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So sieht die Photovoltaik-Strategie des BMWK aus

Bundesminister Robert Habeck hat am 5. Mai 2023 im Rahmen des zweiten PV-Gipfels die überarbeitete Photovoltaikstrategie vorgestellt. Wir haben die wichtigsten Punkte und Branchenstimmen zusammengestellt.

Pressemitteilung des BMWK

Bereits im Jahr 2035 soll die Stromversorgung nahezu vollständig durch erneuerbare Energien und grünen Wasserstoff erfolgen. Deshalb hat die Bundesregierung beschlossen, bis zum Jahr 2030 den Anteil Erneuerbarer Energien am (Brutto-) Stromverbrauch Deutschlands von heute knapp über 40% auf 80 % bis zum Jahr 2030 zu verdoppeln. Hierfür sind im Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) 215 Gigawatt installierter Photovoltaik-Leistung (PV) im Jahr 2030 vorgesehen. Das bedeutet, dass der jährliche Ausbau der Photovoltaik von gut sieben Gigawatt im Jahr 2022 innerhalb weniger Jahre auf 22 Gigawatt verdreifacht werden muss.

Um diese Ziele zu erreichen, müssen Maßnahmen in verschiedenen Handlungsfeldern umgesetzt werden. Die vorgelegte Photovoltaikstrategie des BMWK dokumentiert die erforderlichen Maßnahmen in den verschiedenen Handlungsfeldern.

Handlungsfelder der Photovoltaikstrategie

  • Freiflächenanlagen: Ab 2026 benötigen wir einen Zubau von 11 GW pro Jahr. Dafür müssen ausreichend Flächen zur Verfügung stehen und Planungs- und Genehmigungsverfahren schneller werden. Zudem sind innovative Konzepte wie Agri-PV zu nutzen, um Flächenkonkurrenzen vorzubeugen.
  • Dachanlagen: Mit der PV-Strategie wollen wir dem Segment der größeren Gebäudeanlagen im Gewerbe einen Schub geben. Auch im Bereich kleiner PV-Anlagen enthält die Strategie Verbesserungen und Vereinfachungen. Ziel sind 11 GW Zubau pro Jahr ab 2026.
  • Mieterstrom und gemeinschaftliche Gebäudeversorgung: Die Dächer von Mehrfamilienhäusern werden heute viel zu wenig für PV genutzt. Um das zu ändern, werden wir ein neues Modell zur gemeinschaftlichen Gebäudeversorgung einführen. Damit wird die Vor-Ort-Nutzung von Solarstrom für alle Parteien im Haus ermöglicht. Darüber hinaus verbessern wir das bestehende Mieterstrommodell.
  • Balkon-PV: Wir wollen, dass Balkon-PV von allen einfach genutzt werden kann. Dazu soll Bürokratie entfallen und die Anlagen sollen schnell angeschlossen werden können.
  • Netzanschlüsse: Wichtiges Querschnittsthema. Wir wollen die Netzanschlüsse sowohl von Freiflächenanlagen als auch von Dachanlagen deutlich beschleunigen und vereinfachen. Für größere Dachanlagen werden wir z.B. den Zertifizierungsprozess vereinfachen.
  • Akzeptanz: Wir wollen die Teilhabe stärken. Themen sind hier u.a. die finanzielle Beteiligung der Kommunen und einfache Regeln für die Bürgerenergie.
  • Steuerrecht: Der Abbau steuerrechtlicher Hürden ist wichtig für den Hochlauf der PV. Ob z.B. bei der Gewerbe- oder der Erbschaftssteuer, das BMWK setzt sich für weitere Verbesserungen für die PV ein.
  • Industrie: Wir wollen in Deutschland und Europa industrielle Produktionskapazitäten für die ganze Wertschöpfungskette aufbauen, so dass die steigende Nachfrage maßgeblich aus heimischer Produktion gedeckt werden kann.
  • Fachkräfte: Wir wollen die Zahl der Fachkräfte zur Herstellung, Planung, Installation und Wartung von PV-Anlagen steigern, u.a. durch eine Zunahme von Ausbildungsangeboten und Fortbildungen.
  • Technologieentwicklung: Wir wollen die Technologieentwicklung entlang der gesamten Wertschöpfungskette voranbringen, u.a. im Rahmen des kommenden 8. Energieforschungsprogramms.
  • Europäischer Rahmen: Prozesse und Vorgaben der EU bestimmen zunehmend die rechtlichen Rahmenbedingungen im Energiebereich. Wir wollen den schnelleren PV-Ausbau daher auch europäisch vorantreiben, etwa mit der EU-Strategie für Solarenergie und im Rahmen des „Fit for 55“-Paketes.

