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Es gibt kein Comeback der Ölheizung

Dittmar Koop
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Alles scheint wieder möglich bzw. diskutabel zu sein, was energiepolitisch schon längst entschieden schien. „Comeback der Ölheizung?“, „Unerwartetes Comeback?!“oder „Jetzt noch eine neue Ölheizung?“ lauten im Oktober die Schlagzeilen. Nicht nur in Publikumsmedien wie „Welt am Sonntag“ oder „n-tv“, sondern auch von Fachzeitschriften wird das Thema aufgegriffen.

Dass die Schlagzeilen so auffallend oft mit Fragezeichen versehen sind, scheint eher ein Trick, ggf. auch Skepsis, um ein heikles Thema vorsichtig anzufassen und doch den Leser in den Text zu locken. Denn die Fragezeichen kommen dem Leser entgegen, weil er genauso denkt.

Das Heizen mit Heizöl wurde in den vergangenen Jahren zum Auslaufmodell im Rahmen der Energiewende erklärt. Aktuell wird das in Frage gestellt. Kommen Ölheizungen zurück?

Heizungstausch: Ein Viertel heizen immer noch mit Heizöl

Wird von interessierter Seite versucht, das Heizen mit Heizöl wieder salonfähig zu machen – und die Medien stürzen sich als Erfüllungsgehilfen darauf, weil sie eigenen Zwängen unterliegen? Es geht um viel.

Laut Bundesverband der Deutschen Heizungsindustrie (BDH) und den aktuellen Erhebungen des Schornsteinfegerhandwerks gibt es rund 5,2 Mio. Wärmeerzeuger in Deutschland, die mit Heizöl heizen. Das sind ein Viertel aller Wärmeerzeuger im Bestand. Von diesen 5,2 Mio. Heizölkessel entfallen 0,8 Mio. auf Öl-Brennwert und 4,4 Mio. auf die veraltete Heizwerttechnik.

Das Gros der Ölheizungen in Deutschland ist 20 Jahre und älter. Auch die meisten Heizöltanks sind somit genauso alt und auch nicht mehr auf dem Stand der Technik von heute. Möglichst viele von ihnen auszutauschen, von Heizölsystem Alt gegen Heizölsystem Neu, wäre ein gutes Geschäft.

Hintergrund sind die aktuellen Verwerfungen am Energiemarkt. Erstaunlicherweise stellte sich Heizöl in den vergangenen Monaten als sehr stabil dar, was Anlass zu Spekulationen bietet, ob man Entscheidungen nicht überdenken sollte.

65% Erneuerbare Energien schon ab 2024 – aber wie?

Die Zeit dafür drängt. Der Koalitionsvertrag der Ampel sah bereits vor, dass zum 1.1.2024 jede neu eingebaute Heizung auf Basis von 65 % erneuerbarer Energien betrieben werden muss. Auch unter dem Eindruck des Ukraine-Kriegs und des Erdgaskonflikts mit Russland hat die Regierungskoalition im Juli dann vereinbart, dass diese Vorgabe für die Heizung bereits ab 1.1.2024 gelten soll. Dazu hat sie dann ein Konzeptpapier vorgelegt, das nebenbei auch eine eindeutige Richtung vorgibt: Weg nicht nur vom Heizöl, sondern auch vom Erdgas für die Heizung.

Bis Ende 2023 greift diese Regelung aber folglich noch nicht. Der Klassiker der Hybridheizung auf Basis von Heizöl ist die Kombination mit Solarthermie. Darüber kann nicht nur fossiler Brennstoff eingespart werden, sondern auch Emissionen. Diese Kombination wird aber die Anteils-Vorgaben, die ab 2024 gelten, nicht erfüllen können. Außerdem rückt die Solarthermie als Teilsystem der Wärmeversorgung seit einiger Zeit in den Hintergrund. Sie wird von der Photovoltaik in Kombination mit der Wärmepumpe verdrängt.

Eine Möglichkeit in dieser Konstellation ist, eine neue Ölheizung als Hybridanlage in Verbindung mit einer Wärmepumpe zu installieren, um Wärme für die Heizung zu gewinnen. Die Ölheizung fungiert als Spitzlastkessel und springt immer dann ein, wenn der Wärmepumpenbetrieb ab bestimmten Außentemperaturen unwirtschaftlich wird. Damit könnte die 65-Prozent-Forderung an erneuerbaren Energien auch erfüllt werden, Öl-Brennwertfeuerungen hätten also in bestimmter Konstellation auch unter verschärften Bedingungen noch eine Chance als Heizung.

Es geht dabei um viel. Der Bestand an Ölheizungen, der immer noch ein Viertel aller Wärmeanlagen in Deutschland ausmacht, ist ganz überwiegend 20 Jahre alt und älter.

