Tipp vom Anwalt: Wer zahlt Zusatzleistungen?
Der Auftraggeber muss sich jedoch das Handeln seines vollmachtlosen Vertreters zurechnen lassen, wenn der Bauleiter oder Architekt während des gesamten Bauvorhabens gegenüber dem Auftragnehmer Anweisungen und (Zusatz-)Aufträge erteilt bzw. getroffen hat und der Auftraggeber dies hätte erkennen können.
1. Sachverhalt
Der Auftraggeber (AG) hat den Auftragnehmer (AN) mit Mörtelarbeiten beauftragt. Der AN und die vom AG beauftragte Bauleitung (Architekt) vereinbaren, dass der im Vertrags-LV vorgesehene Mörtelschulter durch Kantensteine zur Böschungssicherung ersetzt werden sollte. Die ausgeführten Betonkantensteine waren in technischer Hinsicht, insbesondere soweit sie zur Randsicherung der Pflasterbeläge eingesetzt wurden, als sinnvoll erachtet worden. Während der gesamten Baumaßnahme hatte der Architekt bereits ähnliche Leistungsänderungen bzw. Zusatzleistungen beauftragt. Der AG hatte von dem Vorgehen des Architekten grundsätzlich Kenntnis. Für diese Leistungsänderung machte der AN nunmehr einen Mehrvergütungsanspruch gegenüber dem AG geltend. Der AG verweigerte die Zahlung. Der AG begründete die Nichtzahlung damit, dass der Architekt nicht mit der Beauftragung von Änderungs- oder Zusatzleistungen bevollmächtigt war. Der AG ist der Ansicht, dass der Architekt daher keine rechtsverbindlichen Aufträge an den AN erteilen konnte.
2. Entscheidung
Das Gericht gab dem AN Recht. Zwar ist der Architekt nicht dazu bevollmächtigt, geänderte oder zusätzliche Leistungen im Zuge von Nachträgen zu vereinbaren, allerdings habe der Architekt mit Anscheinsvollmacht gehandelt. In Anbetracht der Tatsache, dass der Architekt während des gesamten Bauvorhabens gegenüber dem AN mehrfach Anweisungen und Aufträge vergleichbarer Art erteilt bzw. getroffen hatte. Der AG hätte daher das Handeln seines vollmachtlosen Vertreters erkennen und verhindern können. Dies erfolgte jedoch nicht.
3. Grundsätzliches
Der Architekt ist grundsätzlich nicht dazu bevollmächtigt, für den AG Änderungs- oder Zusatzleistungen in Auftrag zu geben. Das muss jedem auf der Baustelle tätigen Bauunternehmer bekannt sein. Führt der AN derartige Leistungen gleichwohl aus, werden sie - sofern nicht die Grundsätze über die Anscheins- und Duldungsvollmacht greifen - "ohne Auftrag" erbracht und gem. § 2 Abs. 8 Nr. 1 VOB/B nicht vergütet. Die Annahme einer Anscheins- oder Duldungsvollmacht des Architekten kommt nicht in Betracht, wenn dem Auftragnehmer des Bauvertrags bekannt ist, dass der Architekt keine Vollmacht zur Vergabe von Nachtragsaufträgen hat.