Tipp vom Anwalt: Darauf kommt es bei der Prüfungs- und Bedenkenhinweispflicht an
Sachverhalt (verkürzt)
Der Auftraggeber (AG) hat gegen den Auftragnehmer (AN) wegen angeblichen Mängeln an der vom AN erstellten Betonbodenplatte einer Lagerhalle einen Kostenvorschuss sowie die Feststellung der weitergehenden Ersatzpflicht geltend gemacht. Insbesondere sollte verhindert werden, dass in Wasser gelöste Partikel aus der Lagerhalle in das Grundwasser eindringen können. Hierzu gab es verschiedentliche Gespräche zwischen den Parteien. Dabei erläuterte der AG dem AN, dass ihm an einer „dichten Bodenplatte gelegen sei. Der AN merkt an, dass nach dem Leistungsverzeichnis die Bodenplatte in WU-Beton ausgebildet werden sollte.
Nach Fertigstellung weist die Bodenplatte eine Vielzahl von Rissen auf, die die gesamte Dicke der Betonplatte betroffen haben, so genannte Trennrisse. Durch die Risse kann Stahlwerkstaub im Löschwasser gelöst werden und in das Grundwasser eindringen. Der AN wendet u. a. ein, er habe nach dem Leistungsverzeichnis des AG gebaut, das keine in jeder Hinsicht dichte Betonplatte vorsehe. Im Übrigen sei der AG selbst fachkundig gewesen. Auf die möglichen Folgen – Verunreinigung des Grundwassers – hatte der AN den AG nicht hingewiesen.
Nach Neuherstellung der Betonbodenplatte im Wege der Ersatzvornahme macht der AG gegen die Beklagte einen Anspruch auf Kostenerstattung in Höhe von 206.790,88 EUR netto nebst Zinsen geltend.
Entscheidung
Das Gericht verurteilt den AN (OLG Düsseldorf, Urteil v. 06.10.2017, Az.: 22 U 41/17). Die Leistungsvereinbarung der Parteien sei von der Pflicht des AN, ein nach den maßgeblichen Vertragsumständen zweckentsprechendes, funktionstaugliches Werk zu erbringen, überlagert.
Dieses Werk bestehe in einer Betonplatte, die ein Eindringen von Lagermaterial in das Grundwasser zuverlässig verhindert. Die Ausführung nach den Planungen gewährleistet dies nicht. Selbst wenn man unterstellt, dem AN wären vom AG konkrete (Vor-)Planungen des Betonbodens vorgelegt oder gar Bedingungen vorgegeben worden, würde das nichts an der verschuldensunabhängigen Mängelhaftung des AN ändern.
Der AN kann sich - nach Bejahung des Haftungstatbestandes - in einem zweiten Schritt ausnahmsweise nur dann enthaften, wenn er den AG auf diesbezügliche Bedenken hingewiesen hat oder wenn er (ausnahmsweise) nicht erkennen konnte, dass die (Vor-)Planungen bzw. "Bedingungen" des AG´s nicht geeignet waren, die vereinbarte bzw. nach dem Vertrag vorausgesetzte Funktion zu erfüllen.
Darüber hinaus stellt das Gericht klar, dass die bloße Vermutung des Werkunternehmers, der Auftraggeber sei bereits (durch eigenes Wissen oder durch Fachkunde sonstiger Baubeteiligter bzw. Dritter) entsprechend informiert, nicht die Prüfungs- und Bedenkenhinweispflicht entfallen lässt. Soweit der Werkunternehmer sich zu einer ausreichenden Prüfung selbst fachlich nicht in der Lage sieht, hat er sich - bei vertraglich übernommener Planungspflicht ggf. auch durch geeignete Fachplaner oder entsprechende fachkundige Spezialfirmen als Subunternehmer - den notwendigen Sachverstand zur Klärung der Anforderungen einer für die ihm erkennbaren Zwecke des Auftraggebers tauglichen Werkleistung zu verschaffen.
Der Werkunternehmer ist nur dann von seinen Gewährleistungspflichten befreit, wenn er inhaltlich klar, vollständig und erschöpfend die nachteiligen Folgen und die sich daraus ergebenden Gefahren einer zweifelhaften Ausführungsweise konkret darlegt, damit dem Auftraggeber die Tragweite der Nichtbefolgung dieser Hinweise hinreichend erkennbar wird.
Fazit
Das Urteil zeigt erneut, dass den Unternehmer umfängliche Prüf- und Hinweispflichten treffen. Zum einen muss der Unternehmer Vorgewerke im Rahmen seiner Möglichkeiten prüfen, ggf. unter Hinzuziehung eines eigenen oder vom AG hinzugezogenen Fachmanns. In der Folge wäre auf mögliche Probleme hinzuweisen. Die Hinweise müssen so formuliert sein, dass sich grundsätzlich der Auftraggeber solchen Hinweisen und Bedenken nicht verschließen kann und das Risiko vollumfänglich begreift, selbst wenn der AG „bauerfahren“ ist.