Anspruch auf Krankengeld: Darauf müssen Angestellte jetzt achten

Jeder dritte Deutsche hat große Angst davor, schwer zu erkranken. Das zeigt die R+V-Langzeitstudie "Die Ängste der Deutschen". Finanziell sind Arbeitnehmer auch bei langwierigen Krankheiten abgesichert. "Wer krank ist, bekommt sein Gehalt erst einmal wie gewohnt weiter. Die Zahlung des Arbeitgebers ist allerdings auf höchstens sechs Wochen begrenzt", erklärt Linda Christ von der R+V Betriebskrankenkasse. Danach springt die gesetzliche Krankenkasse ein und zahlt Krankengeld.
Was ist das Krankengeld?
Krankengeld ist eine Lohnersatzleistung der gesetzlichen Krankenkassen. Es wird gezahlt, wenn der Anspruch an den Arbeitgeber auf Lohnfortzahlung im Krankheitsfall erlischt. Das ist im Regelfall nach sechs Wochen der Fall. Wer in den ersten vier Wochen einer neuen Beschäftigung krank wird, erhält ebenfalls Krankengeld, da es in dieser Zeit noch keinen Anspruch auf Lohnfortzahlung gibt.
Wer bekommt Krankengeld?
Krankengeld erhalten:
- Gesetzlich versicherte Angestellte
- Auszubildende
- Bezieher von Arbeitslosengeld I
Ausnahmen: Studierende bekommen kein Krankengeld, wenn sie neben dem Studium versicherungsfrei jobben. Ist jedoch der Job die Hauptbeschäftigung und das Studium „Nebensache“ und sind sie versichert, erhalten auch sie Krankengeld. Als Abgrenzung dient häufig die Zahl der wöchentlichen Arbeitsstunden. Ab 20 Stunden Arbeit geht man von einem „Hauptjob“ aus.
Auch Angestellte, die einen Arbeitsunfall hatten, oder länger unter einer Berufskrankheit leiden, erhalten kein Krankengeld. In diesen Fällen sind die gesetzlichen Krankenkassen nicht mehr zuständig. Die Lohnfortzahlung wird dann von der Unfallkasse oder der Berufsgenossenschaft geleistet und heißt Verletztengeld. Ausgezahlt wird es aber auch über die Krankenkasse.
Wann haben Angestellte Anspruch auf Krankengeld?
In den ersten sechs Wochen einer Krankheit haben die meisten Arbeitnehmer Anspruch auf Lohnfortzahlung im Krankheitsfall. Diese muss durch eine oder mehrere Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen vom Arzt belegt werden. Ab der siebten Woche springt die gesetzliche Krankenkasse ein und zahlt Krankengeld. Privatversicherte haben nur Anspruch auf Krankengeld, wenn sie sich separat versichern! Einen Anspruch haben gesetzlich Versicherte in folgenden Fällen:
- Wenn sie im Krankenhaus sind,
- Wenn sie an einer Reha-Maßnahme teilnehmen,
- Wenn sie länger als sechs Wochen wegen derselben Krankheit krankgeschrieben sind,
- Wenn sie Begleitpersonen für Angehörige bei Krankenhaus- bzw. Reha-Aufenthalten sind (muss ärztlich bestätigt werden).
Wer bekommt kein Krankengeld?
Die Mitgliedschaft in einer gesetzlichen Kran¬ken¬kas¬se bedeutet nicht, das man automatisch Krankengeld erhält. Laut Gesetz haben folgende Personengruppen keinen Anspruch auf Krankengeld:
- Familienversicherte Ehegatten und Kinder,
- Empfänger von Bürgergeld, Praktikanten und (in der Regel) Studierende,
- Selbstständige, die freiwillig gesetzlich versichert sind, aber keine Wahlerklärung gegenüber ihrer Krankenkasse abgegeben haben,
- Rentner (Altersrente und Erwerbsminderungsrente),
- Eltern während der Elternzeit,
- Minijobber.
Wie hoch ist das Krankengeld?
Das Krankengeld orientiert sich am beitragspflichtigen Arbeitseinkommen und beträgt davon 70 Prozent. Es wird pro Kalendertag berechnet. Das Krankengeld ist auf den gesetzlichen Höchstbetrag von 120,75 Euro pro Tag (Wert 2024) begrenzt bzw. maximal 90 Prozent des Nettolohns. Auch Urlaubs- und Weihnachtsgeld der vergangenen zwölf Monate fließen in die Berechnung mit ein.
Das Krankengeld wird nicht besteuert, allerdings fallen Beiträge für die Renten-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung an. Nur Beiträge für die Krankenkasse werden nicht abgezogen. In der Steuererklärung muss die Krankengeldzahlung trotzdem angegeben werden, weil sie den Steuersatz erhöht (Progressionsvorbehalt).
