Was ist neu in der Trinkwasserverordnung 2023? Eine Zusammenfassung
Am 24. Juni 2023 trat die 2. Verordnung zur Novellierung der Trinkwasserverordnung (TrinkwV) in Kraft. Sie definiert die grundlegenden Pflichten und Anforderungen an unser „Wasser für den menschlichen Gebrauch“, um sicherzustellen, dass durch die Verwendung von Trinkwasser keine Gesundheitsschädigung zu besorgen ist. Im März 2023 wurde die neue Fassung dieser Rechtsverordnung bereits mit einigen Anpassungen im Bundesrat beschlossen, bis zur endgültigen Veröffentlichung und dem Inkrafttreten vergingen aus formalen Gründen jedoch weitere knapp drei Monate.
Eine Novellierung meint eine vollständige Neufassung, was sich allein schon am Vergleich der Anzahl alter und neuer Paragrafen zeigt: Konnte man sich bisher in 25 Paragrafen zurechtfinden, sind es nun 72. Der Inhalt ist zwar im Wesentlichen gleich geblieben, doch die Lesbarkeit hat sich keineswegs verbessert.
Zweck der TrinkwV
Bereits der erste Satz im § 1 (Anwendungsbereich) der TrinkwV verdeutlicht eine zentrale Ausrichtung der Novellierung. In der Vergangenheit war hier der Zweck der Verordnung beschrieben, in der aktuellen Fassung wird klargestellt, dass diese Verordnung dazu dient, die übergeordneten Anforderungen nach § 37 Infektionsschutzgesetz (IfSG) zu erfüllen.
Zweck des IfSG ist es, übertragbaren Krankheiten beim Menschen vorzubeugen, Infektionen frühzeitig zu erkennen und ihre Weiterverbreitung zu verhindern. Auch das Wasser, das wir z. B. täglich trinken, mit dem wir Speisen und Getränke zubereiten, unsere Kleidung oder uns selbst reinigen, muss dazu so beschaffen sein, dass eine Schädigung der menschlichen Gesundheit, insbesondere durch Krankheitserreger, nicht zu besorgen ist.
Die Definition „Wasser für den menschlichen Gebrauch“ bezieht sich allerdings nicht mehr nur auf die bereits bekannten, vorgenannten Anwendungen, sondern auch auf „sonstige häusliche Zwecke mit Bezug zur menschlichen Gesundheit“. Dazu gehören z. B. die ambulante Inhalation, Wundversorgung oder die Reinigung medizinischer Geräte und Gegenstände in der häuslichen Pflege.
Allgemeine Anforderungen ans Trinkwasser
Unser Trinkwasser ist bekanntlich nicht steril und auch nicht frei von chemischen Inhaltsstoffen. Das muss es auch nicht sein. Im Trinkwasser dürfen allerdings chemische Stoffe (§ 7) oder Krankheitserreger, die durch Wasser übertragen werden können (§ 6), nicht in Konzentrationen enthalten sein, die eine Schädigung der menschlichen Gesundheit besorgen lassen, Trinkwasser darf nicht korrosiv wirken und die sogenannten Indikatorparameter (§ 8) müssen eingehalten sein.
Dass Trinkwasser nicht korrosiv wirken darf, betrachtet jedoch nur die Korrosionsvorgänge, die Auswirkungen auf die Trinkwasserqualität haben können. Technische Anforderungen, die zu einem Versagen eines Bauteils, z. B. durch Entzinkung oder Lochkorrosion führen können, sind hier nicht gemeint.
Dieser Besorgnisbegriff, also ein präventiver, risikobasierter Ansatz nach dem Vorsorgeprinzip, setzt voraus, dass eine Gesundheitsschädigung nur dann nicht zu besorgen ist, wenn hierfür keine, auch noch so wenig naheliegende Wahrscheinlichkeit besteht. Das bedeutet, eine Gesundheitsschädigung muss nach menschlicher Erfahrung äußerst unwahrscheinlich sein. Durch diesen Präventionsgedanken soll gerade auch abstrakten Gefahren vorgebeugt werden und vorsorgliche Maßnahmen (z. B. Instandhaltung) sind deshalb schon sehr früh zu ergreifen.
