Direkt zum Inhalt
Anzeige
Anzeige
Anzeige
haustec.de
Das Fachportal für die Gebäudetechnik
Ad placeholder
Anzeige
haustec.de
Das Fachportal für die Gebäudetechnik
Ad placeholder
Print this page

Wie funktioniert eigentlich eine CO2-Maximierung?

Elmar Held

Empfangen wurden wir mit den Worten: „Der Schornsteinfeger hat den Kessel beanstandet.“ Wahrscheinlich würde wieder mal zu viel von dem klimaschädlichen CO₂ ausgestoßen, fluchte der Kunde, als hätte man ihn gezwungen, die Heizung einzuschalten. Es sei ja auch nur das geerbte Haus seines Onkels, sonst wäre ja sowieso schon lange eine ökologische Heizung im Keller installiert worden. Wie im deutschlandweiten Standard war dieser Kunde völlig schuldlos am Klimawandel und der Verpestung der Umwelt, das liegt ausschließlich an den uneinsichtigen Mitmenschen.

CO2 maximieren

Cheffe schaute kurz auf den Aufkleber vom Schorni und begann mit der Kesselwartung. Ich hatte nur Handreichungen zu machen und der Möchtegernöko stand in dem winzigen Kellerraum auch noch rum und schnappte die ohnehin ­knappe, frische Luft weg. Cheffe hatte einen Plan, das sah ich an seinem Grinsen. Und da setzte er auch schon an. „Ja, wir würden den CO₂-Wert schon wieder tüchtig in die Höhe treiben."

Ein Wert von 9,4 % laut Messprotokoll des Schornsteinfegers sei natürlich viel zu gering. Durch unsere Bemühungen und die anschließende Einstellung würden danach locker wieder über 13 % CO₂ erreicht. Ich dachte: „Moment mal, der Pseudo-Öko will doch weniger CO₂ ausstoßen und Cheffe provoziert ihn jetzt mit noch mehr CO₂?“ Warum machte er dem Ahnungslosen das karge Leben im geerbten Haus noch schwerer?

Cheffe hatte die Reinigung zügig fertig und Freak, wie ich ihn schon in meinen Gedanken nannte, schaute weiter argwöhnisch zu. Endlich konnte ich den Messkoffer öffnen, den Kondensatabscheider einsetzen und das Gerät kalibrieren. Das Messgerät schnüffelte wie gewohnt vor sich hin. Cheffe hatte die ersten Einstellungen schon per Augenschein vorgenommen und führte nun den Mess-Rüssel ins Abgasrohr. Triumphierend las er laut und deutlich vor, was das Messgerät anzeigte: 12, 12,5, 13,0, 13,3. Freak verstand die Welt nicht mehr.

Weltklimaschmerzen

Dann endlich konnte Freak nicht mehr an sich halten! Ob wir, als so genannte Fachleute, denn noch nie etwas von der globalen Erwärmung gehört hätten? Die sei doch durch zu viel CO₂ entstanden! Ob wir denn nicht in der Lage wären, die Situation zu erkennen und zumindest für diesen Kessel die Emissionen vernünftig einzuregulieren? Statt CO₂ zu maximieren, wäre es doch wohl unsere Pflicht den Wert so weit wie möglich herabzusetzen! Die zukünftigen Generationen …

Cheffe unterbrach ihn. Die Zusammenhänge habe er wohl nicht richtig gedeutet, erklärte Cheffe dem überraschten Öko. Denn wenn man schon dieses Heizöl verbrennen wolle, dann auch vollständig. Der brennbare Kohlenstoffanteil in dem Öl sei gierig danach, sich mit dem Luftsauerstoff zu vereinigen. Dabei würde die von uns geschätzte Wärme entstehen. Das sei eine sogenannte exotherme Reaktion. Und je mehr CO₂ entstehen würde, desto vollständiger sei die Verbrennung abgelaufen. Daher würde man bei jeder Verbrennung, egal ob Heizöl oder Erdgas, Maximalwerte für CO₂ anstreben. Das Motto lautet dann leider: „Wenn schon, denn schon!“

Wenn also das Heizöl verbrannt werden soll, dann aber auch mit maximalem Ergebnis. Es höre sich nur paradox an, einen Maxi­malwert für CO₂ einzustellen, um so wenig wie möglich davon zu produzieren. Der Freak verließ daraufhin den engen Keller und kam später mit einer Auswahl an Kaltgetränken zu uns zurück. „Gute Arbeit" lobte er dann noch bei der Verabschiedung.

Stöchiometrie

Zurück im Betrieb und in unseren Sozialräumen, genannt Bude, vertiefte Cheffe den Vortrag zu CO₂ noch ein wenig.

