Direkt zum Inhalt
Anzeige
Anzeige
Anzeige
haustec.de
Das Fachportal für die Gebäudetechnik
Ad placeholder
Anzeige
haustec.de
Das Fachportal für die Gebäudetechnik
Ad placeholder
Print this page

Trinkwasserhygiene: Was tun bei bakterieller Kontamination?

Daniel Neubacher

Routinemäßige Wasserproben aus Trinkwasser-Anlagen zeigen mit Blick auf einen Legionellen-Befall oftmals widersprüchliche, schwierig zu interpretierende Befunde. Auch wiederholte thermische Sanierungen einer Anlage führen oft nicht zu dem gewünschten Ergebnis – mit der Folge, dass weiterhin stark schwankende Konzentrationen von Legionellen gemessen werden. Dieses in der Praxis häufig beobachtete Phänomen steht in Zusammenhang mit der Biofilmbildung auf den Innenflächen von Trinkwasser-Installationen, wie Wissenschaftler im Rahmen eines mehrjährigen Verbundprojektes zeigten.

Die Forscher konnten nachweisen, dass sich potenziell gesundheitsschädliche Wasserkeime wie Legionellen in Biofilmen in Trinkwasser-Installationen einnisten und vermehren können, begünstigt durch die äußeren Bedingungen. Verbraucher sind in dieser Situation einem erhöhten Risiko für mitunter schwer verlaufende Infektionen ausgesetzt, da infektiöse Legionellen jederzeit aus dem Biofilm in die freie Wasserphase gelangen können. Aus hygienischer Sicht ­besteht das Problem, dass Biofilme die in ­ihnen lebenden Mikroorganismen vor chemischen und thermischen Einflüssen weitgehend ­abschirmen können – und nach üblichen Desinfektionsmaßnahmen meist rasch ein erneutes Keimwachstum einsetzt. In Fällen von extremer Kontamination können endständige Filter eine Weiternutzung der Anlage bis zur erfolgten Sanierung ermöglichen.

Potenzielle Nährstoffquelle für Biofilm-Bildung

Nach Erkenntnissen aus dem Verbundprojekt ist deutlich geworden, dass Grenzflächen wie die Innenflächen von Trinkwasser-Installationen praktisch immer von wasserlebenden Mikroorganismen besiedelt werden: Bei Verwendung fabrikneuer Werkstoffe dauert es lediglich ein bis zwei Wochen, bis Biofilme ausgebildet werden und sechs bis zehn Wochen, bis diese ihre maximale Dichte erreicht haben. Dabei hat sich gezeigt, dass die Auswahl der Werkstoffe, die Wasserbeschaffenheit und die Wassertemperatur das Ausmaß der Biofilmbildung wesentlich mitbestimmen. Wie die Wissenschaftler zudem berichteten, ist die Entfernung von Biofilm aus einer Trinkwasser-Installation ausgesprochen schwierig. Ein zentraler Schwerpunkt in der Prävention von Infektionen durch Wasserkeime ist daher die Vermeidung bzw. starke Begrenzung einer Biofilmbildung. Möglichkeiten hierzu bieten sich insbesondere durch eine strikte Beachtung der allgemein anerkannten Regeln der Technik (aaRdT) bei der Planung, dem Bau und dem Betrieb von Trinkwasser-Installationen.

In großen Gebäuden mit komplexen Trinkwasser-Installationen ist die Biofilmproblematik im Vergleich zu kleineren Anlagen insgesamt verschärft. Generell wirken sich neben zu kaltem Warmwasser das Vorhandensein von Stagnationsbereichen (z. B. Totsträngen) und eine unzureichende Isolation von Kalt- und Warmwassersträngen aus, da diese zu einer Erwärmung des Kaltwassers führen kann. Die Bildung von Stagnationsbereichen und die Erwärmung des Kaltwassers können die Vermehrungsbedingungen z. B. für Legionellen deutlich optimieren und sind durch geeignete bau- und betriebstechnische Maßnahmen zu vermeiden.

Ein Biofilm wächst in 3 Phasen: 1. Bakterien besiedeln die Grenzflächen, 2. Bakterien produzieren schleimartige Substanz, 3. Der Biofilm wächst und schützt die in ihm lebenden Organismen.

Mit Legionellen ist nicht zu spaßen

Zu Infektionen mit Legionellen kann es nach dem Einatmen von fein vernebelten Wassertropfen kommen, wie sie beispielsweise von Duschköpfen erzeugt werden. Mit Blick auf das Erkrankungsrisiko ist wichtig, dass sich die in Deutschland vorkommenden Legionellen bei ihren krankmachenden Eigenschaften unterscheiden. Auch in Abhängigkeit vom Gesundheitszustand und dem Immunstatus der Verbraucher kann ein Kontakt folgenlos bleiben – oder zu einer schweren Erkrankung führen. Mögliche Erkrankungsformen nach einer Legionellen-Infektion sind das sogenannte Pontiac-Fieber sowie Lungenentzündungen, die oftmals schwer und in 10 bis 15 % der Fälle tödlich verlaufen. Da häufige Zeichen einer Legionellen-Infektion – Fieber, trockener Husten und Brustschmerzen – ähnlich auch bei anderen Infektionskrankheiten auftreten, wird der Löwenanteil der Ansteckungen in Arztpraxen nicht erkannt, vermuten Mediziner. Die Häufigkeit von Legionellen-Infektionen in Deutschland wird auf bis zu 50 000 Fälle pro Jahr geschätzt.

