Bundesverfassungsgericht: 60 Milliarden Euro weniger für die Energiewende
Um die Folgen der Coronapandemie einzudämmen, hatte die Bundesregierung den Haushalt für 2021 im Nachtrag mit 60 Milliarden Euro aufgestockt. Da das Geld letztlich aber nicht gebraucht wurde, wollte man es umschichten zugunsten des Klimaschutzes, genauer: in den Klima- und Transformationsfonds Dagegen klagten CDU/CSU-Abgeordnete vor dem Bundesverfassungsgericht -sie sahen die Schuldenbremse damit ausgehebelt. Nun gab ihnen das Gericht recht.
Die Folge: Dem Klima- und Transformationsfonds fehlen nun die 60 Milliarden Euro. Finanzminister Christian Lindner verhängte eine Ausgabensperre für den Fonds für 2024 und 2025. Maßnahmen zur Förderung der Energieeffizienz und der Wärmewende in Gebäudebereich sollen davon allerdings nicht betroffen sein. Außerdem werde ein neuer Wirtschaftsplan ausgearbeitet. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck versprach, dass bereits zugesagte Verpflichtungen eingehalten würden.
Stimmen aus der Branche
GIH: Die BEG muss trotz Haushaltssperre schnell kommen
Das Bundesverfassungsgericht hat die Umschichtung von eigentlich für die Bekämpfung der Corona-Krise vorgesehenen Finanzmitteln in den Klima- und Transformationsfonds (KTF) kassiert. Dies wirft auch Fragen bezüglich der in Ausarbeitung befindlichen Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG) auf, die zum Jahreswechsel aufgestockt in Kraft treten soll und deren Verkündung zeitnah erwartet worden war. Dazu erklärt der GIH-Bundesvorsitzende Stefan Bolln:
„Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts mag rechtlich betrachtet völlig korrekt sein, für den Klimaschutz ist es jedoch erstmal ein Schlag ins Gesicht. Wir hatten zeitnah auf die Veröffentlichung einer neuen BEG gehofft, deren klar verbesserte Fördersätze dazu in der Lage gewesen wären, die schwächelnde Baukonjunktur anzuregen, für eine Wiederbelebung der ins Stocken geratenen energetischen Gebäudesanierungen zu sorgen und die Energiewende sozial zu flankieren. All dies liegt in Anbetracht der geschwundenen Mittel nun leider erstmal auf Eis.
Die Aussagen der zuständigen Bundesminister Robert Habeck und Christian Lindner stimmen uns jedoch zuversichtlich, dass die für das Jahr 2023 gemachten Förderzusagen eingehalten und auch die Pläne für das Jahr 2024 unverändert umgesetzt werden – laut Lindner sind ja Maßnahmen zur Energieeffizienz und zu erneuerbaren Energien im Gebäudebereich ausdrücklich von der gestern vorgenommenen Sperre des Wirtschaftsplans des KTF ausgenommen.
Wir begrüßen sehr, dass sich die Bundesregierung trotz der Wendung der Dinge schnell für die Aufrechterhaltung ihrer geplanten Maßnahmen ausgesprochen hat und dem Klimaschutz auch unter erschwerten finanziellen Bedingungen einen hohen Stellenwert beimisst. Allerdings geht es hier nicht nur um Geld, sondern auch um Geschwindigkeit: Für Hausbesitzende und Energieberatende ist es wichtig, möglichst bald die für 2024 geltenden Förderbedingungen zu kennen – nur so lassen sich Energieeffizienzmaßnahmen sinnvoll planen. Wir appellieren daher an den Gesetzgeber, die neue BEG trotz aller Widrigkeiten schnell in trockene Tücher zu bringen und zu veröffentlichen.
Außerdem sollte die Politik die nun gewonnene Zeit nutzen, um ein drohendes praktisches Problem auf den letzten Metern doch noch auszubügeln: Sollte künftig, so wie angedacht, ein Förderantrag zu einer Einzelmaßnahme erst nach Beauftragung des Handwerks möglich werden, dürften viele Hausbesitzende zurückschrecken. Vor diesem Hintergrund wäre es ratsam, die bislang gängige Praxis „erst Förderzusage, dann Auftragsvergabe“ nicht auf den Kopf zu stellen. "
DENEFF fordert langfristige Sicherheit für Klimaschutz-Förderprogramme
Das heute bekannt gewordene Urteil des Bundesverfassungsgerichts, das die Aufstockung des Klima- und Transformationsfonds (KTF) aus Mitteln der Coronahilfen für verfassungswidrig erklärt hat, dürfe nicht in einen Rückschlag für den Klimaschutz und die schwächelnde Konjunktur münden, warnt die Deutsche Unternehmensinitiative Energieeffizienz (DENEFF). Zwar habe Bundesfinanzminister Lindner angekündigt, dass von der jetzt verhängten Sperre des Wirtschaftsplans Maßnahmen zur Förderung der Energieeffizienz und der erneuerbaren Energien im Gebäudebereich ausgenommen seien. Laut Verband sei es jedoch wichtig, dass die notwendigen Mittel auch langfristig gesichert werden.
Die DENEFF betont zudem, dass auch Unternehmen, die derzeit leider häufig auf Grund der Inflation Investitionen in Klimaschutz zurückstellen, dringend auf verlässliche Unterstützungsangebote angewiesen seien, um ihre Energiekosten wirkungsvoll zu senken. „Wir appellieren an die Politik, langfristig eine ausreichende und dauerhafte Förderung von Klimaschutzinvestitionen sicherzustellen”, sagt der geschäftsführende DENEFF-Vorstand Christian Noll und weiter: „Die Politik muss die Generationenverantwortung Klimaschutz ernst nehmen. Dafür brauchen Haushalte, Wirtschaft und Handwerk jetzt endlich verlässliche Perspektiven."