Alternative zur Ölheizung: E-Fuels

Eine andere Alternative zur klassischen Ölheizung wäre, fossiles Heizöl zu vergrünen (Bio-Heizöl) oder sogar zu ersetzen durch E-Fuels. So genanntes Bio-Heizöl gibt es in Ansätzen schon heute. Laut Verband der deutschen Biokraftstoffindustrie (VDB) ist Bio-Heizöl ein leichtes, schwefelarmes Heizöl, dem je nach Heizung ein Anteil von 5,9 oder 10,9 Prozent Biodiesel beigemischt ist. Die Angebote sind allerdings aktuell noch regional begrenzt und außerdem ist Bio-Heizöl etwas teurer.

Was sind die Möglichkeiten heute? „Erneuerbare flüssige Brennstoffe werden aus Ölpflanzen, (Biodiesel, FAME), Abfällen (HVO) oder auch synthetisch (Power-to-Liquid, PtL) gewonnen. FAME wird schon heute in großen Mengen in Deutschland produziert, große Mengen davon werden derzeit exportiert (ca. 3 Mio. t)“, gibt der Wirtschaftsverband Fuels und Energie auf Anfrage Auskunft. Der Verband ist die Nachfolgeorganisation des Instituts für wirtschaftliche Ölheizung (IWO). Unter dem Slogan „Die Ölheizung kann grün werden“ wird die Seite „zukunftsheizen.de“ betrieben.

Öl aus pflanzlichen Stoffen: Das Dilemma

„FAME“ ist die Abkürzung für Fettsäuremethylester (Fatty Acid Methyl Ester). FAME werden aus Raps-, Soja- oder Sonnenblumenöl hergestellt. Das Kürzel HVO steht für hydrierte Pflanzenöle (Hydrogenated Vegetable Oils). Das Problematische beider Verfahren ist, dass hierfür eben Pflanzen als Rohstoff benötigt werden (Nachwachsende Rohstoffe, NaWaRos), mit ihrer politischen Dimension. Die Tank-Teller-Diskussion ist so alt wie die Biokraftstoff- oder auch die Biogasbranche. Außerdem werden nach wie vor in Teilen der Welt sehr fragwürdige Rohstoffe eingesetzt, z. B. Palmöl.

Dazu kommt noch die Peripherie. Auch die meisten Heizöltanks sind nicht auf dem Stand der Technik von heute. Auch sie auszutauschen, wenn Heizöl rehabilitiert würde, wäre ein großer Markt.

Indirekte Landnutzungsänderung als Umweltrisiko

Die Gemengelage ist hoch komplex. Schon vor gut einer Dekade wurde der ILUC-Faktor auf politischer Ebene eingeführt. „ILUC“ ist das Kürzel für „Indirect Land Use Change“ – auf Deutsch: Indirekte Landnutzungsänderung. Es ist die Theorie, dass der Anbau von Energiepflanzen auf Äckern in Europa zur Verdrängung der Produktion von Nahrungs- und Futterpflanzen in andere Regionen der Welt führt, wo ökologisch wertvolle Flächen urbar gemacht werden und dadurch gebundenes Kohlendioxid entweicht, das man folglich der Produktion von Biokraftstoffen anhängen müsste.

Einfach gesagt wird angenommen, dass, wenn in Deutschland Energiepflanzen, u.a. für die Heizung, angebaut werden, im Regenwald Bäume für Nahrungs- und Futterpflanzen fallen. Wissenschaftlich nachgewiesen ist der Zusammenhang zwar nicht, aber deswegen auch nicht vom Tisch.

Einblick in die E-Fuel-Welt

E-Fuels sind synthetisch hergestellte Energieträger. Laut Fuels und Energie gibt es zur Produktion von PtL (Power to Liquid) erste technische Anlagen, die Mengen von ca. 350 t pro Jahr pro Anlage herstellen können. „PtX“ (Power to X) ist ein Dachbegriff, der verschiedene „Power-to“-Technologien vereint: Power-to-Gas (PtG), Power-to-Heat (PtH) und Power-to-Liquid (PtL).

Darunter werden, nach Verwendungszweck dezidierte technische Subsysteme gefasst, z. B. Power-to-Ammonia oder Power-to-Fuel. Synthetische Energieträger (Power Fuels) werden erzeugt, indem z. B. Wasser im Elektrolyseverfahren mithilfe von erneuerbarem Strom in Wasserstoff und Sauerstoff aufgespalten wird. Der gasförmige Wasserstoff kann in weiteren Syntheseschritten zum gasförmigen Energieträger Methan oder zu flüssigen Kraft- und Brennstoffen wie Flüssig-Erdgas (Liquified Natural Gas, LNG) sowie synthetischem Benzin, Diesel und Kerosin verarbeitet werden.