Biofilme können neben Legionellen ein breites Spektrum an weiteren Wasserkeimen beherbergen, die ebenfalls schwere und schwerste Infektionen auslösen können. Zu den wichtigsten Vertretern zählt Pseudomonas aeruginosa, ein Bakterium, das weit verbreitet vorkommt und speziell in Krankenhäusern als häufiger Auslöser schwerer Infektionen gefürchtet ist.

Notfallmaßnahmen bei Kontaminationen

Bei Kontaminationen mit Legionellen kann das zuständige Gesundheitsamt für eine Trinkwasserinstallation oder Teile davon Nutzungseinschränkungen anordnen, die unter anderem auch ein Duschverbot beinhalten. Diese Maßnahme ist mit erheblichen Einschränkungen für die Nutzer verbunden; für den Eigentümer einer Immobilie kann sie darüber hinaus mit zum Teil gravierenden wirtschaftlichen Konsequenzen einhergehen. Vor diesem Hintergrund wird in dieser Situation meist nach Lösungen gesucht, die eine Weiternutzung der Anlage bei vollständig gegebener Sicherheit für die Konsumenten ermöglichen. Eine in diesem Sinn überbrückende Notfallmaßnahme kann nach Erfahrungen der letzten Jahre der Einsatz endständiger Wasserfilter sein, z. B. in Form eines Duschkopfs.

Der Einsatz dieser Filter erfolgt in Übereinstimmung mit den Vorgaben der Trinkwasserverordnung. Eine normale Weiternutzung der kontaminierten Anlagenteile, einschließlich der Duschen, ist bei richtiger Filterwahl und korrektem Betrieb der Filter in der Regel möglich, da potenziell gesundheitsschädliche Bakterien über Membranen mit – üblicherweise – 0,2 µm Porendurchmesser zuverlässig zurückgehalten werden. Gegenüber z. B. chemischen Desinfektionsverfahren besteht neben der hohen Zuverlässigkeit der Vorteil, dass Zusammensetzung und Geschmack des Trinkwassers nicht verändert oder beeinträchtigt werden. Entscheidend ist, dass während der Zeit der Filterinstallation die erforderlichen mikrobiologischen Tests erfolgen und die notwendigen Schritte zur Sanierung der Anlage vorgenommen werden können. Ist die Sanierung erfolgreich abgeschlossen, werden die Filter nicht länger benötigt und können deinstalliert werden. Solche Einmalprodukte eignen sich nach praktischen Erfahrungen gerade für einen vorübergehenden Einsatz bei Trinkwasseranlagen mit akuter, hoher Kontamination.

4-Punkte-Programm bei Legionellen

Bei Überschreitung des technischen Maßnahmenwerts in der Trinkwasserinstallation (Werte > 100 KBE/100 ml) sind durch den Unternehmer oder sonstigen Inhaber (UsI) der Hausinstallation eine Reihe von Maßnahmen verbindlich durchzuführen oder zu beauftragen. Diese sind:

  1. Die unverzügliche Meldung des erhöhten Maßnahmenwerts an das zuständige Gesundheitsamt und gleichzeitig die Informationspflicht gegenüber den Nutzern der Trinkwasser-Installation (z. B. Mieter).
  2. Die Erstellung (Beauftragung) einer Gefährdungsanalyse durch Fachpersonal.
  3. a. Die Festlegung von geeigneten Maßnahmen auf Basis der Gefährdungsanalyse ­sowie die Information der Verbraucher (Mieter) zum Ergebnis der Analyse und zu daraus folgenden möglichen Einschränkungen der Trinkwassernutzung.

    b. Bei erhöhten Kontaminationen sollte geprüft werden, ob die Installation endständiger Wasserfilter als Sofortmaßnahme zum Schutz der Verbraucher sinnvoll ist.
  4. Sanierung der Anlage.
Bei einer Kontamination der Trinkwasser-Installation mit Legionellen kann der Einsatz endständiger Wasserfilter eine überbrückende Notfallmaßnahme sein.

Endständige Filtration zur Risikoreduzierung

Ihren ursprünglichen Verwendungsbereich haben endständige Wasserfilter in Krankenhäusern. Sie werden dort in Bereichen mit stark infektionsgefährdeten Patienten routinemäßig eingesetzt, nachdem gezeigt wurde, dass die normal übliche Hygiene als Schutzmaßnahme vor einer Infektion nicht immer ausreicht. Standardmäßig sind endständige Wasserfilter daher in Bereichen installiert, in denen Patienten mit beispielsweise ausgeprägten Fehlfunktionen des Immunsystems vor einem Kontakt mit Erregern strikt geschützt werden müssen.