Generell geht man in §5 davon aus, dass eine Gesundheitsschädigung nicht zu besorgen ist, wenn
- bei der Trinkwassergewinnung, der Trinkwasseraufbereitung und der Trinkwasserverteilung einschließlich der Wasserspeicherung mindestens die allgemein anerkannten Regeln der Technik (a. a. R. d. T.) eingehalten werden
- das Trinkwasser den Anforderungen der §§ 6 bis 9 entspricht
- es dadurch rein und genusstauglich ist.
Wer trägt die Verantwortung fürs Trinkwasser?
Grundsätzlich ist für die Qualität des Trinkwassers immer der Betreiber in der Verantwortung, also die Person, die für das „jeweilige Regelungsobjekt“ verantwortlich ist. Der Begriff des Betreibers ist im Anlagenrecht und auch im Technischen Regelwerk gebräuchlich (siehe VDI-MT 3810 Blatt 1 „Betreiben und Instandhalten von Gebäuden und gebäudetechnischen Anlagen – Grundlagen“) und wurde nun auch in der TrinkwV eingeführt. Aus dem längst eingeführten „UsI“ wird also nun ein Betreiber bzw. ein „BUsI“ (Betreiber als Unternehmer oder sonstiger Inhaber).
Es bleibt jedoch bei der Vermutungswirkung zugunsten des Betreibers, dass die Anforderungen nach § 37 IfSG erfüllt sind (keine Besorgnis einer Gesundheitsgefährdung), soweit er die Einhaltung der vorgenannten Bedingungen aus §5 an sämtlichen Entnahmestellen belegen kann.
Sollten die Anforderungen in Gestalt von Grenzwerten, Parametern, Maßnahmenwerten usw. nicht eingehalten werden, hat der Betreiber gegenüber dem Nutzer und der Überwachungsbehörde verschiedene Verpflichtungen, darunter Anzeige- und Meldepflichten, Ursachenforschung und -beseitigung, ggf. Abgabeverbote sowie Informations- und Beratungspflichten der Konsumenten.
Werkstoffe in der Trinkwasserinstallation
Planer, Installateure oder Betreiber im Facility-Management sind damit jedoch längst nicht jeglicher Verantwortung entbunden, da der Betreiber ja in der Regel fachlicher Laie und damit auf die Unterstützung von versierten Fachleuten angewiesen ist.
Alle Wasserversorgungsanlagen (auch im Einfamilienhaus) sind weiterhin mindestens nach den a. a. R. d. T. zu planen, zu errichten und zu betreiben. Hier ist dann mit dem Planer oder dem Installateur grundsätzlich der Experte gefragt, sein fundiertes Fachwissen einzubringen. Dazu gehört u. a., dass bei der Planung, Errichtung und Instandhaltung nur Werkstoffe und Materialien verwendet werden dürfen, die den allgemeinen Anforderungen und den Bewertungsgrundlagen des Umweltbundesamts (UBA) entsprechen.
Werkstoffe und Materialien in Kontakt mit Trinkwasser dürfen grundsätzlich nicht den Schutz der Gesundheit gefährden, dürfen keine Vermehrung von Mikroorganismen fördern und Farbe, Geruch, Geschmack beeinträchtigen oder Stoffe in größeren Mengen ins Wasser abgeben, als dies bei strikter Einhaltung der a. a. R. d. T. unvermeidbar ist.
Es wird übrigens lediglich vermutet, dass die verwendeten Werkstoffe und Materialien tatsächlich den a. a. R. d. T. sowie den Anforderungen und Bewertungsgrundlagen entsprechen, wenn dies durch ein Zertifikat eines für die Zertifizierung von Produkten in der Trinkwasserversorgung akkreditierten Zertifizierers bestätigt wird. Kann ein Hersteller ein solches Zertifikat für sein Produkt nicht vorlegen, kann er diese Vermutungswirkung für sich nicht in Anspruch nehmen, d. h. er muss die individuelle Eignung der verwendeten Materialien, Werk- und Hilfsstoffe im Zweifelsfall nachweisen.
