Trinkwassergüte: Warum bereits im Heizraum Gefahren lauern
Die entscheidenden Risiken sind dabei generell Stagnation, die unzureichende Durchströmung des Rohrleitungsnetzes bzw. der nicht genügende Wasseraustausch, unzulässige Temperaturen sowie ein eventueller Nährstoffeintrag. Diese Probleme können entlang des gesamten Fließwegs zu einer gefährlichen Vermehrung von beispielsweise Legionellen führen.
Die schlechte Nachricht: Solche Risiken für den Erhalt der Trinkwassergüte lauern bereits in der „Technikzentrale“ eines jeden Hauses, in der Regel dem Heizraum. Also gewissermaßen schon in Sichtweite zum Hausanschluss.
Die gute Nachricht: Diese Risiken lassen sich durch eine hygienebewusste Planung der Trinkwasser-Installation und einen genauso hygienebewussten Betrieb, in den der Hausbesitzer genau eingewiesen werden muss, zuverlässig beherrschen. Das zeigt unser nachfolgender Blick auf die wichtigsten Gefahrenquellen.
Risiko: „falsche“ Temperaturen
„Falsche“ Temperaturen sind für die Trinkwasserhygiene ein großes Risiko, weil sich dann vor allem Legionellen besonders stark vermehren. Kaltwasser sollte deswegen möglichst unter 20 °C bleiben, Warmwasser nicht unter 50 °C abkühlen.
Das hört sich einfach an, ist es aber nicht unbedingt. Denn manche Versorger legen ihre Hauptverteilleitungen zum Beispiel mittlerweile nicht mehr im frostfreien Bereich, sondern dicht(er) unter die Asphaltdecke von Straßen. Die Folge sind im Sommer gemessene Wassereintrittstemperaturen am Haus von 17 °C und mehr für Trinkwasser kalt (PWC) – eigentlich schon deutlich zu viel, um im Haus dann zuverlässig unter den gewünschten 20 °C zu bleiben.
Deswegen sollte bei Neuinstallationen und Reparaturen am Hausanschluss sicherheitshalber immer geprüft werden, welche Eintrittstemperaturen vorliegen, um bei zu hohen Eintrittstemperaturen das Gespräch mit dem Versorger zu suchen oder in der Hausinstallation selbst durch eine entsprechende Platzierung der Rohrleitungen gegenzusteuern. Das kann entweder durch eine deutliche räumliche Trennung von warm und kalt gehenden Rohrleitungen, durch eine entsprechende Klimatisierung der Räume, durch die die Kaltwasserleitung verlegt wird, oder durch die gezielte Kühlung von Trinkwasser kalt geschehen.
Aber nicht nur die Wassereintrittstemperatur spielt im Hausanschlussraum eine Rolle. Auch andere Wärmeeinträge, wie durch den hier meist ebenfalls platzierten Wärmeerzeuger oder vielleicht ein großes, nach Süden gerichtetes Fenster, können zur Fremderwärmung von Trinkwasser kalt führen. Bei Großanlagen empfiehlt es sich deshalb sogar, die Kaltwasser führenden Installationen und die Heizung mit ihrem Verteilsystem in getrennten Räumen unterzubringen.
Eine solche Forderung findet sich auch in den einschlägigen Normen nicht nur für Großanlagen, hier der DIN 18012 „Anschlusseinrichtungen für Gebäude – Allgemeine Planungsgrundlagen“. Darin heißt es: „Um aus hygienischen Gründen eine Erwärmung des Trinkwassers kalt zu verhindern, sind ständige Umgebungstemperaturen über 25 °C zu vermeiden.“ Als „ständige Temperaturüberschreitungen“ gelten dabei übrigens schon solche von mehr als einer Stunde Dauer.
Risiko: zu große Volumina
„Viel hilft viel“ war ein Planungsgrundsatz, der auch Installateure über viele Jahrzehnte hinweg begleitet hat. Mittlerweile ist bekannt: Aus hygienischen Gründen stellt jede zu üppig ausgelegte Trinkwasser-Installation ein Risiko dar. „Zu üppig“ bezieht sich dabei sowohl auf die Dimensionierung des Speichers für Trinkwasser warm (PWH) als auch auf die Auslegung des nachfolgenden Rohrleitungsnetzes. Aber der Reihe nach...
Ein zentraler Trinkwasserspeicher ist die Basis für eine komfortable Versorgung mit Warmwasser, das steht außer Frage. In einem zu groß bemessenen Speicher wird das Volumen häufig nicht hinreichend oft ausgetauscht – und droht spätestens dann zu verkeimen, wenn im Ein- oder Zweifamilienhaus die Temperaturen aus Gründen der Energieeinsparung unter die (für Großanlagen normativ gesetzten) 60/55 °C abgesenkt werden. Aus hygienischen wie energetischen Gründen ist also eine bedarfsgerechte Speicherdimensionierung zu empfehlen.
Wie groß dabei „bedarfsgerecht“ ist, hängt vom Einzelfall ab. Auf der einen Seite gelten die zu erwartenden, möglichst reduzierten Gleichzeitigkeiten als Maßstab, auf der anderen Seite genauso der Komfortanspruch der Nutzer – das bedeutet: aus hygienischen Gründen so klein wie möglich, aus Versorgungsgründen so groß wie nötig.
Ein praxisgerechter Ausweg aus diesem Zielkonflikt sind Pufferspeicher mit Durchflusstrinkwassererwärmer. Dann kann das Speichervolumen nahezu beliebig groß gewählt werden, ohne in Fragen der Trinkwasserhygiene Risiken einzugehen, da PWH nur bei Bedarf in der notwendigen Menge erwärmt wird.