Mit dem ansonsten aus den Erlösen des Emissionshandels und der CO2-Bepreisung gespeisten Sonderfonds werden Klimaschutzprogramme finanziert. Dazu gehören u.a. das Bundesförderprogramm für energieeffiziente Gebäude sowie das Bundesprogramm für Energieeffizienz in der Wirtschaft.
BSB: Unsicherheit von privaten Bauherren und Modernisierern wächst weiter
Florian Becker, Geschäftsführer der Verbraucherschutzorganisation Bauherren-Schutzbund e.V. (BSB) äußert sich zu den drohenden Konsequenzen für Verbraucher:
„Der BSB begrüßt, dass der Gebäudebereich grundsätzlich von den Sofortkürzungen ausgeschlossen sein soll. Die Entscheidung, den Fokus weiterhin auf den Schutz laufender Förderungen im Gebäudesektor zu legen, zeigt ein grundlegendes Verständnis der Bundesregierung für die Bedeutung privater Bauherren und Modernisier bei der Erreichung der klima- und wohnpolitischen Ziele.“
Becker fährt fort: „Es ist jedoch fraglicher denn je, wie unter diesen Bedingungen die neue Förderung im Zusammenhang mit dem Inkrafttreten des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) realisiert werden soll. Ursprünglich sollten erhöhte staatliche Zuschüsse für Wärmepumpe und Co. zum 1. Januar des kommenden Jahres verfügbar sein. Um zusätzliche Verwirrung und Unsicherheit bei den Verbrauchern zu vermeiden, muss jetzt rasch für Klarheit gesorgt werden. Verbraucher, die bei ihren Hausbau- und Erwerbsplänen Vertrauen in bereits angekündigte Förderungen, wie „Jung kauft Alt“ oder weitere KfW-Programme im Bereich Neu- und Bestandsbau gesetzt hatten, benötigen nun dringend Sicherheit für die Zukunft. Eine Verzögerung der Förderprogramme könnte zu einem weiteren Einbruch der Bautätigkeit führen. Um dies zu verhindern, muss die Bundesregierung umgehend Maßnahmen ergreifen, um die Fördermittel für das kommende Jahr für den Gebäudebereich abzusichern. Die Verbraucher benötigen diese Sicherheit, um ihre Investitionen in nachhaltige und energieeffiziente Bauvorhaben fortzusetzen. Der BSB appelliert deshalb an die Bundesregierung, zügig für Transparenz und Planungssicherheit zu sorgen, um weitere Verunsicherung zu vermeiden."
DUH: Kostenlose Klimaschutzmaßnahmen wie Tempolimit jetzt dringender denn je!
Zur Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, dass Investitionsmittel aus dem Corona-Fonds nicht in den Klima- und Transformationsfonds hätten übertragen werden dürfen, sagt DUH-Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch:
„Nach der heutigen Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts ist es zwingend notwendig, dass die Bundesregierung alle Klimaschutzmaßnahmen, die ohne Mehrkosten für den Bundeshaushalt sind oder gar diesen entlasten, sofort ergreift. Ein Tempolimit von 100 km/h auf Autobahnen und 80 km/h außerorts sowie 30 km/h innerorts spart jährlich mehr als 11 Millionen Tonnen CO2. Der Stopp klimaschädlicher Subventionen wie die Dienstwagen- oder Dieselsubventionen entlasten den Haushalt sogar um viele Milliarden Euro. Damit lassen sich aufkommensneutral die aktuell diskutierten Unterstützungen für die Menschen bei der Gebäudesanierung und Wärmewende finanzieren. Die Bundesregierung muss das Klimaschutzprogramm endlich anpassen, sonst wird das von uns angeordnete Bundesverfassungsgericht dies einfordern.“
Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts, das die Nutzung eines Teils des Sondervermögens für den Klimatransformationsfonds (KTF) für verfassungswidrig erklärt, drohe zu einer schweren Zäsur für die Generationenaufgabe Klimaschutz zu werden, warnen Verbände aus dem Gebäudebereich. Ohnehin gälten die im KTF veranschlagten Mittel als mehrfach verbucht, da neben den ursprünglichen großen Programmen, wie der Förderung von Klimaschutz in Gebäudebestand und Unternehmen, zuletzt immer neue Ausgabenposten hinzugekommen seien, so das Bündnis.
Nachdem die Klimaziele insbesondere im Gebäudesektor in immer weitere Ferne rückten und die Sanierungsrate inzwischen auf unter ein Prozent im Jahr gesunken ist, benötigen Unternehmen und Verbraucherinnen und Verbraucher dringend eine gesicherte Förderkulisse, um Planungssicherheit für Entscheidungen zu haben – gerade in der Bau- und Sanierungskrise.
Sonst drohten weitere Einbrüche, die nicht nur hunderttausende Arbeitsplätze in Handwerk, Bauindustrie und heimischer Produktion von Klimaschutzlösungen gefährden, sondern auch die Gesamtkonjunktur, warnen sie. Insbesondere Menschen mit geringem Einkommen seien von Energiearmut bedroht., „Streichungen beim Klimaschutz bergen sozialen und gesellschaftlichen Sprengstoff“ heißt es in dem Brief an Bundeskanzler Scholz.