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Individueller Sanierungsfahrplan: Was gilt bei Erweiterung oder Ausbau?

Klaus Lambrecht

Im Gebäudeenergiegesetz (GEG) ist geregelt, dass bei der Erweiterung und dem Ausbau eines Wohngebäudes der spezifische, auf die wärmeübertragende Umfassungsfläche bezogene Transmissionswärmeverlust (H’T) der Außenbauteile der neu hinzukommenden beheizten oder gekühlten Räume das 1,2fache des entsprechenden Wertes des Referenzgebäudes nicht überschreiten darf [1]. Im Rahmen der „Förderung der Energieberatung für Wohngebäude“ [2] gibt es keine dezidierten Vorgaben, ob Erweiterungen oder Ausbauten bereits im iSFP berücksichtigt werden müssen. Die Einschätzung im Einzelfall liegt in der Verantwortung der Expert:innen und ist bei Rückfrage des BAFA, wie im folgenden Text beschrieben, nachvollziehbar zu belegen.

In der Regel sind Planungsleistungen bei Erweiterungen und Ausbauten erforderlich, die mit der Beauftragung zur Ausstellung eines Sanierungsfahrplans nicht abgedeckt sind. Wenn die Entscheidung der Beratenen jedoch bereits mit der Auftragsvergabe zum iSFP soweit feststeht, dass verbindliche Schritte eingeleitet worden sind, und die geplante Erweiterung oder der Ausbau in dem zutreffenden Programm der Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG) als Sanierung mit gefördert werden kann, ist dies immer im iSFP mit abzubilden. Ob die Anlagentechnik und Bauteilflächen der Erweiterung oder des Ausbaus bereits im Ist-Zustand erfasst werden sollen oder erst in der Sanierungsvariante, stellt das BAFA den Berater:innen frei, auch weil dies je nach Software unterschiedlich ist.

Der Ansatz, bereits im Ist-Zustand die Erweiterung oder den Ausbau zu berücksichtigen, birgt ein grundlegendes Problem. Welche energetische Qualität und Schichtaufbauten werden in diesem Fall für die wärmeübertragenden Flächen der ursprünglich noch unbeheizten oder nichtexistierenden Räume angesetzt? Werden beispielsweise für ein unausgebautes Dachgeschoss die vorhandenen Dachaufbauten verwendet, resultieren daraus sehr hohe Transmissionswärmeverluste und eine falsche Ermittlung des Energiebedarfs. Dann macht ein Vergleich vorher-nachher keinen Sinn. Bei noch nicht existierenden Anbauten gibt es noch gar keine Bauteile. Was setzen wir im iSFP an: Die Werte des Referenzgebäudes? Oder die Werte des Planungsstandes? Hierzu gibt es keine Vorgaben. Wir müssen uns bewusst sein, dass bei der Dokumentation und der Erläuterung des Berichts klar aufgezeigt wird, was womit verglichen wurde.

Förderung neuer Wohneinheiten wurde erweitert

Seit der Novelle der BEG am 21. Oktober 2021 gibt es eine Erweiterung bei der Förderung neuer Wohneinheiten im Bestand, die im iSFP zur Anwendung kommen kann. Bei der Erweiterung bestehender Wohngebäude oder beim Ausbau von zuvor nicht beheizten Räumen gilt für die Förderung der energetischen Maßnahmen: Die energetischen Maßnahmen der Erweiterung oder des Ausbaus werden in der BEG WG als Sanierung oder alternativ in der BEG EM als Einzelmaßnahmen gefördert.