Blei im Trinkwasser
Im §17 findet sich das generelle Verwendungs- und Nutzungsverbot von Blei in Trinkwasser-Installationen. Der Betreiber einer Wasserversorgungsanlage, in der Trinkwasserleitungen oder Teilstücke von Trinkwasserleitungen aus Blei vorhanden sind, hat diese Leitungen oder Bauteile bis zum 12. Januar 2026 entfernen oder stilllegen zu lassen.
Dieses Gebot trifft also sämtliche Trinkwasser-Installationen, egal ob in der Großwohnanlage, im Krankenhaus, in einem Einfamilienhaus oder einer Arbeitsstätte, egal ob das Haus selbst bewohnt, gewerblich oder öffentlich betrieben wird. Im Zusammenhang mit Blei in der Trinkwasser-Installation ergeben sich auch umfangreiche Anzeigepflichten gegenüber dem Gesundheitsamt und Informationspflichten gegenüber dem Verbraucher.
In Süddeutschland wurde Blei aus gesundheitlichen Gründen bereits 1878 durch Erlass (Württ. Staatsarchiv CVI 6, Bd. 1, 29. April 1878) vorsorglich verboten. Demgegenüber wurde die technische Nützlichkeit von Blei für diesen Zweck im norddeutschen Raum wesentlich günstiger bewertet. Ausschlaggebend dafür war nicht etwa, dass die bereits damals bekannte Gesundheitsschädlichkeit ignoriert worden wäre. Grund war die irrige Annahme, in hartem Wasser würden sich Deckschichten aus Kalk bilden, die das Wasser ausreichend vor gesundheitsschädlichen Einträgen von Blei schützen würden.
In Nord- und Ostdeutschland wurden Bleileitungen bereichsweise noch bis Anfang der 1970er-Jahre genutzt. Nach 1973 errichtete Häuser sind in der Regel nicht mehr betroffen. Bereits ab dem Jahr 2002 hat das UBA den vollständigen Austausch von Bleirohren forciert und als alternativlos bezeichnet.
Nach einer aktuellen Schätzung des UBA gibt es bundesweit trotz des langjährigen Austauschgebots noch immer ca. 15.000 Hausanschlussleitungen aus Blei. Deutlich unsicherer ist die Schätzung, dass noch immer etwa 38.000 Gebäude mit Bleileitungen in der Trinkwasser-Installation vorhanden sind.
Neu an dieser Situation ist allerdings die Anforderung an Installationsunternehmen, dem Gesundheitsamt unverzüglich anzeigen zu müssen, wenn die Mitarbeiter vor Ort Blei in einer Kundenanlage entdecken.
Neuer Grenzwert für Blei im Trinkwasser ab 2028
Der Grenzwert für Blei wird durch die TrinkwV nochmals gesenkt werden. Bis Januar 2028 gilt noch der aktuelle Grenzwert von 10 µg/l, danach der reduzierte Wert von 5 µg/l. Wer heute eine neue Trinkwasser-Installation plant oder installiert, muss davon ausgehen, dass diese Installation 50 Jahre lang gebrauchstauglich sein muss (regelmäßige Instandhaltung vorausgesetzt).
Jeder verantwortliche Fachmann ist also gut beraten, bereits heute nur Bauteile und Materialien zu verwenden, die auch in knapp 4 ½ Jahren noch sicher die Anforderungen und Grenzwerte einhalten können. Auch wenn üblicherweise die Anforderungen zum Zeitpunkt der Abnahme gelten, muss Fachleuten jedoch unterstellt werden, dass sie heute die aktuelle Rechtslage und folglich auch die Perspektive ab 2028 kennen.