Power-to-Ammonia hat zum Ziel, erneuerbare Energien chemisch in Form von Ammoniak zu speichern. Ammoniak ist nicht nur ein klassischer Grundstoff, z. B. in der Düngemittelindustrie; er kann vielseitig auch in Kraftwerken und selbst in Verbrennungsmotoren eingesetzt werden. PtX ist ein Hoffnungsträger darin, auf diesem Weg überschüssigen Solar- und Windstrom zu konservieren. Allerdings geht das mit mehr oder weniger großen Umwandlungsverlusten einher, weshalb die Verfahren im Einzelnen durchaus umstritten sind.

Es gibt nur wenige Kombinationen, wie Ölheizungen Teil der Wärmewende sein könnten, z. B. in der Kombination mit einer Wärmepumpe, in der Funktion als Spitzlastkessel.

Was spricht gegen die Ölheizung mit E-Fuels?

Nur einmal angenommen, dass 5,2 Mio. Heizölfeuerungen hierzulande mit „grünem“ statt mit fossilem Heizöl betrieben werden. Dazu sei ein Jahresbedarf eines Einfamilienhauses in der Größenordnung von 3.000 l Heizöl angenommen. Das wäre ein bundesrepublikanischer Jahresbedarf gesamt von 15,6 Mrd. l alternativen Heizöls.

Laut Statistik von BP ist Deutschland mit rund 65.000 Barrel (159 l) Öläquivalent im vergangenen Jahr Europas größter Biokraftstoff-Produzent, also rund 10,3 Mio l. Auch wenn dies ein sehr vereinfachter Vergleich ist wird darüber trotzdem deutlich, woher das alternative Heizöl für die Ölheizung in der dimensional benötigten Größenordnung denn kommen soll, selbst wenn es nur um Anteile geht. Ein Import wird aus verschiedenen Gründen keine Option sein. Dazu stehen die Weichen schlecht. Es würde sich hier nur Tank-Teller-Geschichte aus dem ersten Jahrzehnt dieses Jahrtausends wiederholen.

Die Zukunftshoffnungen liegen auf E-Fuels und PtX-Technologie. Allerdings befinden sich diese noch im Anfangsstadium und sind noch weit entfernt von einem industriellen Maßstab. Hinzu kommt, dass der Aufwand für die Gewinnungsverfahren noch sehr hoch ist.

Heizöl-Anlagen zur Dekarbonisierung?

Die politische Vorgabe ist, die einzelnen Sektoren Industrie, Verkehr und Wärme zu dekarbonisieren. U. a. ist das im Klimaschutzgesetz (KSG) festgelegt. Der Wärmesektor hinkt hier bzgl. seiner Erfüllungsquoten noch hinterher. Es ist ein Trugschluss, die Ölheizung jetzt so ins Licht rücken zu wollen, als könnte sie ihren Beitrag zur Dekarbonisierung des Wärmesektors beitragen und sie darüber zur Zukunftstechnologie zu werden. Aktuell findet hier ein erstaunlicher Umdrehungsversuch statt.

Dass Betriebe derzeit Heizöl-Anlagen reaktivieren und ggf. auch in neue Tanks investieren, hat weniger damit zu tun, dass man Heizöl für sich neu entdeckt hat. Vielmehr ist es den aktuellen Umständen geschuldet, hier eine unternehmerische Abwägung zu treffen, wie Produktionen am Laufen gehalten werden können. Perspektivisch ist das höchstens zu sehen, dass man die Energieversorgung im Notfall abgesichert hat. Dieses unternehmerische Handeln nun auch auf Haushalte zu übertragen, die sich mit einem neuen Heizsystem auf 20 Jahre festlegen, ist unverantwortlich.

Fazit: Kein Comeback der Ölheizung

Dass Ölbrennwertsysteme, die erst wenige Jahre laufen, jetzt nicht im Namen des Klimawandels vorzeitig herausgerissen werden sollten, ist unstrittig. Allein der Ersatz der (neuen) Ölheizungen würde in der energetischen Gesamtbilanz vermutlich deutlich schwerer wiegen. Eine Heizungsmodernisierung muss ja immer aus verschiedenen Blickwinkeln betrachtet werden. Möglicherweise macht es energiebilanziell auch Sinn, eine alte Heizung noch länger zu betreiben als zu früh in eine neue zu investieren.

Sicher führen auch die aktuellen Unsicherheiten hinsichtlich der gestiegenen Lebenshaltungskosten dazu, dass mancher geplante Heizungstausch erstmal zurückgestellt wird. Daraus aber zu schließen, dass Ölheizungen eine sichere Bank sind, kann nur unter den aktuellen Gegebenheiten einem so suggeriert werden. Gibt es ein Comeback der Ölheizung? Die Antwort lautet Nein.

Dittmar Koop ist Journalist für erneuerbare Energien und Energieeffizienz.

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