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Wie funktionieren kalte Nahwärme und Niedertemperatur-Netze?

Frank Urbanksy

In hochgedämmten Häusern, wie sie heute schon vom Gesetzgeber bei Neubauten oder Sanierungen gefordert werden, machen Hochtemperaturheizungen wenig Sinn. Hier reichen deutlich niedrigere Temperaturen aus, wie sie in Kalt- und Niedertemperatur-Netzen erreicht werden. Mit diesen zukunftsweisenden Technologien lässt sich Energie effizienter und umweltfreundlicher nutzen.

Kalte Wärmenetze

Kalte Wärmenetze, auch als „kalte Nahwärmenetze“ oder „Niedrigsttemperaturnetze“ bezeichnet, arbeiten mit Temperaturen unter 30 °C, meist im Bereich von 10 bis 25 °C. Diese niedrigen Temperaturen ermöglichen es, sowohl im Winter als auch im Sommer effizient zu heizen und zu kühlen. Die Verteilung der Wärme erfolgt in einem geschlossenen Kreislaufsystem, das durch Erdsonden, Grundwasser, Flüsse oder Seen gespeist wird. Die eigentliche Nutzwärme wird in den angeschlossenen Gebäuden durch Wärmepumpen erzeugt, die die Temperatur auf das benötigte Niveau anheben.

Komponente eines kalten Nahwärmenetzes. Im Gegensatz zu Hochtemperaturnetzen ist hier keine Isolierung nötig.

Niedertemperatur-Netze

Niedertemperatur-Netze operieren in einem höheren Temperaturbereich, typischerweise zwischen 30 und 60 °C. Diese Netzwerke nutzen eine zentrale Wärmequelle, die Wärme mit moderater Temperatur liefert, und verteilen sie an verschiedene Abnehmer. Im Gegensatz zu kalten Netzen erfolgt die Wärmebereitstellung oft durch Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen, Solarthermie oder Abwärme aus industriellen Prozessen. Solche Netze sind die einzige Möglichkeit, niedertemperaturige Abwärme etwa aus Gewerbe und Industrie überhaupt direkt und damit effizient zu nutzen.

Niedertemperatur-Netze sind besonders effizient, wenn sie in Neubaugebieten oder modernisierten Bestandsgebieten eingesetzt werden, wo die Gebäudehüllen und Heizsysteme für den Betrieb bei niedrigeren Temperaturen optimiert sind.

Beide Netzarten können aus verschiedenen nachhaltigen und erneuerbaren Energiequellen gespeist werden. Geothermische Energie, die aus der Wärme im Erdinneren gewonnen wird, ist eine ideale Quelle für kalte Netze. Erdsonden oder Grundwassernutzungen bieten konstante Temperaturen, die sich hervorragend für die Wärmeversorgung in kalten Netzen eignen. 

Solarthermische Anlagen können sowohl für kalte als auch für Niedertemperatur-Netze genutzt werden. Sie wandeln Sonnenenergie in Wärme um, die dann direkt ins Netz eingespeist oder für die spätere Nutzung gespeichert werden kann.

Auch Abwärme aus industriellen Prozessen oder Kraftwerken ist eine wertvolle Ressource für Niedertemperatur-Netze. Anstatt diese ungenutzte Wärme an die Umwelt abzugeben, kann sie gesammelt und an Haushalte und Unternehmen verteilt werden. Diese Nutzung erhöht die Gesamtenergieeffizienz erheblich.

Aquathermie nutzt die Wärme von Gewässern wie Flüssen, Seen oder dem Meer. Durch Wärmetauscher kann die im Wasser gespeicherte Energie für kalte Netze nutzbar gemacht werden, besonders in städtischen Gebieten in der Nähe großer Gewässer.

Luft-Wasser-Wärmepumpen, die die Umgebungswärme der Luft nutzen, sind eine flexible Lösung für beide Netzarten, da sie entweder zentral oder einzeln in den Gebäuden die niedrigeren Temperaturen im Netz zu Trinkwarmwasserzwecken sowie fürs Heizungswasser anheben. 
Solche Systeme sind schon deutschlandweit installiert.

Dollnstein – erstes deutsches Niedertemperaturnetz

In Dollnstein (Bayern) wurde das erste Niedertemperaturnetz Deutschlands in Betrieb genommen. Reiner Zufall ist das nicht. Denn am Ort sitzt der Heizkomponentenhersteller Ratiotherm, der auch für die Planung und Installation des Netzes verantwortlich zeichnete.

Das Netz arbeitet mit einer Vorlauftemperatur von etwa 50 °C und nutzt Abwärme aus einem benachbarten Sägewerk sowie Solarthermie zur Wärmebereitstellung. Die Gebäude, die an dieses Netz angeschlossen sind, verfügen über moderne Heizsysteme, die mit den niedrigen Temperaturen effizient arbeiten können. Als Backup dienen Gas-Brennwertkessel und ein Gas-BHKW, dessen Abwärme ebenfalls genutzt wird.

Schleswig-Holstein (Stadtwerke SH)

Die Stadtwerke SH in Schleswig-Holstein haben in den letzten Jahren umfangreiche Projekte zur Implementierung kalter Nahwärmenetze initiiert. Ein Beispiel ist die Nutzung von Abwasserwärme in Kombination mit Geothermie, so einem Erd-Eisspeicher. Der nutzt die Kristallisationsenergie im Erdreich zusätzlich zu Heizzwecken. Erd-Eisspeicher bestehen aus mehreren Lagen an Erdwärmesonden, die übereinander installiert werden.

Zudem wird die Abwärme aus Abwasser genutzt. Wärmepumpen heben die Temperatur auf das erforderliche Niveau, bevor die Energie an die angeschlossenen Gebäude verteilt wird. 

Ludwigsburg-Kornwestheim (LUKO)

Ein weiteres Beispiel ist das Wärmenetz im baden-württembergischen Ludwigsburg-Kornwestheim. Hier wird ein Niedertemperaturnetz betrieben, das die Wärmeversorgung durch Abwärme aus einer nahegelegenen Müllverbrennungsanlage sowie durch Solarthermie sicherstellt. Das Netz versorgt zahlreiche Haushalte und gewerbliche Gebäude.

Fazit

Kalte und Niedertemperatur-Netze sind wegweisende Technologien für die Zukunft der Wärmeerzeugung. Sie ermöglichen es, erneuerbare und lokale Energiequellen effizient zu nutzen, die ohnehin da sind. Das reduziert den CO2-Ausstoß und gewährleistet gleichzeitig die Versorgungssicherheit. Der Ausbau dieser Netze wird entscheidend sein, um die Wärmewende im Wärmebereich voranzutreiben, und das effizient und damit auch sozial verträglich.

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