6 Zeitfresser im Alltag und Tipps für den besseren Arbeitstag
Da Zeitverschwendung keine direkten Schmerzen verursacht, fällt sie zunächst nicht auf. Dennoch summieren sich die verlorenen Minuten zu Stunden, die sich auf das Betriebsergebnis und damit auf den Unternehmenserfolg auswirken. Eine Ursache für Zeitverschwendung sind unnötige Zeitfresser. Dazu gehören:
- Überflutung mit (unwichtigen) Informationen
- Häufige Unterbrechungen
- Ineffektives Delegieren, unklare Anweisungen an Mitarbeiter, die häufiges Nachfragen zur Folge haben
- Aufschieben von Aufgaben und in der Folge das Anwachsen von Papierstapeln auf dem Schreibtisch oder ein überquellendes E-Mail-Postfach, die irgendwann mühsam und zeitraubend abgearbeitet werden müssen
- Langes Suchen nach Informationen aufgrund eines schlechten Ablagesystems
- Falsche Prioritätensetzung: zuerst das, was schnell erledigt werden kann, oder das, was Spaß macht.
Meistens wird versucht, mit folgenden Maßnahmen den so verursachten Stress in den Griff zu kriegen:
- Jeden Tag länger arbeiten, um alles zu erledigen.
- Nur die wichtigen Arbeiten erledigen, alles andere bleibt liegen.
- Schneller arbeiten, dann werden aber mehr Fehler gemacht!
Dies hat jedoch mit gutem Zeitmanagement nichts zu tun. Vielmehr geht es darum, die Zeitfresser auszuschalten und seine Arbeiten rationeller zu erledigen.
Überflutung mit (unwichtigen) Informationen
Auch in einem Handwerksbetrieb fällt viel Lektüre an: Lieferantenmitteilungen, Produktinformationen, Behörden-Infos, neue Gesetze und Vorschriften, Kundenanfragen. Die Informationsflut kann man nicht einfach ignorieren, schließlich könnte etwas Wichtiges dabei sein.
Um die Fülle zu bewältigen, gilt es im ersten Schritt Wichtiges von Unwichtigem zu trennen. Beim Überfliegen der Texte wird Unwichtiges aussortiert und am besten gleich entsorgt. Alles andere wird nach Dringlichkeit in einer Eingangsablage geordnet, die aus sauber und eindeutig beschrifteten und ggf. farblich unterschiedlichen Fächern oder Körbchen besteht. Hierhin gehören auch Unterlagen, die erst zu einem späteren Zeitpunkt gebraucht werden (können).
Wichtige oder interessante Inhalte werden beim ersten, schnellen Lesen so aufbereitet, dass sie später möglichst schnell und einfach weiterbearbeitet werden können. Das heißt, wichtige Textstellen werden markiert. In Randnotizen wird festgehalten, wer was wann zu erledigen hat, welche zusätzlichen Informationen eingeholt werden müssen, worüber mit wem Rücksprache zu halten ist. Dazu eignen sich die bekannten Markierungen: Ausrufezeichen für „wichtig“, Haken für „einverstanden“, Fragezeichen für „noch zu klären“. Einen Arbeitstermin kennzeichnet man durch die Datumsangabe und setzt damit Prioritäten.
Für die Weiterbearbeitung müssen die Papiere bzw. Informationen schnell griffbereit sein, denn langes Suchen ist ein Ärgernis und ein bedeutender Zeitfresser.
Wenn die Lektüre von wichtigen längeren Texten ansteht, die hohe Konzentration erfordern, ist dafür ein ausreichendes Zeitfenster einzuplanen und sicherzustellen, dass man in dieser Zeit nicht unterbrochen oder gestört wird.
Häufige Unterbrechungen
Grundsätzlich sind die Abläufe so zu planen, dass häufige Unterbrechungen vermieden werden. Denn sie reißen uns aus unserem Arbeitsfluss heraus und kosten Nerven, Zeit und Energie, um wieder da anzuknüpfen, wo man unterbrochen wurde. Im Tagesverlauf ist die Störungshäufigkeit sehr unterschiedlich. Zu bestimmten Zeiten fallen doppelt so viele Störungen an, meist am Vormittag. Bei der Erledigung von Aufgaben mit hoher Priorität müssen Störungen zumindest reduziert werden.
