Grenzenlos: Fahrverbote gelten EU-weit
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Wer auf Montage, der Durchreise oder im Urlaub aufgrund eines Verkehrsdelikts im EU-Ausland ein Fahrverbot erhält, konnte sich bislang, sobald er die Grenze nach Deutschland überquert hatte, trotzdem wieder ans Steuer setzen. Das ändert nun ein neues EU-Gesetz.
Künftig arbeiten die EU-Staaten zusammen, wenn es darum geht, Fahrverbote durchzusetzen. Verliert ein deutscher Autofahrer wegen eines schweren Verkehrsdelikts , seine Fahrerlaubnis beispielsweise in Frankreich, weil er zu schnell gefahren ist, ist der Führerschein dann auch in Deutschland weg. Dem Vorschlag der EU-Kommission haben die Verkehrsministerinnen und Verkehrsminister der Europäischen Ländern nun zugestimmt. Danach wird ein Fahrverbot oder Führerscheinentzug EU-weit gelten, auch wenn das Delikt nicht im Heimatland passiert ist und die Strafe nicht dort ausgesprochen wurde. Der Führerschein soll dann trotzdem von den deutschen Behörden einkassiert werden können.
Das bedeutet, dass Autofahrer sich dann in ganz Europa nicht mehr hinter das Steuer setzen dürfen, ganz gleich in welchem Land sie gegen die Verkehrsregeln verstoßen haben.
Grenzüberschreitender Informationsaustausch
Bundesverkehrsminister Volker Wissing (parteilos) sieht die Änderungen positiv: "Wenn jemand den Führerschein in einem Mitgliedsstaat der Europäischen Union verloren hat, weil er gegen Straßenverkehrsvorschriften massiv verstoßen hat, dann soll er oder sie überall nicht fahren dürfen."
Damit sichergestellt wird, dass der Entzug des Führerscheins in allen EU-Staaten angewendet wird, soll die Entscheidung an das Land weitergeleitet werden, in dem der Führerschein ausgestellt wurde. Die Behörden tauschen Informationen zu schweren Verstößen künftig also untereinander aus.
Welche Verkehrsvergehen sind davon betroffen?
Die Regelung gilt für alle gravierenden Verkehrsdelikte. Dazu zählen
- das Fahren unter Alkohol- oder Drogeneinfluss
- übermäßiges Rasen und
- Verkehrsverstöße mit Todesfolge oder schwerer Körperverletzung.
Strafen für Geschwindigkeitsüberschreitungen sind von Land zu Land verschieden. Für den EU-weiten Führerscheinentzug soll nun eine einheitliche Messlatte gelten: Rasen soll ab einer Geschwindigkeit von mehr als 50 Kilometern pro Stunde über der geltenden Begrenzung EU-weit mit dem Entzug des Führerscheins bestraft werden. Innerorts in Wohngebieten soll das bereits ab 30 Kilometern pro Stunde über der Höchstgeschwindigkeit gelten.
Gibt es Ausnahmen?
Der Staat, der einen Führerschein ausgestellt hat, ist nicht in jedem Fall verpflichtet, eine EU-weite Wirkung des Fahrverbots anzuordnen. Führt das im anderen EU-Staat begangene Verkehrsdelikt im Ausstellermitgliedstaat per Gesetz nicht zu einem Verlust der Fahrerlaubnis, wird es das auch EU-weit nicht tun. Das Fahrverbot bleibt in diesem Fall auf das Land beschränkt, in dem das Delikt passiert ist.
Auch Fahrverbote mit einer Dauer von weniger als drei Monaten, bei denen die verbleibende Zeitspanne der Vollstreckung weniger als einen Monat beträgt, sollen von der Regelung ausgenommen bleiben. Das soll den Verwaltungsaufwand reduzieren.
Welche Fristen gelten?
Laut EU-Parlament sollen die betroffenen EU-Staaten einander innerhalb von zehn Arbeitstagen über die Entscheidung zum Entzug der Fahrerlaubnis informieren. Innerhalb einer weiteren Frist von 15 Arbeitstagen soll dann entschieden werden, ob der Entzug der Fahrerlaubnis EU-weit gilt. Die betroffene Fahrerin oder der betroffene Fahrer sollte innerhalb von sieben Arbeitstagen über eine endgültige Entscheidung informiert werden.
Wann tritt die Regelung in Kraft?
Bislang handelt es sich um den Entwurf einer Richtlinie, der der EU-Rat jetzt zugestimmt hat. Das EU-Parlament hat seine erste Lesung abgeschlossen. Wann die endgültige Fassung verabschiedet wird, steht nicht fest. Und auch danach muss sie erst noch in Landesgesetze übernommen werden.
Welche Verkehrsdelikte werden in Deutschland mit einem Fahrverbot geahndet? Bei einem Fahrverbot handelt es sich um einen zeitlich befristeten Verlust der Fahrberechtigung. Es gilt für ein bis drei Monate, bei einem strafrechtlichen Fahrverbot können daraus bis zu sechs Monate werden. Darüber hinaus gibt es noch den Fall, dass die Berechtigung zum Führen eines Kraftfahrzeugs auf Dauer entzogen wird.
Ein Monat bis drei Monate Fahrverbot drohen zusätzlich zu einer Geldstrafe und Punkten in Flensburg bei folgenden Verstößen:
- Geschwindigkeitsüberschreitung ab 31 km/h innerorts und 41 km/h außerorts (1 Monat)
- Geschwindigkeitsüberschreitung ab 51 km/h innerorts und 61 km/h außerorts (2 Monate)
- Geschwindigkeitsüberschreitung ab 61 km/h innerorts und 71 km/h außerorts (3 Monate)
- Fahren mit mehr als 0,5 Promille Alkohol, aber unter 1,1 Promille
- Fahrradfahren mit mehr als 1,6 Promille
- Fahren unter Drogeneinfluss
- Qualifizierter Rotlichtverstoß: Überfahren einer roten Ampel nach mehr als einer Sekunde Rotlicht
- Einfacher Rotlichtverstoß: Überfahren einer roten Ampel mit Unfall oder Verkehrsgefährdung
- Nichteinhaltung des Sicherheitsabstands (innerorts 15 Meter bei 50 km/h, außerorts 50 Meter bei 100 km/h)
Ob die Behörden im Einzelfall tatsächlich ein Fahrverbot aussprechen und wie lange es dauern soll, hängt von der Schwere des Vergehens ab.
Sprechen die Behörden ein Fahrverbot von sechs oder mehr Monaten aus, dann handelt es sich dabei genau genommen nicht mehr um ein Fahrverbot, sondern um einen Entzug des Führerscheins. Das passiert etwa in folgenden Fällen:
- Fahren unter Alkohol- (ab 1,1 Promille) oder Drogeneinfluss
- unterlassene Hilfeleistung nach einem Unfall
- bei mehr als acht Punkten in Flensburg.
Da es sich in diesem Fall um einen Entzug des Führerscheins handelt, müssen die Betroffenen diesen neu beantragen. Das ist sechs Monate vor Ablauf der Sperrfrist möglich, in gewissen Fällen müssen sie dafür aber gewisse Auflagen erfüllen, etwa eine Medizinisch-Psychologische-Untersuchung (MPU).