Was ist Nichttrinkwasser
Neu verwendet wurde in der Verordnung der Begriff des „Nichttrinkwassers“ als einer Anlage, die zusätzlich zu einer Trinkwasser-Installation installiert ist und
a) entweder zur Entnahme von Wasser dient, das nicht für in Nr. 1 genannte Zwecke (Trinkwasser) bestimmt ist,
b) oder in der Wasser, das nicht für in Nr. 1 genannte Zwecke (Trinkwasser) bestimmt ist, im Kreislauf geführt wird.
Bei den Nichttrinkwasseranlagen wird also unterschieden in Systeme, die der Entnahme von Nichttrinkwasser dienen (Löschwasseranlagen, Systeme zur Tränkewasserversorgung, Niederschlagswasseranlagen u. Ä.), und Systeme, in denen Nichttrinkwasser lediglich im Kreislauf geführt wird (Heizungssysteme, Kühlsysteme, Prozess-/Prüfwasser u. Ä.). Anzeigepflichten werden allerdings nur für Nichttrinkwasseranlagen verordnet, aus denen Wasser entnommen wird.
Beiden Arten von Nichttrinkwasseranlagen gemein ist jedoch, dass
- sie nach § 13 nur dann zur Befüllung oder Nachspeisung mit einer Wasserversorgungsanlage verbunden werden dürfen, wenn eine jeweils individuell geeignete Sicherungseinrichtung nach den a. a. R. d. T. vorhanden ist (DIN EN 1717, DIN 1988‑100, DIN 1988‑600)
- die Leitungen der Nichttrinkwasseranlagen durchgehend beschriftet sein müssen
- alle Entnahmestellen für Nichttrinkwasser entsprechend gekennzeichnet und zudem gegen unbeabsichtigte Entnahme gesichert sein müssen.
Diese Regelung führt dazu, dass z. B. seit dem 24. Juni 2023 jede neu errichtete Regenwassernutzungsanlage im Einfamilienhaus spätestens vier Wochen vor Beginn der Errichtung dem Gesundheitsamt gemeldet werden muss. Die Stilllegung muss dem Gesundheitsamt innerhalb von drei Tagen gemeldet werden.
Wasserbehandlung und Filtration
Im Abschnitt 5 der Verordnung wird eindeutig und mit Verbotscharakter geregelt, zu welchen Zwecken eine Trinkwasserbehandlung nach den a. a. R. d. T. überhaupt eingesetzt werden darf, welche Anforderungen der Betreiber dabei zu erfüllen hat und welche umfangreichen Aufzeichnungs-, Anzeige- und Informationspflichten bei einer Wasseraufbereitung bestehen. Ein Verstoß gegen diese weitreichenden Anforderungen ist einer der wenigen Straftatbestände, die nach § 71 unmittelbar aus der TrinkwV resultieren können.
Maßnahmen, um beispielsweise Mikroorganismen aus dem Wasser zu entfernen und damit durch reduzierte Warmwassertemperaturen mittelbar Energie einzusparen, sind hier ausdrücklich nicht erwähnt. Das Gesundheitsamt kann lediglich eine zeitlich befristete Ausnahmegenehmigung von Anlagen erteilen, die
a) schon vor dem 24. Juni 2023 und
b) ausschließlich zu Forschungszwecken installiert waren.
In der Begründung zu dieser einzelnen Ausnahme hierzu heißt es wörtlich: „Durch Änderungen in der Definition von Aufbereitungsstoffen und durch die Festlegungen von Aufbereitungszwecken kommt es für bereits in der Anwendung befindliche Aufbereitungsverfahren zu Einschränkungen in der Verwendung. Hier sind insbesondere die Ultrafiltrationsverfahren in der Trinkwasser-Installation zu nennen. Dieses Verfahren wird im Forschungsvorhaben ‚Ultra‑F – Ultrafiltration als Element der Energieeffizienz in der Trinkwasserhygiene‘ intensiv untersucht. Durch die Regelung in §§ 18 und 20 TrinkwV werden die Einsatzmöglichkeiten für Ultrafiltrationsanlagen allerdings eingeschränkt und bestehende Anlagen müssten entfernt werden.“
Legionellen in Trinkwasserinstallationen
Grundsätzlich gleich geblieben ist der technische Maßnahmenwert für Legionellen, der mit 100 KBE/100 ml unverändert ist. Neu ist allerdings, dass die umfangreichen Handlungspflichten des Betreibers heute bereits bei einem Erreichen des technischen Maßnahmenwerts einsetzen, nicht wie bislang erst bei einer Überschreitung.
