Gewusst wie: So funktioniert Verdunstungskälte
Energiezufuhr sorgt für Verdunstung
Um Wasser vom festen in den flüssigen oder dann vom flüssigen in den gasförmigen Zustand zu verwandeln, benötigt man jeweils eine große Menge Energie. Erst wenn diese Energiemenge zur Verwandlung geliefert wurde, lässt sich die Temperatur weiter erhöhen. Während zur Erwärmung von einem Kilogramm Wasser von 99 Grad Celsius auf 100 Grad Celsius die Energiemenge von rund 1,163 Wh notwendig wird, ist zur weiteren Steigerung um ein weiteres Grad die Energiemenge von 626,9 Wh notwendig. Also erheblich mehr. Diese Energie wird zum Wechsel des Aggregatzustandes benötigt.
Bei der Abkühlung oder sogar der Kondensation dieses dann entstandenen Wasserdampfes kann die enthaltene Energie natürlich auch wieder „entnommen“ werden. Die enthaltenen 626,9 Wh an Energie werden beim Übergang von gasförmiger zu flüssiger Phase auch wieder abgegeben. Dieser Effekt beherrscht die Heizungsbranche seit Jahren und wird mit dem Oberbegriff Brennwert-Technik bezeichnet. Energie ist notwendig, um Wasser zu verdampfen, aber Kühlung mit 100 Grad heißer Brühe dürfte doch wohl nicht klappen. Aber Wasser muss ja auch nicht verdampfen, um gasförmig zu werden. Wer jemals der Wäsche auf der Leine beim Trocknen zugesehen hat, der kennt den Prozess der Verdunstung.
Ausgleich zwischen trocken und feucht
Ist zur Verdampfung von Wasser unter normalen Bedingungen noch eine Temperatur von 100 Grad Celsius notwendig, so läuft die Verdunstung auch bei geringeren Temperaturen ab. Das Trocknen von Wäsche auf der Leine, der ausgetrocknete Siphon der Dusche nach dem Sommerurlaub oder Schweiß auf der Haut sind deutliche Belege dafür. Die Voraussetzung hierfür ist ein weiteres physikalisches Prinzip: Die Natur versucht kontinuierlich, Ungleichgewichte auszugleichen. Und das Ungleichgewicht einer feuchten Oberfläche zu relativ trockener Luft reicht aus, um Wasser ebenfalls dampfförmig werden zu lassen, z.B bei Körperschweiß mit einer Temperatur von 38 °C. Der Luftzug bei einer sommerlichen Temperatur von 25 °C soll noch nicht mit Dampf (also Feuchte) gesättigt sein. Diese Luft kann und wird daher noch Feuchte aufnehmen. Erst bei völliger Sättigung dieser Luft kommt diese Verdunstung des Schweißes zum Erliegen.
Völlige Sättigung von Luft empfinden wir Menschen im Sommer übrigens als Schwüle. Wenn Luft bei großer Hitze keine weitere Feuchte mehr aufnehmen kann, wird es für Menschen oft ungemütlich, da der Schweiß nicht mehr verdunsten kann. Verdunstung sorgt also ebenfalls für den Wechsel des Aggregatzustandes. Aber dem dann dampfförmigen Wasser sieht man es nicht an, ob es nun bei 100 °C durch Kochen verdampft ist oder bei 25 °C auf der Haut verdunstet ist.
Bei der Verdunstung liefert die Hautoberfläche die notwendige Energie, was als Kühlung empfunden wird. Egal, ob durch Verdampfung bei 100 °C oder Verdunstung bei 25 °C, und noch nicht mit Dampf gesättigter Luft, der Wechsel findet nur statt, wenn Energien fließen. Aber warum empfinden Menschen einen Luftzug auf der Haut als besonders erfrischend? Weil die Luft, die sich soeben mit der Feuchte verbunden hat, bei entsprechendem Luftaustausch wieder erneuert wird. Und die neue Luft nimmt wiederum Feuchte auf und kühlt folglich. Bei stehender Luft würde diese recht schnell an Feuchte gewinnen, aber den Prozess der Verdunstung dabei immer weiter verlangsamen.
Verdunstung nimmt Energie aus der Umgebung
Stellt man also eine feuchte Oberfläche zur Verfügung und lässt Luft über diese Fläche strömen die noch aufnahmefähig für Feuchte ist, findet immer eine Verdunstung statt. Diese Verdunstung nimmt die Energie aus der Umgebung, also auch von der feuchten Oberfläche. Dies bezeichnet man als Verdunstungskälte. In der Praxis ist die augenfälligste Anwendung der Kühlturm eines herkömmlichen Kraftwerkes. Diese Riesen vernichten 2/3 der Energien die in diesem Kraftwerk umgesetzt werden. Die Verdunstung tritt deutlich sichtbar ins Freie nämlich als verdunstetes Wasser.
Aber auch die Anlagentechnik nutzt dieses schlichte Prinzip seit Jahrzehnten zur kostengünstigen Bereitstellung von Kühlenergie. Durch geschickte Anordnung der Komponenten sind mittlerweile sehr kompakte Geräte verfügbar die diesen Effekt nutzen. Im besten Fall kühlen solche Geräte durch indirekte Verdunstungskälte die im Sommer angesaugte Zuluft für einen Raum um bis zu 14 Grad. Die viel teurere und energetisch aufwendigere Alternative wäre für solche Aufgaben eine Kältemaschine zu betreiben. Es lohnt sich also, diese Technik näher zu betrachten.