Hier gilt nach Empfehlungen des Umweltbundesamtes ein Zielwert von 0 KBE/100 ml. Heute wird die endständige Filtration in steigendem Ausmaß zunehmend auch außerhalb von medizinischen Einrichtungen eingesetzt, das heißt insbesondere im unmittelbaren Lebensumfeld von Risikopatienten. Einbezogen sind beispielsweise Menschen, die im Anschluss an eine Transplantation oder nach einer Chemotherapie mit geschwächtem Immunsystem in ihre häusliche Umgebung zurückkehren. Andere Einsatzbereiche betreffen die Pflege älterer Personen, die aufgrund ihrer oft eingeschränkten Immunkompetenz ebenfalls erhöhte Infektionsrisiken aufweisen können. Somit kommt die endständige Filtration zunehmend in Pflegeheimen sowie auch im häuslichen Umfeld von Betroffenen zur Anwendung.

Anforderungskriterien für endständige Wasserfilter

Die steigende Akzeptanz der endständigen Filtration als Notfallmaßnahme zur Überbrückung von Nutzungsausfällen hat zu einem immens gesteigerten Produktangebot geführt. Dieses erscheint im Anwenderbereich selbst für Fachpersonal kaum noch überschaubar. Da sich die im Markt angebotenen Filter in Bezug auf ihre Leistungsmerkmale deutlich unterscheiden, werden an dieser Stelle Kriterien vorgeschlagen, die bei der Produktauswahl als Orientierung dienen können.

Maßgebende Kriterien für die Produktwahl sind umfassende Nachweise darüber, dass Praxisanforderungen erfüllt werden, und eine nachvollziehbare Dokumentation der vom Hersteller angegebenen Filtereigenschaften.

Der Filter sollte in Feldversuchen unterschiedlicher Institutionen getestet worden sein und über eine nach DVGW W 270 zertifizierte Filtermembran verfügen.

Für den Praxiseinsatz ist zudem relevant, dass ein zu verwendender Filter mit den gängigen chemischen und thermischen Desinfektionsmaßnahmen kompatibel ist.

Zudem sollten begrenzende Aussagen zu der Durchflussmenge als Standzeitkriterium kritisch betrachtet werden. Eine klare Positionierung der Hersteller bezüglich der Standzeit auf Tage ist für den Betreiber einer Trinkwasser-Installation und den ausführenden Sanitärbetrieb nötig, um die Sofortmaßnahme im Sinne des Infektionsschutzes dokumentiert durchzuführen.

Anforderungskriterien an endständige Wasserfilter wurden im Dezember 2015 auch durch die DVGW erarbeitet und im technischen Regelwerk als Arbeitsblatt DVGW W 556 (A) zur Verfügung gestellt („Hygienisch-mikrobielle Auffälligkeiten in Trinkwasser-Installationen; Methodik und Maßnahmen zu deren Behebung“).

Fazit

Ein zentraler Schwerpunkt zur Infektionsvermeidung ist die Beachtung und Einhaltung der allgemein anerkannten Regeln der Technik (aaRdT), da sich eine Biofilmbildung in der Trinkwasser-Installation nicht vermeiden lässt. Die Häufigkeit von Legionellen-Infektionen in Deutschland wird auf 5000 bis 50 000 Fälle pro Jahr geschätzt. Um das Risiko für Infektionen durch Wasserkeime aus Trinkwasser-Installationen weiter zu senken, wurden für Betreiber von Hausinstallationen verbindliche Untersuchungs- und Handlungspflichten definiert.

Bei erhöhter Kontamination der Trinkwasser-Installation mit Legionellen kann das zuständige Gesundheitsamt für die Anlage oder Teile davon Nutzungseinschränkungen anordnen, die unter anderem auch ein Duschverbot beinhalten. Als überbrückende Notfallmaßnahme für einen Weiterbetrieb der Anlage bis zur erfolgten Sanierung kann die Installation endständiger Wasserfilter erwogen werden. Bei steigender Akzeptanz der endständigen Filtration und einem immens gesteigerten Angebot ist eine kritische Produktwahl mitentscheidend für den Erfolg einer Maßnahme.

Wesentliche Auswahlkriterien sind umfassende Nachweise darüber, dass Praxisanforderungen an die Filtereigenschaften erfüllt werden, und deren nachvollziehbare Dokumentation durch den Hersteller sowie die Kompatibilität der Filter mit gängigen (thermischen und chemischen) Desinfektionsverfahren.

Dieser Artikel von Daniel Neubacher ist zuerst erschienen in SBZ Monteur 10/2016. Daniel Neubacher ist Diplombiologe und freier Medizinjournalist.

 

Mehr zu diesem Thema
Anzeige
haustec.de
Das Fachportal für die Gebäudetechnik
Ad placeholder