Der technische Maßnahmenwert von 100 KBE/100 ml für Legionellen ordnet sich in Erfahrungswerte ein, die bei Trinkwasser-Installationen, die den a. a. R. d. T. entsprechen, üblicherweise eingehalten werden. Sofern dieser technische Maßnahmenwert überschritten wird, ist das also ein direkter Hinweis auf (vermeidbare) technische Mängel in der Trinkwasser-Installation. Der Unterschied (≥ 100 zu > 100) erscheint zunächst gering, kann aber in Bezug auf vorgeschriebene Maßnahmen (z. B. Gefährdungsanalyse/Risikoabschätzung), Analysemethoden und -befunde zu weitreichenden Folgen führen.
Entsprechende Untersuchungspflichten finden sich im neuen §31. Hier wird u. a. definiert, welche Anlagen unter welchen Bedingungen untersuchungspflichtig sind. Der Begriff der „Großanlage“ wurde gestrichen. Diese technischen Anforderungen finden sich nun ebenso unter den Untersuchungspflichten wie die bekannten Festlegungen, dass nur solche Anlagen untersuchungspflichtig sind, die öffentlich oder gewerblich betrieben werden und in denen Trinkwasser vernebelt wird.
Legionellen: Was für neue Trinkwasser-Anlagen gilt
Neu errichtete Trinkwasseranlagen sollen auch weiterhin frühestens drei Monate, jedoch spätestens innerhalb von zwölf Monaten erstmalig auf Legionellen untersucht werden.
Damit stellt sich für den Anlagenerrichter weiterhin das Problem, dass er die Anlage zum Zeitpunkt der Abnahme an den Auftraggeber übergibt und ab da keinen Zugriff auf Einstellungen und Betriebsweise des Systems hat. Gleichzeitig soll jedoch regelmäßig am Ergebnis dieser Erstuntersuchung nach frühestens drei Monaten gemessen werden, ob das System so geplant und errichtet wurde, dass es eben zu keiner Legionellenvermehrung kommen kann. Hier empfiehlt es sich, zur Abnahme die Dokumentation eines Probebetriebs zu übergeben.
Der Probebetrieb von Trinkwasser-Installationen ist Teil der Inbetriebnahme und sollte vom Auftragnehmer (Anlagenerrichter) vor dem Verantwortungsübergang (Übergabe und Abnahme) durchgeführt werden. Ein Probebetrieb dient der
- Überprüfung von Funktionen (z. B. der vorgegebenen Temperaturen, des hydraulischen Abgleichs, der Trinkwassererwärmungsanlage)
- Überprüfung von Eigenschaften (Hygiene-Erstuntersuchung, Ablaufvolumen bis zum Erreichen der vorgegebenen Temperaturen an den Entnahmestellen)
- Erkennung und Beseitigung von Mängeln und dient ggf. gegenüber dem Auftraggeber zum Nachweis der vertraglich vereinbarten Leistungen und der Anforderungen nach den a. a. R. d. T.
Mit der Dokumentation, dass z. B. an allen Entnahmestellen die vorgegebenen Temperaturen erreicht werden, die Einstellung der Regulierventile und Spüleinrichtungen auf das System abgestimmt wurde und die Einstellungen der Trinkwassererwärmung den a. a. R. d. T. entsprechen, kann im Schadensfall eine Beweislasterleichterung bis hin zur Beweislastumkehr erreicht werden.