Die Vorgänge der Verbrennung lassen sich mittels der so genannten Stöchiometrie erklären. Dabei handelt es sich um ein Hilfsmittel der Mathematik, welches dann den Verbrennungsprozess vorhersehbar macht. Bei der Verbrennung von Heizöl mit Luftsauerstoff betrachtet man nur die beteiligten Grundstoffe. Im Heizöl befinden sich als brennbare Bestandteile der Kohlenstoff -C- und der Wasserstoff -H-. Um Sauerstoff -O- aus der Luft zu bekommen, „kauft“ man sich zwangsläufig immer auch Stickstoff -N- ein. Denn in der Luft befinden sich 21 % Sauerstoff und 79 % Stickstoff. Um einen Kubikmeter Sauerstoff zu bekommen, kauft man gleichzeitig 3,76 Kubikmeter Stickstoff ein (79 / 21 = 3,76). Dieser Wert wird gleich noch gebraucht.

Bei der Verbrennung entsteht dann immer Kohlendioxid -CO₂- und Wasser -H₂O-. Diese Ereignisse fasst man ganz normal in einer Formel zusammen.

Formelles Beispiel:

Ein einfach zu berechnender Bestandteil von fossilen Brennstoffen ist Methan. Die stöchiometrische Berechnung lässt sich daran sehr gut herleiten und erkennen.

Allgemein gilt für Methan als Brennstoff:

  • Methan plus Luft reagiert zu Kohlendioxid plus Wasser plus Stickstoff.
  • Methan ist chemisch CH₄.
  • Sauerstoff ist O₂.
  • Stickstoff ist N₂.
  • Kohlendioxid ist CO₂.
  • Wasser ist H₂O.

CH₄ + O₂ + 3,76 N₂ = CO₂ + H₂O + 3,76 N₂

Bei einer Gleichung steht rechts und links das Gleiche, daher der sinnige Name, Gleichung. In der obenstehenden Gleichung ist das aber noch nicht der Fall. Zum Beispiel sind links vier Wasserstoffatome (H₄) und rechts nur zwei (H₂O). Man ergänzt also auf beiden Seiten so lange, bis jeweils gleiche ­Anteile dort stehen.

CH₄ + 2O₂ + 2 x 3,76 N₂ = CO₂ + 2H₂O + 2 x 3,76 N₂

oder weiter gekürzt

CH₄ + 2O₂ + 7,52 N₂ = CO₂ + 2H₂O + 7,52 N₂

Dann steht dort nach ausgeklügelter Gleichung und wieder für den verbrennungstechnischen Laien aufbereitet:

Wenn 1 Kubikmeter Methan verbrannt werden soll, dann benötigt man dazu 2 Kubikmeter Sauerstoff. Den Sauerstoff kriegt man aber nur, wenn man 7,52 Kubikmeter Stickstoff „einkauft". Als Verbrennungsprodukte entstehen dabei 1 Kubikmeter Kohlendioxid plus 2 Kubikmeter dampfförmiges Wasser plus 7,52 Kubikmeter Stickstoff. Und der Knaller ist, man kann für Methan als Brennstoff den maximalen CO₂-Anteil im Abgas voraussagen.

Kondensatabscheider

Cheffe lässt mich die letzten Rechnungen anstellen, wohl um mich zu prüfen. Ich addiere fleißig die errechneten Kubikmeter des gesamten Abgases.

Cheffe hält mich kurz zurück und fragt, was ich vor dem Einschalten des Messgerätes getan habe. Ich erinnere mich an die Kondensatabscheider und schnalle, was er meint. Ich muss das trockene Abgas berücksichtigen. Also ziehe ich 2 m³ dampfförmiges Wasser wieder ab.

Dann teile ich 1 (Kubikmeter Kohlendioxid) durch 8,52 (Kubikmeter trockenes Abgas) und erhalte 0,117 also 11,7 %. Beim Vergleich mit dem Tabellenwert aus dem Fachbuch findet man die Übereinstimmung. Durch rein mathematische Herleitung hat Cheffe mal eben die Max-Werte für CO₂ im Abgas von Methan herausgefunden.

Und die Realität?

Die realen Prozesse laufen nicht stöchiometrisch ab. In der Praxis wird etwas mehr Luft hinzugefügt, als nach der Gleichung benötigt würde. Das erhöht dann die Abgasmenge, während die CO₂-Menge logischerweise nicht mehr erhöht werden kann. Prozentual fällt das praktische Ergebnis für CO₂-Anteile also immer geringer aus als nach der stöchiometrischen Gleichung.

Cheffe schreibt mir noch die chemische Formel auf, die der Zusammensetzung von Heizöl am nächsten kommt. Diese ist C₂₅H₅₂ und damit ein wenig komplizierter als die von Methan. Die stöchiometrische Gleichung solle ich allein ausrechnen, er müsse andere Rechnungen schreiben und ein Angebot für einen neuen Wärmeerzeuger. Was für ein Job, was für ein Chef…

Dieser Artikel ist zuerst erschienen in SBZ Monteur 07/2021.

Abgasmessung im Video

Das könnte Sie auch interessieren

Mehr zu diesem Thema
Anzeige
haustec.de
Das Fachportal für die Gebäudetechnik
Ad placeholder