Die Umsetzung der Strategie soll in einem ersten Schritt im Rahmen des sog. „Solarpaket I“ erfolgen. Weitere Maßnahmen, die zum Teil noch größerer Vorarbeiten bedürfen, sollen in einem zweiten Solarpaket oder auch im Rahmen weiterer Gesetze, Verordnungen oder im Normungsbereich umgesetzt werden. Auch während der gesetzlichen Arbeiten bleibt das BMWK für Anregungen offen: So bleibt die eigens eingerichtete E-Mailadresse pv-strategie@bmwk.bund.de auch weiterhin aktiv.

Die Photovoltaikstrategie ist das Ergebnis eines ausführlichen Konsultationsprozesses. Von Stakeholdern wurden über 600 Stellungnahmen eingereicht, die in die Endfassung der Strategie eingeflossen sind. Die von den Akteuren zur Veröffentlichung freigegebenen Stellungnahmen sind hier veröffentlicht.

Grundlage für die Photovoltaikstrategie war ein erstes Entwurfspapier, das am 10. März 2023 auf dem ersten PV-Gipfel vorgestellt wurde.

Stimmen aus der Branche

BDEW: Photovoltaik auf die Überholspur bringen

Kerstin Andreae, Vorsitzende der BDEW-Hauptgeschäftsführung:

„Es ist gut, dass die Bundesregierung die enorme Bedeutung der Photovoltaik für die zukünftige Energieversorgung in den Blick nimmt und mit der vorgelegten PV-Strategie wesentliche Weichen stellt, um den Ausbau weiter zu beflügeln. Die Photovoltaik ist ein zentraler Baustein der Energiewende. Sie ist sehr variabel einsetzbar und hat eine hohe Akzeptanz in der Bevölkerung. Das zeigt sich auch in der Tatsache, dass die Zubauzahlen aktuell im Plan sind. Angesichts des Ausbauziels von 215 GW müssen wir jedoch in den kommenden Jahren die Ausbaugeschwindigkeit verdreifachen. Hier muss der Fokus auf vielen Maßnahme liegen, um die gesamte Vielfalt der Photovoltaik-Segmente - von Freiflächen- über Dach- bis hin zu innovativer PV - auf die Überholspur zu bringen. Insbesondere darf der Netzanschluss nicht aus dem Blick geraten. Die vielen neuen dezentralen Erzeugungsanlagen müssen effizient in das Netz integriert werden, damit der erzeugte Solarstrom auch genutzt werden kann. Der PV-Ausbau muss daher von einem intelligenten Netzausbau flankiert werden, der auch bei den Solargesetzen berücksichtigt werden muss.

Die PV-Freifläche ist das Segment, in dem am schnellsten und kostengünstigsten ausgebaut werden kann. Insgesamt werden wir rund ein Prozent der Landesfläche für PV-Freiflächenanlagen brauchen, es hakt allerdings schon heute bei den Flächen. Daher gilt es, jetzt alle Potenziale voll auszuschöpfen – von der umfassenden Nutzung benachteiligter Gebiete bis zu vereinheitlichten Regelungen bei den privilegierten Flächen. Ein Beispiel: Der Korridor privilegierter Flächen entlang von Schienen und Autobahnen beläuft sich derzeit auf lediglich 200 Meter im Baugesetzbuch rechts und links der Fahrbahnen. Im EEG 2023 ist bereits ein Korridor von 500 m festgelegt. Diese Vorgaben sollten vereinheitlicht und der Korridor im Baugesetzbuch auf 500 m ausgeweitet werden.