Eine Möglichkeit, ruhige Zeitfenster zu schaffen, sind Anrufbeantworter und Mailbox. Hilfreich ist auch, die Benachrichtigung über eingehende E-Mails auszuschalten, damit man nicht jedes Mal in Versuchung gerät, die E-Mail zu lesen.
Unterbrechungen durch Mitarbeiter oder Kollegen können vermieden werden, indem Zuständigkeitsbereiche und Abläufe klar definiert sind und Anweisungen so formuliert werden, dass die Mitarbeiter ohne große Rückfragen weitgehend selbstständig ihre Aufgaben erledigen können.
Auch eine Form der Unterbrechung ist es, wenn man sich während einer Tätigkeit gedanklich bereits mit der nachfolgenden beschäftigt. Durch diese Eigen-Unterbrechung lenkt man sich selber ab und verzettelt sich schließlich. Damit kann man sich nicht mehr voll auf die gerade vorliegende Aufgabe konzentrieren und braucht viel länger als nötig, um sie zu erledigen. Außerdem erhöht sich das Risiko, Fehler zu machen, die später zeitaufwendig korrigiert werden müssen, oder einzelne Details werden schlicht vergessen oder übersehen, weil man nicht bei der Sache ist.
Ineffektives Delegieren
Ein großer Teil der Unterbrechungen entsteht, weil Mitarbeiter Fragen haben oder Hilfe brauchen. Dies ist ihr gutes Recht und kann ihnen nicht zum Vorwurf gemacht werden. Hier helfen klare und umfassende Anweisungen, etwa in Form von kurzen Besprechungen, in denen die Arbeitsschritte festgelegt und alle dafür erforderlichen Informationen bereitgestellt werden.
Gemeinsame und klar strukturierte Ordnersysteme mit allen wichtigen Dateien und Unterlagen, eine gepflegte Datenbank, eine aufgeräumte Werkstatt, wo alles an seinem Platz ist, unmissverständliche Richtlinien und standardisierte Prozesse sowie regelmäßige, aber nicht zu lange Teambesprechungen tragen dazu bei, dass sich Detailfragen während der Arbeit erübrigen. Nicht zu unterschätzen ist hier auch die Zeitersparnis durch digitale Vernetzung zwischen Büro, Werkstatt und Baustelle.
Aufschieberitis
Die Neigung, Dinge aufzuschieben, ist weit verbreitet und ein Top-Zeitfresser. Unabhängig davon, ob das Ergebnis ein überquellendes E-Mail-Postfach oder sich auftürmende Papierstapel auf dem Schreibtisch sind, in jedem Fall wächst die Hemmschwelle, den Berg in Angriff zu nehmen, mit seiner Höhe und irgendwann hat man den Überblick komplett verloren. Wichtige Unterlagen verschwinden zwischen Überflüssigem und am Ende investiert man gezwungenermaßen wertvolle Zeit und Nerven, um die Stapel durchzugehen und dringend benötigte Informationen zu suchen. Dann wird oft eine groß angelegte und zeitraubende Aufräumaktion gestartet, aber nach kurzer Zeit beginnt der Stapel wieder zu wachsen.
Daher sollte alles, was unbrauchbar oder uninteressant ist, sofort entsorgt werden. Was später wichtig sein könnte, kommt in die Ablage. Wichtige Arbeiten sollten unbedingt gleich erledigt werden, anstatt zu warten, bis sie nicht mehr aufgeschoben werden können. Denn dann stehen vielleicht auch andere Tätigkeiten an, die zurückgestellt werden müssen, und der Tagesablauf gerät durcheinander. Pro Woche kann in erfahrungsgemäß ruhigeren Momenten ein festes Zeitfenster reserviert werden, in dem der Stapel, das Postfach bzw. die Ablage konsequent abgearbeitet werden.
Langes Suchen nach Informationen
Zum verhängnisvollen Aufschieben kommt oft ein unstrukturiertes und unübersichtliches Ablagesystem hinzu. Dann ist lästiges Suchen vorprogrammiert. Ordnung schafft ein durchdachtes System: Stehsammler mit eindeutiger Beschriftung, