KfW-Förderstopp: Staatliche Zuschüsse sollten deutliche klimapolitische Ansprüche stellen
„Diese aktuelle Förderdiskussion sollte die Politik als Chance betrachten“, sagt dazu der Vorsitzende des Deutschen Energieberater-Netzwerks DEN e.V., Dipl.-Ing. Hermann Dannecker. „Jetzt besteht eine gute Gelegenheit, klimapolitisch Pflöcke einzuschlagen und Zeichen zu setzen. Dabei sollte das Prinzip ‚Fördern und fordern‘ gelten!“
Dannecker spricht sich dafür aus, das Effizienzhaus 40 zum Förderstandard zu machen. „Weniger anspruchsvolle Energieeffizienz-Standards sind langfristig nicht sinnvoll angesichts ambitionierter Klimaziele. Zudem zeigt uns der aktuelle Konflikt mit Russland, dass unsere Versorgung mit Gas keineswegs so sicher ist wie immer behauptet. Deshalb sollten wir so schnell wie möglich den Anteil erneuerbarer Energien im Neubau und bei Sanierungen erhöhen.“
Der Ingenieur verweist darauf, dass bei intelligenter Planung die Kostenunterschiede zwischen dem bisherigen Effizienzhaus 55 und dem Effizienzhaus 40 durchaus von Förderungen aufgefangen werden können. „Ein Effizienzhaus 40 ist nicht unerschwinglich und deutlich zukunftssicherer als ein weniger ambitionierter Standard. Der Fördergeber sollte bei der Verteilung seiner Mittel durchaus Ansprüche stellen und nicht nach dem Gießkannenprinzip handeln. Unambitionierte Standards erweisen den klimapolitischen Zielen einen Bärendienst und kämen einer verkappten allgemeinen Wohnbauförderung gleich.“
Über die Förderdiskussion bei Neubauten dürfe man allerdings nicht die Sanierungen des Gebäudebestandes vergessen. Dannecker: „Hier liegt klimapolitisch das größte Potential für die Verminderung des Treibhausgas-Ausstoßes. Nach wie vor liegen die Sanierungsquoten bei 1 %, während mindestens 3 % nötig wären. Allerdings stellt sich die Frage bei Neubauten wie bei Bestandsgebäuden, ob die Förderungen durch die öffentliche Hand ins Unermessliche steigen können. Die deutlich gestiegenen Preise für Grundstücke, Gebäude, Material und Dienstleistungen haben vielfach auch mit Spekulationen und mangelnden Kapazitäten auf Seiten des Handwerks zu tun. Lieferengpässe für Baumaterialien kommen hinzu. Es wäre eine wichtige Aufgabe der Politik, auch diese Faktoren anzusprechen und nach Lösungen zu suchen.“
Energieberatung braucht eigenes Berufsbild
Auch auf Seiten der Energieberaterinnen und Energieberater gebe es inzwischen Kapazitätsengpässe, berichtet Dannecker: „Volle Auftragsbücher sind zwar erfreulich, weil dies in der Vergangenheit keineswegs immer der Fall war. Aber sie führen zu langen Wartezeiten für die Endkunden und schlimmstenfalls auch zu verminderter Qualität der Dienstleistungen. Dies ließe sich vermeiden, wenn die Energieberatung endlich ein eigenes Berufsbild bekäme. Ein Studiengang zum energetischen Bauen und Sanieren, der nicht unbedingt das Abitur zur Voraussetzung haben müsste, sondern auch Handwerkerinnen und Handwerkern offen stünde, würde sicherlich viele junge Menschen anziehen. Hier lägen klare Berufsperspektiven für sie. Und so ließen sich in wenigen Jahren genügend Nachwuchsexperten heranbilden. Man sollte jetzt endlich handeln!“
Vor diesem Hintergrund plädiert der DEN-Vorsitzende für eine umfassende Neugestaltung der Förderlandschaft. Dannecker: „Wir müssen weg vom Förderdschungel hin zu übersichtlichen, einfachen und klaren Linien, welche die Bauherren und Sanierer verstehen und motivieren. Hightech-Installationen sind keineswegs immer die richtige Antwort beim Bau klimafreundlicher Gebäude. Manchmal sind auch einfache und althergebrachte Materialien und Methoden die richtige Wahl. Deshalb sollten die zuständigen Politiker die aktuelle Förderdiskussion als Chance für mehr Realismus in der Energieeffizienz- und Klimapolitik betrachten.“