Leider sehen wir auch noch zu wenig Photovoltaik auf den Dächern, insbesondere auf vermieteten Mehrfamilienhäusern. Eine PV-Anlage aufs Dach zu bringen, muss dringend vereinfacht werden. Darüber hinaus sollten bundesweit einheitliche Mindeststandards („Solarpflicht“) geschaffen werden, beispielsweise für große gewerbliche Dächer und öffentliche Gebäude. Zudem sollten Mindeststandards sicherstellen, dass alle Neubauten „PV-ready“ gebaut werden - also die Dächer statisch so geplant werden, dass Photovoltaik problemlos angebracht werden kann.

Zudem brauchen wir auch mehr innovative PV-Anlagen wie Agri-PV, Floating-PV, Fence-PV oder gebäudeintegrierte-PV. So können beispielsweise Agri-PV-Projekte Synergieeffekte zwischen Energieerzeugung und Landwirtschaft nutzen und Nutzungskonkurrenzen verringern. Die Einrichtung eines Sonderausschreibungssegments für Agri-PV-Projekte wäre hilfreich, um hier den Ausbau gezielter voranzubringen.“

BSW-Solar: Solarbranche begrüßt Solarstrategie

BSW-Solar Hauptgeschäftsführer Carsten Körnig: „Es besteht die dringende Notwendigkeit und eine reelle Chance, die Energiewende mit Hilfe der Solarenergie zum Erfolg zu führen. Darin stimmen wir als Bundesverband Solarwirtschaft und Interessenvertretung der Solarbranche mit dem Bundeswirtschaftsministerium und der Ampel-Koalition sicherlich überein.

Deutschlands Solartechnik-Ausbauziele sind ehrgeizig, aber ohne Alternative und allen dürfte klar sein: Nur mit umfassenden energiepolitischen Reformen und einem konsequenten Abbau von Investitionsbarrieren werden wir den Photovoltaik-Anteil in den kommenden zehn Jahren von derzeit gut 10 Prozent auf 30 Prozent steigern können, bei einem zugleich stark wachsenden Stromverbrauch in Deutschland.

Ermutigend ist, dass erste Reformen aus dem Vorjahr bereits zu greifen beginnen.  Im ersten Quartal 2023 verzeichnete die Photovoltaiknachfrage ein Allzeithoch. Nach Daten der Bundesnetzagentur wurden 2,7 Gigawatt Photovoltaikleistung neu in Betrieb genommen, 33 Prozent mehr als in den ersten drei Monaten des Jahres 2022. Dieser Rekord geht maßgeblich auf einen beispiellosen Solarboom in deutschen Eigenheimsiedlungen zurück. Doch auch für ebenerdig errichtete Solarparks hat sich die Investitionsstimmung zuletzt aufgehellt. So hat die zum Jahreswechsel erfolgte Anpassung der zulässigen Gebotshöchstwerte in Photovoltaik-Auktionen im März zur angestrebten Überzeichnung des Ausschreibungsvolumens geführt.

Doch weitere Maßnahmen zur Entfesselung der Solartechnik müssen jetzt schnell folgen, um das Wachstum aller Photovoltaik-Kraftwerkssegmente auf die nötige ,Lichtgeschwindigkeit‘ zu bringen, von großen Solarparks über die Solarisierung der Gewerbe- und Eigenheimdächer bis hin zu den Steckersolaranlagen auf Balkonen. Die von der Bundesregierung selbst und richtig gesetzte Messlatte ist hoch: Auch in den kommenden vier Jahren benötigen wir jeweils ein Wachstum der Photovoltaik-Nachfrage in Höhe von rund 30 Prozent, wohlgemerkt gegenüber dem jeweiligen Vorjahr.

Wir begrüßen daher die vom Bundeswirtschaftsministerium heute vorgelegte Photovoltaik-Strategie. Sie benennt nicht nur richtige Ziele. Die PV-Strategie beinhaltet auch zahlreiche wichtige Maßnahmen zum Abbau von Barrieren beim Markt-, Flächen- und Netzzugang und zur Beschleunigung von Planungsprozessen.