Bei einem positiven Untersuchungsergebnis kann dann die Verantwortung nicht mehr automatisch mit einer pauschalen Mangelanzeige auf den Installateur geschoben werden. Es müsste vielmehr der Auftraggeber nachweisen, dass er seit der Übergabe die Anlage und ihre Einstellungen nicht verändert hat und das System bestimmungsgemäß betrieben wurde. Ein Probebetrieb sollte möglichst die realistische Nutzung nach der Übergabe an den späteren Nutzer widerspiegeln, da sich nur so spätere Mängel frühzeitig ermitteln lassen, die sich sonst erst im Normalbetrieb zeigen.
Probennahme: Was ist rechtswirksam?
Der neue § 39 unterstreicht nochmals, dass die Entnahme und Untersuchung von Proben nach TrinkwV nur von den hierfür zugelassenen Untersuchungsstellen durchgeführt werden dürfen. Das hat inzwischen Probennahme- oder Messdienstleister, die ohnehin bereits aus anderen Tätigkeitsgebieten über umfangreiche Adressverzeichnisse der gleichen Zielgruppe verfügten, genauso wie SHK-Betriebe, die ihren bestehenden Kunden mit einem zusätzlichen Service dienlich sein wollten, eines doch recht lukrativen Standbeines beraubt.
Kreative Dienstleister berufen sich deshalb nicht selten auf langjährig abgeschlossene Verträge oder verknüpfen die Probennahme gleich mit dem Service der Gefährdungsanalyse oder einer Wartung der Trinkwasseranlage. Das Oberlandesgericht München hat in einem Urteil im März 2019 (Az.: 18 U 3292/18 Pre) klargestellt, dass diese Auftragskonstrukte nicht mit geltendem Recht in Einklang stehen.
Eine rechtswirksame Auftragserteilung ist immer dann gegeben, wenn Analytik und Beprobung vom Labor verantwortet und abgerechnet werden. Das Labor wiederum darf durchaus – neben den fest angestellten internen Probennehmern – externe Probennehmer beauftragen, sofern sie in das QM-System des Labors integriert sind.
Das wiederum bedeutet, dass ein separates Rechtsgeschäft über die Probennahme zwischen Labor und einem externen Probennehmer abläuft. Auftraggeber ist nun das Labor, Auftragnehmer der Probennehmer. Das Labor bezahlt also den Probennehmer. Ein Vertragsverhältnis zwischen Endkunden (BUsI) und Probennehmer bzw. Dienstleister ist jedoch nicht zulässig.
Aus "Gefährdungsanalyse" wird "Risikoabschätzung“
In § 51 finden sich dann die Handlungspflichten des Betreibers, sollte der technische Maßnahmenwert erreicht werden. Diese Handlungspflichten umfassen weiterhin die hinlänglich bekannten Pflichten bis hin zur Gefährdungsanalyse, die durch die „Risikoabschätzung“ lediglich begrifflich ersetzt wurde.
Inhaltlich und formal sind die Anforderungen an Gefährdungsanalysen weitgehend unverändert geblieben und tatsächlich ist der Begriff „Risikoabschätzung“ eher unglücklich gewählt. Bei einer Schätzung handelt es sich doch gewöhnlich um eine „genäherte Bestimmung, die in der Regel vom wahren Wert abweicht“, und Sachverständige schätzen nicht.
Der Begriff ist aus dem „Wassersicherheitsplan (WSP)“ des UBA entlehnt, der für Trinkwasser-Installationen gar keine Bewandtnis hat. Der „risikobasierte Ansatz“ im 7. Abschnitt der Verordnung richtet sich allein an Wasserversorgungsunternehmen.
