Fassadenverband VDPM zu London und Wuppertal: Fassadenverkleidung keine WDVS
Die im Verband für Dämmsysteme, Putz und Mörtel VDPM engagierten Unternehmen der Bauindustrie warnen davor, Nutzen und Bedeutung der Wärmedämmung von Gebäuden insgesamt infrage zu stellen. In Zusammenhang mit dem tragischen Brandereignis in London, aber auch mit der vorsorglichen Evakuierung eines Hochhauses in Wuppertal wurde in öffentlicher Diskussion pauschal harte Kritik an der Fassadendämmung geübt. Details und Umstände zum Brand in London sind noch nicht umfassend bekannt. Diese dürfte erst ein vorliegender abschließender Untersuchungsbericht liefern.
Ein genaueres Bild gibt es inzwischen von der am 27. Juni 2017 erfolgten Evakuierung eines 11stöckigen Hochhauses in Wuppertal (Heinrich-Böll-Straße), das Ende der 1960er Jahre errichtet wurde. Die dort bereits bei der Errichtung des Gebäudes verwendete Fassadenverkleidung besteht nach Auskunft des Wuppertaler Baudezernenten (am 28.06.2017 gegenüber VDPM) aus brennbaren Kunststoffplatten, die auf eine Holzunterkonstruktion montiert sind. Im Zwischenraum zwischen der Verkleidung und der tragenden Wand aus Beton befindet sich ein holzwolleartiges Material, das ebenfalls brennbar sein soll. Nach ersten Erkenntnissen war auch im Londoner Grenfell-Tower ein System mit vorgehängten Platten, allerdings nicht aus Kunststoff, sondern aus entzündlichem Aluminiumverbundmaterial, verbaut worden.
In Wuppertal hatte sich die Stadt ihrer Aussage nach nicht allein aufgrund des Fassadenaufbaus entschieden. Mit ausschlaggebend seien auch nicht zumutbare Fluchtwege (über Balkone), nicht vorhandene Brandmelder sowie enge Flure gewesen. Die Sicherheitsmängel des Gebäudes waren der Bauaufsicht der Stadt Wuppertal bekannt und dem privaten Eigentümer gegenüber bereits angemahnt worden. Eine aktuelle Neubewertung der Situation nach dem Brand in London habe schließlich zu dem Entschluss einer sofortigen Evakuierung geführt.
WDVS unterliegen strengen Brandschutzvorschriften
Wärmedämm-Verbundsysteme (WDVS), wie sie mit unterschiedlichen Dämmmaterialien (Polystyrol, Mineralwolle, Hanf, Holzweichfaser etc.) zur Anwendung kommen, sind geschlossene, verputzte Systeme ohne Hinterlüftungsspalt. Diese WDVS werden jeweils als Gesamtsystem in Belastungsproben, darunter auch hinsichtlich Brandsicherheit, geprüft und zugelassen.
Gerade für Wärmedämm-Verbundsysteme mit dem Dämmstoff Polystyrol (EPS) wurden die Brandschutzvorschriften in den letzten Jahren kontinuierlich weiterentwickelt und dem Erkenntnisstand angepasst. Ein Grund dafür waren die zunehmenden Dämmstoffdicken. Ein weiterer Grund war die Erkenntnis, dass neben dem Brandszenario eines Raumbrandes mittlerweile auch ein erhöhtes Brandrisiko durch externe Feuerquellen gesehen wurde. Dazu zählen etwa neben der Fahrlässigkeit durch Brandstiftung entzündete, großvolumige Abfallsammelcontainer aus Kunststoff oder die Lagerung von brennbaren oder explosiven Stoffen (Kraftstoffe) direkt an der Fassade. Deshalb sind seit Anfang 2016 bei der Montage schwerentflammbarer WDVS mit EPS-Dämmstoff zusätzliche Brandriegel - ergänzend zu den ab 1997 eingeführten Maßnahmen - in den unteren Etagen vorgeschrieben. Diese Ausführung ist verbindlich für mehrgeschossige Wohnbauten ab einer Gebäudehöhe von sieben bis 22 Metern einzuhalten.
Immobilienbesitzer und Mieter sind aufgrund der aktuellen Berichterstattung verunsichert. Dies gilt vor allem bei Bestandsimmobilien, für die die aktuellen Sicherheitsstandards noch nicht galten. Die Verbände empfehlen, sich hier zunächst ein Bild über die erfolgte Ausführung zu machen und dann zu entscheiden, ob weitere Maßnahmen erforderlich sind. Hier muss jeder Einzelfall für sich betrachtet werden. Die Verbände der Hersteller wollen zeitnah eine Dokumentation zur Verfügung zu stellen, um Immobilienbesitzern die jeweilige Bestandsaufnahme zu erleichtern. Generell werden regelmäßige Überprüfungen und umfassende Kontrollen gedämmter Fassaden auf Beschädigungen empfohlen – dies erhöht die Brandsicherheit und auch den Schutz vor Feuchtigkeit.