Für die Förderung von Wohneinheiten, die im Zuge der Erweiterung oder des Ausbaus entstehen, und für die jeweilige Behandlung des Gebäudeteils bei der Bilanzierung zum Nachweis eines Effizienzhauses, sind folgende Fälle zu unterscheiden [3]:

Fall 1 BEG Sanierungsförderung: 

Wird durch die Erweiterung oder den Ausbau eine neue Wohneinheit geschaffen, in welche zuvor bereits beheizte Flächen mit einbezogen sind, wird diese neue Wohneinheit als Sanierung gefördert und kann in der BEG WG Sanierung der Bemessung des Förderhöchstbetrags zugrunde gelegt werden. Dies gilt auch bei Umwidmung von beheizten Nichtwohnflächen zu beheizten Wohnflächen: Sofern durch Umwidmung vormals beheizter Räume zu Wohnräumen eine neue Wohneinheit entsteht (mit Einbeziehen von zuvor beheizter Fläche), wird diese Wohneinheit in der BEG WG als Sanierung gefördert (siehe auch TFAQ 1.07 „Umwidmung beheizter Gebäude“ [3]). Bei dem Nachweis für ein Effizienzhaus ist das (Gesamt-)Gebäude aus Bestand und Erweiterung bzw. Ausbau zu bilanzieren.

Fall 2 BEG Neubauförderung: 

Wenn dagegen eine Wohneinheit ausschließlich in der Erweiterung oder dem Ausbau neu entsteht, ohne dass in diese zuvor bereits beheizte Flächen miteinbezogen sind, wird die neue Wohneinheit ausschließlich als Neubau gefördert. Dies gilt auch bei Umwidmung von unbeheizten Nichtwohnflächen zu beheizten Wohnflächen: Sofern durch Umwidmung vormals nicht beheizter Räume zu Wohnräumen eine neue Wohneinheit entsteht (ohne Einbeziehen von zuvor beheizter Fläche), ist eine Antragstellung für diese Wohneinheit nur in der BEG WG als Neubau möglich (siehe auch TFAQ 1.08 „Umwidmung unbeheizter Gebäude“ [3]).Dabei ist separat zu bilanzieren oder auf Basis des Gesamtgebäudes für einen Effizienzhaus-Standard, der in beiden Programmen gefördert wird, wie z.B. für ein Effizienzhaus 55 (ab 1.2.2022: Effizienzhaus 40).

Fall 3 BEG Sanierungsförderung (neu ab 21.10.2021): 

Wird für eine gemäß Fall 2 neu entstandene Wohneinheit keine Förderung in der BEG WG Neubau beantragt, können die energetischen Maßnahmen der Erweiterung oder des Ausbaus im Rahmen des Förderhöchstbetrages für die bestehenden Wohneinheiten in der BEG WG Sanierung mitgefördert werden. Bei dem Nachweis für ein Effizienzhaus ist das (Gesamt-)Gebäude aus Bestand und Erweiterung bzw. Ausbau zu bilanzieren.

Erläuterungen zu den Fördermöglichkeiten am Beispiel eines Dachgeschossausbaus enthält FAQ 3.18 der „Antworten auf häufig gestellte Fragen zur BEG (FAQ)“ [4], die auch auf den Ausbau anderer Gebäudeteile sowie auf Erweiterungen übertragen werden können. Wenn die Beratenen bereits verbindliche Schritte für Ausbau oder Erweiterungen eingeleitet haben – also nicht nur Absichtserklärungen –, ist dies zumindest im Zielzustand im iSFP zu berücksichtigen.

Sofern noch keine verbindlichen Schritte und Planungen bereits eingeleitet sind, empfehle ich den Berater:innen folgendes Vorgehen: Bleiben Sie beim iSFP immer in der ursprünglichen Kubatur, in den Varianten werden keine Änderungen der wärmeübertragenden Flächen – auch nicht aufgrund von zusätzlichen Dämmungen – nachgeführt. Etwaige Erweiterungen und Ausbauten ebenso wie das Nachführen der Flächenermittlung aufgrund von Dämm-Maßnahmen wären in diesem Fall in einer gesonderten Berechnung durchführen und nicht im iSFP zu dokumentieren. In den meisten Programmen können Sie dazu die finale Variante in ein neues Projekt exportieren und dort weiterbearbeiten.

