EU schafft Doppelbelastung von Speichern bei Prosumern ab
Bürger und Unternehmer, die Solarstrom selbst erzeugen, verbrauchen, speichern und verkaufen sollen zu einem zentralen Baustein des modernen Stromsektors werden. Die gegenwärtig teilweise noch geltende Doppelbelastung mit Steuern und Abgaben für Energiespeicher bei Netzdienstleistungen soll nach dem Willen der Europäischen Union abgeschafft werden. Dies geht aus den nun schriftlich vorliegenden Ergebnissen der Trilog-Verhandlungen zum neuen Strommarktdesign hervor, auf die sich das EU-Parlament, die EU-Kommission und die Vertreter der Mitgliedsstaaten im EU-Rat kurz vor Weihnachten geeinigt hatten.
Der Bundesverband Solarwirtschaft BSW begrüßt diese Verhandlungsergebnisse zum Clean Energy Package und sieht darin einen wichtigen Meilenstein zu einer künftig deutlich klimafreundlich und bürgernäher organisierten Energieversorgung. Dazu erklärt BSW-Hauptgeschäftsführer Carsten Körnig: „Die Potenziale von Heim- und Gewerbespeichern als wichtige Herzstücke und Flexibilitätspuffer der Energiewende wurden endlich erkannt. Bei der Erbringung von Netzdienstleistungen dürfen Speicher nun gegenüber fossilen Erzeugern nicht mehr schlechter gestellt und diskriminiert werden.“
Der BSW hatte zuletzt im Dezember mit weiteren Verbänden bei der Bundesregierung in dieser Frage um Unterstützung geworben. Solarstromspeicher sind technisch hervorragend zur Erbringung von Systemdienstleistungen wie z.B. Regelenergie geeignet. Aufgrund regulatorischer Barrieren blieben diese Potenziale bislang aber meist ungenutzt. In Deutschland wird inzwischen jede zweite Solarstromanlage zusammen mit einem Batteriespeicher installiert. Im Sommer 2018 hatte der BSW im Beisein von BMWi-Staatssekretär Thomas Bareiß den 100.000. Solarstromspeicher in Betrieb genommen.
Nach der erwarteten formalen Bestätigung der nun erzielten Verhandlungsergebnisse in den nächsten Wochen durch das EU-Parlament und den Europäischen Rat haben die Mitgliedstaaten 18 Monate Zeit, die neuen Regeln in nationales Recht um zu setzen.
Hintergrund
Seit Ende 2016 verhandelte die EU das zukünftige Strommarktdesign im Zuge des sogenannten Clean Energy Package. Ein wichtiger Aspekt ist dort die zukünftige Rolle von „active customers“, die selbst Strom erzeugen, speichern, verbrauchen und liefern (siehe Artikel 15 der Electricity Market Design Directive). In Deutschland werden diese Kunden häufig auch „Prosumer“ genannt.
Nach dem neuen Artikel 15 der sogenannten Market Design Directive soll in Zukunft Prosumern der Betrieb von Erzeugungsanlagen und Speichern deutlich einfacher gemacht werden. Der technische und administrative Aufwand und auch die entsprechenden Entgelte für den Betrieb solcher Anlagen müssen in Zukunft verhältnismäßig sein. Damit dürften die Betreiber von Speichern diese in Zukunft häufiger auch netzdienlich einsetzen. Der gespeicherte Strom darf nach dem Willen der EU bei der Erbringung von Flexibilität für Netzbetreiber nicht mehr doppelt mit Entgelten, Abgaben und Umlagen belastet werden. Dies gilt heute als eine der größten Hürden für die Erbringung von Netzdienstleistungen durch Heimspeicher: Jede Einspeicherung aus dem Netz wird mit Abgaben und Umlagen belastet als wäre der Strom verbraucht worden. Das gilt selbst dann, wenn der gespeicherte Strom später ins Netz zurück gespeist wird und daher ein anderer Stromverbraucher beim tatsächlichen Verbrauch des Stroms diese Abgaben und Umlagen ein zweites Mal zahlt.
Die Bundesregierung hatte im EEG mit dem § 61k bereits begonnen, diese Marktverzerrung abzubauen und auch im Koalitionsvertrag eine Überprüfung der Doppelbelastung vorgesehen. Die EU drückt jetzt aufs Tempo, damit Heimspeicher ohne diese Belastung Flexibilität anbieten dürfen, so wie es heute die großen Energieerzeuger bereits können. Die Erbringung von Flexibilität durch Erzeuger ist heute bereits frei von Entgelten, Abgaben und Umlagen.