Bei der Auslegung mit reduzierten Gleichzeitigkeiten zu arbeiten hat im Übrigen auch im Ein- oder Zweifamilienhaus den Vorteil, dass das nachgelagerte Rohrleitungsnetz schlanker, also mit geringeren Volumina, ausgelegt werden kann, ohne den Versorgungskomfort zu beeinträchtigen. Das unterstützt den regelmäßigen Wasseraustausch – mindestens einmal alle 72 Stunden gemäß VDI 6023 – ebenfalls und damit den Erhalt der Trinkwassergüte.
Risiko: Betriebsunterbrechung
Ein weiterer entscheidender Faktor zum Erhalt der Trinkwassergüte ist der „bestimmungsgemäße Betrieb“. Dieser Begriff wird fälschlicherweise häufig nur auf große Trinkwasser-Installationen – wie in Mehrfamilienhäusern oder gewerblichen Objekten, Krankenhäusern oder Pflegeheimen – abgebildet. Er ist in privat genutzten Gebäuden aber genauso hygienerelevant.
Verkürzt wird darunter verstanden, dass alle Zapfstellen und sonstigen Entnahmestellen, einschließlich angeschlossener Apparate und Anlagen, regelmäßig so genutzt werden, wie es bei der für die Auslegung maßgeblichen Bedarfsfeststellung (Stichwort: Raumbuch) beschrieben wurde.
In kleineren, privat genutzten Gebäuden gibt es diese Bedarfsfeststellung zwar nur selten – die Regeln des bestimmungsgemäßen Betriebs werden dadurch aber nicht außer Kraft gesetzt, im Gegenteil. Denn auch hier führen Nutzungsunterbrechungen, die typischerweise durch Urlaub oder nur temporär genutzte Bäder, Gästetoiletten oder Außenanschlüsse entstehen, zu Stagnation mit Verkeimungsrisiko, zumindest in Teilen der Trinkwasser-Installation. Eine umfassende Kontamination ist dann nur noch eine Frage der Zeit.
Verhindern lassen sich diese Gefahren nur, indem der Betreiber der Trinkwasser-Installation schon bei der Übergabe auf den Grundsatz „Wasser muss fließen!“ eingeschworen und auf Ersatzmaßnahmen, wie die regelmäßige Spülung einzelner Zapfstellen bei längerer Nichtnutzung, hingewiesen wird. Keinesfalls dürfen diese Nutzungsunterbrechungen dadurch sogar noch verstärkt werden, indem Pumpen für zirkulierendes Trinkwasser warm (PWH-C) während der Abwesenheitszeiten ausgeschaltet werden. Das in diesem Rohrleitungsnetz befindliche Warmwasser kühlt dann hygienekritisch aus; ein massiver Legionellenbefall ist die zwangsläufige Folge.
Risiko: Schmutzeintrag
Neben den entsprechenden Temperaturen benötigen Bakterien im Trinkwasser zusätzlich einen Nährboden, um sich in gesundheitskritischer Größenordnung zu vermehren. Dieser Schmutzeintrag kann entweder schon bei der Installation oder auch während der Betriebsphase, unter anderem durch unzureichend gewartete Filter, erfolgen.
Schmutzeintrag während der Installation lässt sich durch Einhaltung einiger grundlegender Hygieneregeln vermeiden. Neben dem Abstopfen der Rohre und dem Lagern von Verbindern in verschlossenen Beuteln leistet auch die Pressverbindungstechnik einen messbaren Beitrag, Schmutz im Rohrleitungsnetz zu verhindern.
Im Gegensatz zum manchmal immer noch eingesetzten Löten kann hier kein Flussmittel oder Ähnliches ins Rohrinnere gelangen. Beim bisweilen unverzichtbaren Einhanfen ist das ebenfalls penibel zu verhindern. Rohrenden an halbfertigen Installationen bzw. an Installationseinheiten, etwa Vorwandelementen, in der Übergangsphase zur Feininstallation sind ebenfalls abzustopfen, um sie vor eindringendem Schmutz zu schützen.
Aber selbst, wenn dank hygienebewusster Arbeiten mit abschließendem Spülen der fertiggestellten Trinkwasser-Installation ein Schmutz- und damit Nährstoffeintrag für Bakterien verhindert wurde, kann es Jahre später doch zu wachstumsfördernden Ablagerungen an den Rohrinnenwänden kommen – und zwar durch Kontamination aus nicht gewarteten Filtern oder Wasseraufbereitungsanlagen.
Gemäß DIN 1988 sind Trinkwasserfilter deswegen halbjährlich, Membranfilter – wie in Umkehrosmoseanlagen – alle 24 Monate zu warten bzw. zu wechseln. Enthärtungsanlagen in Wohnhäusern sind nach DIN 806‑5 alle zwei Monate einer Inspektion und halbjährlich einer Wartung zu unterziehen.
Auf diese Pflichten ist der Betreiber vom Errichter der Trinkwasser-Installation, also dem Installateur, hinzuweisen. Zudem sollten im Zuge der Inbetriebnahme die entsprechenden Revisionsunterlagen zu den einzelnen Anlagenteilen und Installationskomponenten übergeben werden. Es zeigt sich also, dass bereits im Hausanschlussraum für den Erhalt der Trinkwassergüte die ersten Gefahrenquellen lauern.
Der Autor Dr. Christian Schauer ist Direktor des Kompetenzzentrums Wasser, Corporate Technology bei dem Systemhersteller von Installationstechnik Viega, Attendorn.