Tipp vom Anwalt: Das gilt bei Abweichung der anerkannten Regeln der Technik
Der Auftragnehmer (AN) und der Auftraggeber (AG) schließen einen Vertrag über die Modernisierung der Terrasse beim Einfamilienhaus des AG. Beauftragt wird die Verlegung von Natursteinplatten für die auch ein Estrich im Gefälle aufgetragen werden muss.
Nach Abschluss der Arbeiten behauptete der AG, dass der Estrich nicht mit dem notwendigen Gefälle ausgeführt wurde. Als Folge des Mangels konnte das Regenwasser nicht abfließen und es bildeten sich unschöne Kalkflecken auf den Platten. Es kam zu einem Streit über die Mängelbehauptung.
In einem gerichtlichen Verfahren hat ein Sachverständiger festgestellt, dass bei der Umsetzung des Gefälle-Estrichs von den anerkannten Regeln der Technik abgewichen wurde. Der Sachverständige führte dazu in seinem Gutachten aus, „dass hier ein Gefälle von 0,9% vorliege und dass nach den maßgebenden Vorschriften eine Unterschreitung des erforderlichen Gefälles von 3% bei genutzten Terrassen – wie hier – nicht zulässig sei. Die gefällelose Ausprägung des Estrichs in der beweisgegenständlichen Situation stelle deshalb per se einen technischen Fehler dar und zwar unabhängig vom weiteren Fußbodenaufbau.“ Es habe daher mit Schäden an der Schutz- und Belagschicht gerechnet werden müssen.
Der AN verteidigte sich mit der Argumentation, dass die gewählte Ausführung mit dem AG vereinbart worden sei und aufgrund der vertraglichen Vereinbarung kein Mangel vorliege. Der AG forderte eine Mängelbeseitigung.
So entscheidet das Gericht
Der AG hat laut Gericht einen Anspruch auf Mängelbeseitigung. Der AN habe einen Estrich mit einem Gefälle von 0,9% hergestellt, was den anerkannten Regeln der Technik widerspricht, die ein Gefälle von 3% erfordern. Zum einen konnte der AG den Mangel bei der Abnahme nicht erkennen, zum anderen habe der AN seine Prüfungs- und Hinweispflichten verletzt sowie Planungsfehler begangen.
Im Einzelfall kann von den anerkannten Regel der Technik abgewichen werden, denn grundsätzlich steht es den Parteien im Rahmen der Vertragsfreiheit zu, etwa aus Kostengründen geringere qualitative Anforderungen an das bestellte Werk zu stellen, als sie üblich sind.
Dann muss der Auftraggeber mögliche Folgen oder Mängel tragen (vgl. OLG Saarbrücken, Urteil v. 25. Oktober 2000, Az.: 1 U 111/00). Allerdings seien an eine solche Vereinbarung „nach unten“ wegen des damit einhergehenden Verzichts auf eine übliche Beschaffenheit strenge Anforderungen zu stellen (vgl. OLG Celle Urteil v. 16. Mai 2013, Az.: 13 U 11/09). Eine solche Beschaffenheitsvereinbarung kann deshalb nur angenommen werden, wenn der AG über das damit verbundene Risiko vom AN aufgeklärt wurde. Im vorliegenden Fall kam es jedoch nicht zu einer solchen Absprache.
Fazit
Das Urteil zeigt, dass ein Abweichen von den anerkannten Regeln der Technik häufig zur Mangelhaftigkeit des Werks führen kann. Sofern nicht ein anderer Standard oder eine andere Ausführung vereinbart ist, verpflichtet sich der Unternehmer in der Regel stillschweigend zur technisch einwandfreien Herstellung des Werks. Die Unterbreitung von Sonderlösungen an Laien lässt nicht den Schluss zu, dass dieser mit einer Abweichung von den anerkannten Regeln der Technik einverstanden ist.
Hierfür bedarf es einer ausdrücklichen und umfassenden vorherigen Aufklärung gegenüber dem AG, auch bezüglich der möglichen Auswirkungen.