Gefährdungsbeurteilung von TW-Anlagen Schritt für Schritt erklärt

Werden in einer Trinkwasserinstallation auch nur an einer einzigen Stelle Legionellen in einer Konzentration über dem technischen Maßnahmenwert nach Trinkwasserverordnung (TrinkwV) festgestellt (100 koloniebildende Einheiten – KBE/100 ml), hat diese Kontamination grundsätzlich immer technische oder betriebstechnische Mängel als Ursache. Der Betreiber der Installation (der Unternehmer oder sonstige Inhaber gem. TrinkwV) hat dann verpflichtend und unverzüglich eine Gefährdungsanalyse durch einen qualifizierten Sachverständigen durchführen zu lassen (§ 16 Abs. 7 TrinkwV).
Bei Überschreitung des technischen Maßnahmenwertes als generellem Indikator für Mängel an einer Trinkwasserinstallation ist damit immer eine vollständige Überprüfung der Installation erforderlich, um technische oder betriebstechnische Mängel, die zu einer vermeidbaren Gesundheitsgefährdung führen können, zu identifizieren und ggf. zu beseitigen.
Alle Abweichungen erfassen
Das bedeutet jedoch auch: Die Installation wird im Rahmen der Gefährdungsanalyse nicht nur auf etwaige Mängel geprüft, die zur Kontamination mit Legionellen geführt haben könnten, sondern es sind eben alle Abweichungen von den allgemein anerkannten Regeln der Technik zu bewerten, die zu einer nachteiligen Veränderung der Trinkwasserqualität und damit zu einer Gesundheitsgefährdung führen können.
Beispielsweise direkte Verbindungen zwischen Trink- und Abwasseranlage, unmittelbare Heizungsbefüllung ohne geeignete Sicherungseinrichtungen, fest angeschlossene Feuerlöschanlagen oder auch die Verwendung von Heizungs- oder Gasbauteilen in der Trinkwasserinstallation, die zu einer Schwermetallmigration oder zu Korrosion führen können. Die Legionelle ist damit zwar der Auslöser, nicht jedoch der alleinige Grund für eine Gefährdungsanalyse.
Die aktuelle TrinkwV definiert im § 3 Nr. 13 seit Januar 2018 die Gefährdungsanalyse, ganz im Sinne der Verbände-Richtlinie 6023-2, als „die systemische Ermittlung von Gefährdungen der menschlichen Gesundheit sowie von Ereignissen oder Situationen, die zum Auftreten einer Gefährdung der menschlichen Gesundheit durch eine Wasserversorgungsanlage führen können, unter Berücksichtigung
- der Beschreibung der Wasserversorgungsanlage
- von Beobachtungen bei der Ortsbesichtigung,
- von festgestellten Abweichungen von den allgemein anerkannten Regeln der Technik (a. a. R. d. T.)
- von sonstigen Erkenntnissen über die Wasserbeschaffenheit, die Wasserversorgungsanlage und deren Nutzung sowie
- von Laborbefunden und deren örtlicher Zuordnung“.
Im Sinne der Richtlinie VDI/BTGA/ZVSHK 6023-2 ist übrigens jede Abweichung von den allgemein anerkannten Regeln der Technik grundsätzlich ein Mangel und hinsichtlich ihrer möglichen Gefährdungen zu bewerten.
Ortsbesichtigung als Voraussetzung
Voraussetzung für eine Gefährdungsanalyse ist immer eine Ortsbesichtigung der Installation einschließlich vollständiger Bestandsaufnahme durch den Fachmann, der anschließend das Gutachten erstellt. Hierbei müssen auch bisherige Sanierungs- und Umbaumaßnahmen oder Nutzungsänderungen bzw. Stilllegungen von Anlagenteilen beachtet werden. Führt man eine Ortsbesichtigung in einem Bürogebäude durch, ist es beispielsweise interessant zu wissen, ob das Gebäude ursprünglich als Hotel errichtet wurde, mit einer Nasszelle in jedem Zimmer. Dies erklärt dann beispielsweise die ausgedehnte Trinkwasserverteilung im Gebäude oder einen ungewöhnlich groß dimensionierten Speicher-Trinkwassererwärmer.
Wertvolle Hinweise z. B. über Leerstand von Wohneinheiten, über morgendliche Braunfärbung im Wasser oder lange Wartezeiten, bis das Trinkwasser ausreichend warm oder kalt wird, erhält man sehr oft auch im direkten Gespräch mit Hausmeistern oder Nutzern der Installation.
Die Ortsbesichtigung muss neben der Bestandsaufnahme auch eine Überprüfung beinhalten
- der vollständigen und aktuellen Bestandsdokumentation
- der Einhaltung der allgemein anerkannten Regeln der Technik
- der Probenahmestellen, der Probenahmeberichte sowie der Analyseergebnisse
- der Einhaltung des bestimmungsgemäßen Betriebs sowie
- der wichtigsten Betriebsparameter.
Welche technischen Anforderungen mit den a. a. R. d. T. genau gemeint sind und vor Ort geprüft werden müssen, wird in der verbindlichen UBA-Empfehlung zur Gefährdungsanalyse klar definiert. Hier heißt es: „Grundlage der Gefährdungsanalyse sind die Anforderungen der TrinkwV sowie a. a. R. d. T., insbesondere das DVGW-Arbeitsblatt W 551 (A) und die VDI-Richtlinie 6023. Weitere Grundlagen werden in den Normenreihen DIN EN 806 ff, DIN EN 1717 und DIN 1988 ff beschrieben.“
Ablauf einer Ortsbesichtigung
Mit der Richtlinie zur Gefährdungsanalyse VDI/BTGA/ZVSHK 6023-2 wurde durch die beteiligten Fachleute das „Drehbuch“ einer Gefährdungsanalyse festgelegt. Um zu einem fachlich validierten und vergleichbaren Ergebnis in der Bewertung einer Installation zu kommen, ist es sinnvoll, am Hauswassereingang zu beginnen.
Nachteilige Veränderungen der Trinkwasserqualität (mikrobiologisch oder chemisch) können vielfältige Ursachen haben. Im Technikraum sollte beispielsweise die Umgebungstemperatur mit einem geeigneten Thermometer geprüft werden, denn die meisten Mikroorganismen, die beim Menschen zu Erkrankungen führen können, lieben es warm.