Diese für den Zielzustand durchgeführte Berechnung mit einer Massenermittlung konform zu den nach GEG DIN V 18599-1: 2018-09 Abschnitt 8 angegebenen Bemaßungsregeln dient auch als Grundlage für den KfW-Antrag für das Effizienzgebäude. Hierzu werden nicht nur etwaige Erweiterungen berücksichtigt, sondern alle Bauteilflächen um die zusätzliche Dämmung nachgeführt – ebenso wie das Volumen. Diese gesonderte – und für die BEG Antragsstellung zum Effizienzhaus auch notwendige – Berechnung kann innerhalb der Energieberatung vereinbart und geleistet werden oder im Rahmen der geförderten Baubegleitung. Es ist wichtig, zu Beginn dem Kunden klar zu kommunizieren, was geleistet wird.

iSFP erleichtert die Planung, kann sie aber nicht ersetzen

Ein übergeordnetes Ziel einer geförderten Beratung für Wohngebäude ist, ein förderfähiges Sanierungskonzept zu erstellen. Dies betrifft auch die Einbeziehung von Erweiterungen und Ausbauten. So soll in keinem Fall der Eindruck vermittelt werden, dass der iSFP nur pro forma erstellt wird und erst recht nicht, dass dieser ein für den Beratenen unbrauchbares Beratungsergebnis liefern soll oder kann. Es ist somit zu unterscheiden, ob hinsichtlich von Erweiterungen und Ausbauten lediglich Absichtserklärungen von Seiten der Beratenen vorliegen, oder ob bereits verbindliche Schritte eingeleitet und Planungsleistungen beauftragt wurden. Die Berater:innen sollten mit dem iSFP nicht den kleinen Finger geben und sich dann den ganzen Arm nehmen lassen.

Der iSFP ist ein Strategiepapier. Auf dieser Grundlage kann dann eine Planung zielgerichtet vorgenommen werden. Planungsleistungen sind gesondert zu erbringen. Wir haben mit einem solchen iSFP ein schlankes Beratungsverfahren mit belastbaren Ergebnissen als Entscheidungsgrundlage für sinnvolle Sanierungsmaßnahmen. Aufstockungen und Ausbauten sind aus ökologischer Sicht ausdrücklich zu begrüßen, aber diese sind eben auch gesondert zu planen. Die Stabübergabe von der Energieberatung mit dem iSFP zur Baubegleitung und der Umsetzung der Sanierungsmaßnahmen kann auf diese Weise sehr erfolgreich verlaufen.

Dieser Artikel von Klaus Lambrecht ist zuerst erschienen im Gebäude-Energieberater 10/2021. Klaus Lambrecht ist Partner der Lambrecht Jungmann Partnerschaft (www.solaroffice.de) und Leiter des Deutschen Energieberatertags. Gemeinsam mit dem ifeu hat er den Sanierungsfahrplan BW entwickelt. Er leitet bundesweit die iSFP-Expertenworkshops.

Quellen

[1] GEG im Bild – Praxisgerecht kommentiert und graphisch umgesetzt; Uli Jungmann und Klaus Lambrecht; 2021; Verlagsgesellschaft Rudolf Müller; ISBN 978-3-481-03669-0

[2] Richtlinie über die Förderung der Energieberatung für Wohngebäude (Vor-Ort-Beratung, individueller Sanierungsfahrplan) vom 28. Januar 2020; https://www.bafa.de/DE/Energie/Energieberatung/Energieberatung_Wohngebaeude/energieberatung_wohngebaeude_node.html

[3] Bundesförderung für effiziente Gebäude; Liste der Technischen FAQ - BEG WG / BEG NWG; https://www.kfw.de/Technische-Seiten/Wartungsseiten/index.html?redirect=360896

[4] https://www.deutschland-machts-effizient.de/KAENEF/Redaktion/DE/FAQ/FAQ…

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