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BGH: § 4 Abs. 7 VOB/B bei Kündigung vor Abnahme unwirksam

Matthias Scheible

Entscheidungsgründe

Der BGH urteilt, dass die Regelung, wonach die Kündigung im VOB/B-Vertrag vor der Abnahme nach § 4 Abs. 7 VOB/B grundsätzlich bei jedem, auch noch so kleinen Mangel, möglich sei und daher unwirksam ist. Nach dem Klauselverständnis im Rahmen der AGB-Kontrolle widerspreche § 4 Nr. 7 Satz 3 i.V.m. § 8 Nr. 3 Abs. 1 Satz 1 Var. 1 VOB/B (2002) dem gesetzlichen Leitbild im Sinne von § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB und ist deshalb gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam (siehe Urteil des BGH vom 19.01.2023, Aktenzeichen: VII ZR 34/20).

Auswirkung

Die Kündigungsmöglichkeit vor Abnahme ist damit weiter eingeschränkt. Bereits vor der Entscheidung waren die Anforderungen an eine Kündigung vor der Abnahme im Rahmen der VOB/B sehr formal (Mangelbeseitigungsaufforderung mit Fristsetzung samt Androhung der Kündigung, explizite Kündigung etc.). Die Nichteinhaltung der formalen Voraussetzungen führt dazu, dass eine freie Kündigung vorliegt, die den Kündigenden mit entsprechenden Gegenforderungen des Gekündigten konfrontiert.

In seiner Entscheidung gibt der BGH noch Hinweise dazu, ab wann eine Kündigung nicht als freie Kündigung angesehen werde, sondern aus wichtigem Grund. Hierzu führte der BGH in Rdn. 41 seiner Entscheidung aus:  

„Eine vertragswidrige oder mangelhafte Werkleistung in der Ausführungsphase kann im Hinblick auf die zu berücksichtigende Dispositionsfreiheit des Auftragnehmers nur dann ein wichtiger Grund sein, wenn weitere Umstände hinzutreten, die die Unzumutbarkeit der Vertragsfortsetzung für den Auftraggeber begründen. Solche können sich im Einzelfall aus Umständen ergeben, die einen Bezug zu der potenziell mangelhaften oder vertragswidrigen Leistung aufweisen, sofern diese in der Gesamtabwägung so schwer wiegen, dass sie zu einer tiefgehenden Störung der für die Fortsetzung des Vertrags notwendigen Vertrauensbeziehung geführt haben. Ein berechtigtes Interesse des Auftraggebers, die Fertigstellung durch den Auftragnehmer nicht mehr abwarten zu müssen, kann etwa aus der Ursache, der Art, dem Umfang, der Schwere oder den Auswirkungen der Vertragswidrigkeit oder des Mangels folgen.“

Diese Rechtsprechung ist sodann auch auf VOB/B-Verträge anwendbar, denen die aktuelle Fassung der VOB/B zu Grunde liegt.

Fazit

Neben der mangelhaft ausgeführten Leistung müssen zusätzlich Umstände vorliegen, die eine Vertragsfortführung für den Kündigenden unzumutbar machen. Dies hängt in der Gesamtabwägung im Einzelfall ab. Sollte eine Kündigung in Betracht gezogen werden, ist es ratsam sich in jedem Fall vorab rechtlich beraten zu lassen. Andernfalls drohen Gegenforderungen aufgrund einer freien Kündigung des Vertragsverhältnisses.

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