechten Kündigung nicht entstanden wäre. So fallen Stellenanzeigen für eine Nachbesetzung raus.
Verschiedene Arbeitgeber sichern sich mittlerweile im Arbeitsvertrag mit Vertragsstrafen gegen Ghosting ab. Die Höhe solcher Strafen ist jedoch maximal auf ein Bruttomonatsgehalt begrenzt.