Auch Ablauf und Inhalte einer Gefährdungsanalyse richten sich gemäß § 51 nach der Empfehlung des UBA zur Gefährdungsanalyse aus Dezember 2012 und damit nach den detaillierteren Anforderungen der Richtlinie VDI/BTGA/ZVSHK 6023 Blatt 2 „Hygiene in Trinkwasser-Installationen – Gefährdungsanalyse“. Hier ist auch keine gedankliche Nähe zum WSP abzuleiten, es werden also weiterhin Installationen auf konkrete, objektive Gefährdungen für die menschliche Gesundheit analysiert und keine subjektiven Wahrscheinlichkeitsabschätzungen dargestellt.
Handlungspflichten des Betreibers
Die TrinkwV regelt im Abschnitt 11 die Pflichten des Betreibers bei der Nichteinhaltung von Grenzwerten oder Höchstwerten, bei der Nichterfüllung von Anforderungen und bei außergewöhnlichen Vorkommnissen sowie bei hieraus resultierenden Verboten.
Neben Anzeigepflichten sind Maßnahmen zur Klärung der Ursachen und zur Abhilfe zu ergreifen, wenn die Trinkwasserqualität nachteilig verändert ist. Geregelt ist auch, unter welchen Umständen Trinkwasser ggf. nicht mehr an Verbraucher abgegeben werden darf.
Werden dem Betreiber einer „Gebäudewasserversorgungsanlage“ Tatsachen bekannt, die darauf hinweisen, dass die Beschaffenheit des Trinkwassers nachteilig verändert ist (Geruch, Geschmack, Farbe, Trübung, Analysebefunde), hat er unverzüglich Untersuchungen zur Klärung der Ursache der Veränderung durchzuführen. Gefordert werden ggf. ein Maßnahmenplan des Betreibers sowie gesonderte Handlungspflichten in Bezug auf Legionellen.
Schließlich findet sich in dem Abschnitt auch die Pflicht zur Information der Verbraucher bei Überschreitungen von Grenzwerten, Höchstwerten, Parameterwerten oder bereits beim Erreichen des technischen Maßnahmenwerts für Legionellen.
Überwachung durch das Gesundheitsamt
Ist die Nichteinhaltung oder die Nichterfüllung der in den §§6 bis 8 festgelegten Grenzwerte, Höchstwerte und Anforderungen für mikrobiologische und chemische Parameter sowie Indikatorparameter auf die Trinkwasser-Installation selbst zurückzuführen, so kann das Gesundheitsamt beispielsweise anordnen, dass der Betreiber der Anlage die betroffenen Verbraucher über Folgendes zu informieren und zu beraten hat:
- die Bedingungen des Konsums und der Verwendung des Trinkwassers
- in der Verantwortung der Verbraucher liegende Maßnahmen, insbesondere solche, mit denen sich von der Trinkwasser-Installation verursachte Risiken für die menschliche Gesundheit vermeiden lassen (z. B. regelmäßige Nutzung)
- die Einschränkungen für die Verwendung des Trinkwassers, die die Verbraucher vornehmen sollten (z. B. Abkochgebot oder Duschverbot).
Hier werden jedoch leider nur noch betriebstechnische Aspekte adressiert, nicht mehr der bauliche Zustand der Anlage (Instandhaltung).
Ist die Ursache der Nichterfüllung der in den §§5 bis 9 festgelegten Anforderungen unbekannt, so ordnet das Gesundheitsamt jedoch eine unverzügliche Untersuchung zur Klärung der Ursache an oder führt sie selbst durch.
Wird dem Gesundheitsamt bekannt, dass der technische Maßnahmenwert für Legionellen in einer Trinkwasser-Installation erreicht wird, und kommt der Betreiber seinen jeweiligen Handlungs- und Informationspflichten nicht nach, fordert das Gesundheitsamt ihn unter Fristsetzung zunächst auf, diese Pflichten zu erfüllen. Kommt der Betreiber seinen Pflichten auch nach Aufforderung durch das Gesundheitsamt nicht fristgemäß und vollständig nach, ordnet das Gesundheitsamt diese ggf. an.
