Tipp vom Anwalt: Muss der Bauträger die Planungsunterlagen herausgeben?
Nach neuem Werkvertragsrecht (seit 2018) besteht ein gesetzlicher Anspruch der Erwerber (im Verbraucherbauvertrag) auf Herausgabe von Plänen und Unterlagen zum Bauvorhaben (vgl. § 650n BGB). Für Verträge vor dem 01.01.2018 setzt der Anspruch der Erwerber auf Herausgabe von Planungsunterlagen zum Bauvorhaben - ohne ausdrückliche vertragliche Regelung - voraus, dass die Unterlagen für die Nutzung des Objekts tatsächlich benötigt werden. Es muss ein besonderes, konkret begründetes Interesse bestehen. Teilweise wird dies angenommen, wenn die Unterlagen betriebs- und wartungsrelevante Bereiche betreffen. Hier soll die Unterlagen dann aus einer vertraglichen Nebenpflicht herauszugeben sein (vgl. u.a. LG Baden-Baden, Urteil v. 21.06.2021, Az.: 3 O 344/20).
Vor 2018: Kein Anspruch auf Herausgabe der Planungsunterlagen
Gerade in Verbraucherbauverträgen bzw. Bauträgerverträgen kommt es oftmals im Zuge der Abnahme zum Streit darüber, welche Pläne und Unterlagen der Bauträger dem Erwerber zur Abnahme schuldet. Vor der Gesetzesänderung zum 01.01.2018 konnten die Erwerber nicht davon ausgehen, dass sie einen Anspruch auf Herausgabe von Plänen und Unterlagen zum Objekt hatten. Ein solcher Anspruch wurde dem Grunde nach verneint, wenn sich aus dem Vertragstext nicht etwas anderes ergeben bzw. wenn kein besonderes Interesse vorgelegen hatte.
Rechtliche Grundlagen
Verträge vor 2018
Ob und gegebenenfalls welche Bau- und Planungsunterlagen an die Erwerber herausgeben werden musste ist nach altem Werkvertragsrecht, mithin Verträgen die vor 2018 geschlossen wurden umstritten. Für diese Fälle wird teilweise vertreten, dass sich ein Anspruch auf Herausgabe unmittelbar aus der Übernahme von Planungs- und Architektenleistungen im Rahmen des Bauträgervertrags bzw. aus einer aus § 242 BGB abzuleitenden Nebenpflicht des Bauträgers ergebe (vgl. Basty, Der Bauträgervertrag, 10. Aufl., 11, Rdn. 240).
Nach anderer Ansicht besteht kein genereller Anspruch des Erwerbers von Wohnungseigentum gegen den Bauträger auf Herausgabe von Bau- und Planungsunterlagen. Hiernach kann eine Herausgabe nur dann verlangt werden, wenn eine entsprechende Vereinbarung im Vertrag getroffen wurde oder ein konkret begründetes rechtliches Interesse des Erwerbers besteht. Ein solch besonderes Interesse besteht zum Beispiel dann, wenn Planungsunterlagen noch für die Schlussabnahme des Gebäudes durch die Bauaufsicht vorgelegt werden müssten, um das Vorliegen öffentlich-rechtlich nachzuweisender Unterlagen/Pläne zu beweisen.
Verträge ab 2018
Mit der Gesetzesänderung zum Jahr 2018 hat sich die Situation für die Erwerber verbessert. Für ab diesem Zeitpunkt geschlossene Verbraucherbauverträge ist nunmehr in § 650n BGB geregelt, dass eine Pflicht zur Erstellung und Herausgabe von Unterlagen besteht, wenn diese benötigt werden, um gegenüber Behörden Nachweis über die Einhaltung öffentlich-rechtlicher Vorschriften zu führen oder aber ein Darlehnsgeber entsprechende Planungsunterlagen benötigt (z.B. Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz, Nachweis Kanaldichtigkeit, bauordnungsrechtliche Nachweise gemäß Bauordnung der jeweiligen Länder, etc.)
Grundsätzliches und Fazit
Nach neuem Recht ist die o.g. Frage grundsätzlich mit JA zu beantworten. Unabhängig hiervon bietet es sich grundsätzlich an - auch trotz der Regelung in § 650n BGB - die herauszugebenden Pläne und Unterlagen zusätzlich und exemplarisch im Vertrag zu benennen. Insoweit kann - unabhängig von § 650n BGB - der Umfang (z.B. Dichtigkeitsprotokolle, Blower-Door-Test, Revisionspläne für TGA -technische Gebäudeausrüstung-, Wartungsverträge für TGA, Betriebsanleitungen für TGA, Energieausweis, Betriebsanleitungen z.B. für Videosprechanlage, Thermostatregler und hydraulischer Abgleich, etc.) sowie die Art und Weise der Übergabe (z.b. zur Abnahme in Papierform oder digital bzw. auf USB-Stick) klar vertraglich geregelt werden.