Was müssen Angestellte bei der Krankschreibung beachten?
Für eine Krankschreibung benötigen Angestellte eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung, auch AU, Attest oder „gelber Schein“ genannt. Ab wann Mitarbeiter diese benötigen, steht im Arbeitsvertrag. Einige Arbeitgeber verlangen eine AU ab dem ersten Krankheitstag, andere ab dem dritten. Um den Anspruch auf Krankengeld aufrecht zu erhalten, muss der Arzt den kranken Mitarbeiter ohne Unterbrechung krankschreiben. Das heißt: Spätestens am nächsten Werktag nach dem letzten Attest, muss die neue Krankschreibung erfolgen. Dabei zählen Samstage und Sonntage nicht zu den Werktagen.
Vorsicht: So entsteht eine Anspruchslücke!
Endet während des Krankengeldbezugs eine AU an einem Freitag, muss das Anschlussattest spätestens am Montag ausgestellt werden. Sonst entsteht eine sogenannte Anspruchslücke und die Krankenkasse kann die Zahlung des Krankengeldes verweigern. Auch eine – sonst mögliche – rückwirkende Krankschreibung bis maximal drei Tage ist in dem Fall nicht möglich. Es gilt das Datum des Arztbesuchs.
Doch keine Regel ohne Ausnahme: Ist der Arztbesuch geplant und wird beispielsweise von Seiten der Praxis verschoben oder kann anderweitig nicht stattfinden, darf der Arzt die Arbeitsunfähigkeit auch rückwirkend bestätigen.
AU beim Arbeitgeber einreichen
Früher war es üblich, dass Kranke von der Arztpraxis drei AU-Durchschläge bekamen: für die eigenen Unterlagen, für den Arbeitgeber und für die Krankenkasse. Heute läuft das Verfahren digital ab. Das heißt: Die Personalabteilung muss lediglich durch den Mitarbeiter erfahren, wie lang die Krankschreibung läuft und lädt sie sich dann von einem zentralen Server herunter. Auch die Krankenkasse erhält die Meldung digital, allerdings automatisiert. Hier ist keine aktive Meldung der erkrankten Angestellten notwendig.
Sollte die eAU nicht funktionieren, können Erkrankte immer noch auf das alte papierbasierte System zurückgreifen und müssen die Ausdrucke dann zum Arbeitgeber bzw. der Krankenkasse senden. Auch hier gilt: Die eAU gibt es nur für gesetzlich Versicherte, Privatversicherte müssen ihre Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung weiterhin als Papierversion verschicken.
Krankschreibung per Telefon oder Videosprechstunde
Eine Krankschreibung darf grundsätzlich auch per Telefon oder Video-Sprechstunde erfolgen. Voraussetzung dafür ist, dass sich die Krankheit ohne körperliche Untersuchung feststellen lässt. Per Videosprechstunde darf die Ärztin ihre Patienten für maximal sieben Tage krankschreiben, wenn sie schon mal in der Arztpraxis waren. Als Neupatient kann man sich für höchstens drei Tage krankschreiben lassen. Eine telefonische Krankschreibung darf nur Patientinnen und Patienten, die der Praxis bereits bekannt sind, ausgestellt werden. Sie gilt höchsten für bis zu fünf Tage – einschließlich etwaiger rückwirkender Krankentage.
Wie lange wird das Krankengeld gezahlt?
Versicherte erhalten Krankengeld wegen derselben Krankheit für maximal 78 Wochen innerhalb von drei Jahren. Gerechnet wird der Zeitraum ab dem ersten Tag der Arbeitsunfähigkeit und zwar inklusive der Zeit der Entgeltfortzahlung durch den Arbeitgeber.
Sind Reisen erlaubt während man Krankengeld bekommt?
Wer innerhalb Deutschlands reisen will, benötigt keine Zustimmung seiner Krankenkasse. Auch muss diese nicht über die Abwesenheit informiert werden. Wer allerdings notwendige Untersuchungen und Heilbehandlungen schwänzt, bekommt Ärger. Ist während der Zeit der Abwesenheit keine Behandlung oder Untersuchung geplant, sind inländische Reisen problemlos möglich.
Etwas anders verhält es sich bei Reisen außerhalb Deutschlands während des Bezugs von Krankengeld. Hier ist es Voraussetzung, die Krankenkasse um eine Genehmigung zu bitten, um so die Aussetzung des Krankengelds zu vermeiden. Liegt kein Missbrauch von Leistungen vor, darf die Kasse den Antrag nicht ablehnen, wenn es sich um einen Aufenthalt in der EU handelt. Das hat das Bundessozialgericht entschieden.