Muss der Betreiber die Verwendung des Trinkwassers auf Anordnung des Gesundheitsamtes einschränken, kann das Gesundheitsamt dem Betreiber eine Gefährdungsanalyse (Risikoabschätzung) übrigens für alle Parameter empfehlen, die sich in der Trinkwasser-Installation ändern können, und nicht nur für Legionellen.
Schulungen zur Trinkwasserhygiene
Unabhängig von den Maßnahmen nach TrinkwV soll nach Art. 10 der EU-Richtlinie 2020/2184 über die Qualität von Wasser für den menschlichen Gebrauch auch die Schulung von Installateuren und anderen Fachleuten gefördert werden. Entsprechende Fortbildungsmöglichkeiten für Fachleute sind bereits als Schulungen zur Trinkwasserhygiene nach der Richtlinienreihe VDI 6023 „Hygiene in Trinkwasser-Installationen“ bekannt. Inzwischen wurden rund 41.000 Personen nach den Vorgaben der VDI 6023 geschult und qualifiziert.
Auch der Deutsche Verein der qualifizierten Sachverständigen für Trinkwasserhygiene e. V. (DVQST) behandelt die wesentlichen Aspekte der neuen TrinkwV in einer eigenen Seminarreihe. Informationen und Anmeldung zum Seminar F5 „Trinkwasserverordnung“ finden sich unter:
www.dvqst.de/bildung
Fazit
Beratung, Planung, Installation – und danach? Die hygienisch unbedenkliche Trinkwasser-Installation ist für Sachverständige, Planer, Installateure, FM‑Unternehmen, Labore, Gesundheitsämter und Betreiber Tagesgeschäft. Umso wichtiger ist es, auf dem Laufenden zu sein, was die entsprechenden Regelwerke betrifft. Mit der Aktualisierung der TrinkwV und der neuen VDI 6023 kommt einiges auf die Fachleute zu.
Als rechtliche Grundlage für die Anforderungen an Trinkwasser definiert die TrinkwV verbindliche Kriterien und Grenzwerte in Bezug auf die Qualität von Wasser für den menschlichen Gebrauch. Das geänderte IfSG (Stand 2022) sowie die neu in Kraft getretene TrinkwV beinhalten zum Teil wesentliche Verschärfungen dieser Anforderungen sowie neue und geänderte Begrifflichkeiten.
Literatur
- Verordnung über die Qualität von Wasser für den menschlichen Gebrauch (Trinkwasserverordnung – TrinkwV) vom 20. Juni 2023 (BGBl. 2023 I Nr. 159), www.gesetze-im-internet.de/trinkwv_2023
- Bundesrat Drucksache 68/1/23, Empfehlung der Ausschüsse vom 17.03.2023, www.bundesrat.de/SharedDocs/drucksachen/2023/0001-0100/68-1-23.html
- Bürschgens, A.: Hygiene in Trinkwasser-Installationen – Betrieb und Instandhaltung, Kommentar zur VDI 3810 Blatt 2/VDI 6023 Blatt 3 mit VDI/DVQST‑EE 3810 Blatt 2.1 Außerbetriebnahme und Wiederinbetriebnahme, Beuth Verlag, 2021
- VDI-MT 6023 Blatt 4: Hygiene in Trinkwasser-Installationen – Qualifizierung für Trinkwasserhygiene, Beuth Verlag, September 2022
- Bürschgens, A.: Legionellen in Trinkwasser-Installationen, Gefährdungsanalyse und Sanierung, Beuth Verlag, 2., überarbeitete und erweiterte Auflage, 2018
Dieser Beitrag von Arnd Bürschgens erschien zuerst in der SBZ Ausgabe 08/2023.
Arnd Bürschgens ist ö. b. u. v. Sachverständiger für Trinkwasserhygiene im Installateur- und Heizungsbauerhandwerk sowie Vorsitzender des DVQST. Herr Bürschgens war u. a. stellv. Vorsitzender im Ausschuss VDI 6023 Blatt 1 und Vorsitzender im Ausschuss VDI 3810 Blatt 2/VDI 6023 Blatt 3. info@sv-buerschgens.de