Smalltalk mit Kollegen und Kunden: Soziale Bindung oder sinnloses Geplauder?
Trotz fehlendem Tiefgang hat die Plauderei mit Kollegen in der Pause oder auf der Fahrt zum Kunden durchaus Sinn. Privatgespräche sind das „soziale Schmiermittel“, sie sind für manche ein Bedürfnis und können sogar das eigene Wohlbefinden verbessern. Die Übereinstimmung zwischen der eigenen Meinung im Gespräch und der des Kollegen muss nicht immer sein. Es darf nie ums Rechthaben gehen. Nach einer Studie des „British Office of Communication“ führen jüngere, die Generation „Digital Natives“, einen Smalltalk nicht besonders gerne, die Unlust zur harmlosen Plauderei nehmen sie nicht als eine fehlende Kompetenz wahr. Weil man selbst kein Thema weiß, will man sich höchstens an das Thema des Kollegen „andocken“.
Der kommunikative Kollege hingegen fängt mit einem Thema an und überlegt nicht, ob es den Zuhörer interessiert. Am besten ist es, wenn man als Zuhörer die Story des Kollegen positiv bewertet oder Details hinterfragt. Man kann durchaus den Mut zur Wissenslücke haben, wenn ein Thema an der Reihe ist, zu dem man nicht viel beitragen kann oder mit dem man nicht so vertraut ist.
Anlässe für Smalltalk
Der Lyriker Friedrich Georg Jünger meinte: „Sprich mit den Leuten über das, was sie interessiert: mit dem Jäger über die Jagd, mit dem Fischer über den Fischfang und mit dem Winzer über den Weinanbau.“ Die Themen Freizeit oder Sport sowie Wetter, Urlaub und Familie geben immer ein gutes Pausengespräch unter Kollegen ab. Es gilt nur, den ersten Schritt zu wagen, einen Kontakt im richtigen Moment zu starten. Smalltalk ist kein Storytelling, meist gibt es keine Zeit für endlose Gespräche. Es geht darum, sich in einem kurzen Gespräch zu öffnen, ein Wir-Gefühl zu schaffen, Kollegialität zu fördern. Gesprächsinhalte aus dem Smalltalk können sich im Langzeitgedächtnis verankern, oft kann man bei nächster Gelegenheit ans Thema anknüpfen.
Smartphone & Co. sind Smalltalk-Killer. Sie beherrschen die Arbeitspause. Facebook, Twitter und Apps fordern permanent dazu auf, Posts zu teilen, zu liken, zu kommentieren. Die Angst, etwas zu verpassen, nicht auf dem Laufenden zu sein, ist weit verbreitet. Die ständige Bereitschaft, für Soziale Netzwerke offen zu sein, verhindert den Smalltalk in der Arbeitspause. Wenn sich alles nur noch um die digitale Welt dreht, werden persönliche Gespräche am Arbeitsplatz immer weniger stattfinden.
Es kommt immer weniger zur entspannenden Plauderei, weil man zu sehr mit sich selbst beschäftig ist. Fängt der Kollege mit einem Thema an, denkt man gleich, was man selbst dazu sagen kann. Besser wäre es, die Story zu kommentieren, positiv zu bewerten, Details zu hinterfragen. Keinesfalls sollte man sich selbst in den Vordergrund stellen. Ein Smalltalk des Senders funktioniert sehr gut, wenn der Empfänger in die eigene Story integriert wird, z. B. durch Fragen wie „Wie hättest du in dieser Situation reagiert?“, „Ist dir das auch mal passiert?“. So beteiligt man ihn an der eigenen Story und kann durch seine Reaktion prüfen, ob Interesse am Thema besteht.
Empathie hilft
Das Wort „Empathie“ kommt aus dem Griechischen und meint in diesem Zusammenhang, die Fähigkeit des Empfängers, sich beim Smalltalk in die Botschaft des Senders zu versetzen. Voraussetzung ist, die Gedanken und Gefühle des Senders ohne Vorurteile zu akzeptieren. Eine Story darf man nicht anzweifeln, auch wenn sie übertrieben und kaum glaubhaft ist. Empathie vermittelt Wertschätzung des Kollegen, der sich mitteilt, man kann damit aktiv Beziehungen aufbauen und die Kollegialität stärken. Vergleiche und gute Ratschläge kommen nicht gut an: „Da hätte ich an deiner Stelle aber Folgendes getan …“, „Das darfst du dir aber nicht gefallen lassen, weil …“, „Das wäre mir nicht passiert, ich hätte …“. Appelle wirken schulmeisterhaft, hören sich an wie eine Belehrung, im Extremfall wie Kritik. So gelingt der Smalltalk nicht. Erst wenn guter Rat ausdrücklich gefragt wird, ist er hilfreich.
Im munteren Plauderton plötzlich ein aufgesetztes „Das tut mir leid“ einzustreuen, wird schnell durchschaut und als oberflächlich abgelehnt. Ist Wertschätzung vorhanden, fallen andere Formulierungen ein. Zur Not ist ein „Oh je“ besser. Gefühlsstarke Personen können sich schneller und intensiver in die emotionale Situation eines anderen versetzen.
Ideale Voraussetzung für einen Smalltalk zwischen Kunde und Monteur ergibt sich, wenn beide gleichermaßen kommunikativ sind. Am besten wartet man ab, wie sich der Kunde verhält, man spürt bei Stammkunden oft die Gesprächsbereitschaft.
Dieser Artikel von Rolf Leicher erschien zuerst in SBZ Monteur-Ausgabe 11/2022. Dipl.-Betriebswirt Rolf Leicher ist Fachautor und Referent.