Der Zugang zu ausreichend geeigneten Standortflächen und Stromnetzen ist bei ebenerdig errichteten Solarparks von besonderer Bedeutung. Im Falle ihrer Limitierung bzw. zu langer Kabeltrassen entstehen andernfalls schnell Zeit- und Kostentreiber. Daher begrüßen wir das Vorhaben des Bundeswirtschaftsministeriums, den Zugang zu ertragsschwachen Standorten, sogenannten benachteiligten Gebieten oder Stilllegungsflächen künftig zu vereinfachen. Auch die geplante Einführung eines Wegenutzungsrechtes bei der Netzdurchleitung zum zugewiesenen Netzanschlusspunkt eines Solarparks halten wir für richtig. Eine erfolgreiche Blaupause dafür bieten bereits praktizierte Regelungen beim Breitbandausbau und bei den Übertragungsnetzen.

Ein weiterer wichtiger Schritt zeichnet sich durch die geplante stärkere solare Mobilisierung von Landwirten ab, die zu den wichtigsten Treibern der Energiewende zählen. Viele Landwirte würden gern ungenutzte Dachbrachen oder ertragsschwache Flächen für die Sonnenstrom¬ernte nutzen. Dies soll nun verstärkt geschehen, indem landwirtschaftliche Gebäude im Außenbereich bei der PV-Förderung nicht länger schlechtergestellt werden, ferner Solarparks künftig steuerrechtlich dem land- und forstwirtschaftlichen Vermögen zugeordnet und PV-Anlagen in Hofnähe baurechtlich privilegiert werden.

Im Bereich der Gebäudephotovoltaik sollen weitere wichtige Stolpersteine aus dem Weg geräumt werden. Hohe Erwartungen haben wir zum Beispiel an die neue ,Gemeinschaftliche Gebäudeversorgung‘ mit Solarstrom, die bei einer sachgerechten Umsetzung hoffentlich künftig endlich auch mehr Mieterinnen und Mieter vom preiswerten Solarstrom profitieren lässt. Wir begrüßen die Pläne des BMWK, die Weitergabe des vor Ort erzeugten Solarstroms im Gebäude künftig sehr einfach zu gestalten, etwa an Mieter oder Mitbewohner, z. B. in einer Eigentümergemeinschaft. Das soll ermöglicht werden, ohne dass man dadurch zum Stromversorger wird, ohne dass man zugleich eine Vollversorgung für die Verbraucher im Haus organisieren muss und ohne aufwändige Bürokratie oder teure zusätzliche Zählertechnik. Daran waren Mieterstrommodelle in der Vergangenheit zumeist gescheitert.

Aber natürlich sehen wir nach der Lektüre der PV-Strategie auch noch offene Baustellen: Weiteren Handlungsbedarf sehen wir z. B. bei der Absicherung angemessener Amortisationszeiten auch in Zeiten stark steigender Fremdkapital-Zinsen, beim Ausbau von Solarstromspeichern und für eine stärkere Mobilisierung der Solarwärmepotenziale, dezentral im Gebäude wie auch im Kraftwerksmaßstab.

Die PV-Strategie enthält nach erster Analyse viel Licht und kaum Schatten. Doch wie immer ist auch ein guter Plan noch kein gutes Gesetz, wie immer steckt der Teufel im Detail. Ich hoffe daher, dass aus den beschriebenen Maßnahmen und Prüfaufträgen – im Einvernehmen mit den Ressorts Bauen, Landwirtschaft, Umwelt und Finanzen sowie mit den Bundesländern – nun schnell konkrete Gesetzesinitiativen abgeleitet werden können. Eile ist geboten, damit der Solarturbo noch in dieser Legislaturperiode die gewünschte Beschleunigungswirkung entfalten und seinen unverzichtbaren Beitrag zum Klimaschutz leisten kann. Neben einem guten Plan ist eine weitere gute Voraussetzung dafür immerhin schon gegeben: Keine andere Energieform trifft gesellschaftsübergreifend auf eine so tiefe Verwurzelung und hohe Akzeptanz wie die Solarenergie.

Ich bin zuversichtlich: Mit einer konsequenten Entfesselung der Solarenergie werden wir das erforderliche Tempo für den notwendigen Weitsprung ins Solarzeitalter erreichen.“

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