EU-Entsenderichtlinie: Diese Regelungen gelten jetzt
Auf deutschen Baustellen werden viele Sprachen gesprochen. Dank der Dienstleistungsfreiheit können arbeiteten laut Hauptverband der Deutschen Bauindustrie 2019 mehr als 101.000 Arbeiter aus dem EU-Ausland offiziell für hiesige Bauunternehmen. Die größte Gruppe davon kam aus Polen, gefolgt von Arbeitern aus dem restlichen Osteuropa.
Das führte in den meisten Fällen zu Wettbewerbsverzerrungen: Deutsche Handwerker können mit dem geringeren Lohnniveau in den meisten anderen Ländern nicht mithalten. Die neue EU-Entsenderichtlinie soll das jetzt ändern.
Was besagt die EU-Entsenderichtlinie genau?
1. Arbeitnehmer, die im EU-Ausland arbeiten, müssen den im Gastland üblichen Lohn bekommen. Dazu gehören auch sämtliche übliche Sonderzahlungen wie
- Urlaubsgeld,
- Weihnachtsgeld,
- Sachleistungen,
- Schichtzulagen,
- Überstundensätze.
Bislang galt verpflichtend lediglich der Mindestlohn. Für EU-Ausländer auf deutschen Baustellen gelten künftig also:
- der Tarifvertrag zur Regelung von Mindestlöhnen im Baugewerbe sowie
- der Bundesrahmentarifvertrag für das Baugewerbe (BRTV), der Entlohnungsbestandteile regelt.
Das heißt auch, dass die Kosten für Unterkunft, Reisekosten oder Verpflegung nicht von den Arbeitskräften getragen werden dürfen. Entsendebedingte Kosten müssen grundsätzlich vom Arbeitgeber nach den Regeln in ihrem Herkunftsland getragen werden. Werden die entsandten Mitarbeiter zeitweise nicht an ihrem hiesigen Wohnort eingesetzt, muss der Arbeitgeber darüber hinaus Reise-, Verpflegungs- und Unterbringungskosten zahlen.
Allerdings bezieht sich die EU-Entsenderichtlinie nicht ausschließlich aufs Baugewerbe. Betroffen sind alle Branchen mit deutschlandweiten Tarifverträgen. Für Transportlogistiker gelten separate Regelungen.
2. Eine Entsendung ist auf maximal zwölf Monate befristet. Sie kann vom Zoll aber in Ausnahmefällen um sechs Monate verlängert werden. Allerdings gelten dann für den Mitarbeiter alle Regelungen des deutschen Arbeitsrechts. Ausgenommen sind nur jene zur betrieblichen Altersversorgung.
3. Stellt ein Betrieb den entsendeten Mitarbeitern eine Unterkunft, gelten zudem die Vorgaben der deutschen Arbeitsstättenverordnung. Das soll unwürdige Unterbringungen verhindern. Schaltet der Arbeitgeber ein Subunternehmen ein, bleibt er trotzdem in der Pflicht.
ZDB: Neuregelung ist überzogen
Zu den Beschlüssen des EU-Ministerrats zur Neuregelung der Entsenderichtlinie erklärte der Hauptgeschäftsführer des Zentralverbands Deutsches Baugewerbe, Felix Pakleppa:
„Die neuen Regelungen sind in der Praxis schwer zu kontrollieren. Ursprünglich war es Ziel der Entsenderichtlinie den „Arbeitnehmern ein Mindestmaß an Schutz“ zukommen zu lassen. Nun sollen neben dem Mindestlohn weitere Vergütungsbestandteile in die Richtlinie einbezogen werden.“ Dies stehe dem ursprünglichen Ziel der Richtlinie entgegen.
„Wir stellen in der Praxis fest, dass der Zoll und die Finanzkontrolle Schwarzarbeit (FKS) bereits heute nicht in der Lage sind, die Einhaltung des Mindestlohns flächendeckend zu kontrollieren. Wie wird das erst aussehen, wenn die FKS die Einhaltung weiterer Vergütungsbestandteile wie z.B. Nacht-, Sonn- und Feiertagszuschläge kontrollieren soll?“, kritisiert Pakleppa.
Allerdings soll der Zoll laut Bundesarbeitsministerium um 1.000 neue Mitarbeiter aufgestockt werden.
Der Verband sei sehr dafür, dass entsandte Arbeitnehmer zu denselben Lohnkosten auf deutschen Baustellen arbeiten wie die heimischen Facharbeiter. Da aber die Sozialabgaben wie auch die Steuerbelastung für ausländische Arbeitnehmer weiterhin deutlich niedriger sind als für deutsche Beschäftige, werde dieser Zustand auch mit der geänderten Entsenderichtlinie nicht erreicht.
Pakleppa weiter: „Wenn die EU-Kommission den Schutz entsandter Arbeitnehmer wirklich ernst meint, sollte sie die geplante Dienstleistungskarte zumindest für die Baubranche nicht weiter verfolgen, da hiermit der Scheinselbständigkeit und damit dem Unterlaufen von Mindeststandards Tor und Tür geöffnet wird.“
Gewerkschaften kritisieren Ausnahme des Transportwesens
Zur Einigung der Arbeits- und Sozialminister der EU zu Entsenderichtlinie erklärte DGB-Vorstandsmitglied Annelie Buntenbach: „Wir begrüßen, dass sich die Arbeits- und Sozialminister auf einen Kompromiss geeinigt haben. Damit ist eine wichtige Hürde genommen worden, um endlich Verbesserungen für entsandte Beschäftigte zu erreichen. Trotzdem fällt das Votum der Minister weit hinter das Verhandlungsmandat des Beschäftigungsausschusses im EU-Parlament zurück. Scharf zu kritisieren ist zum Beispiel, dass der Verkehrssektor von der Richtlinie ausgenommen sein soll.. “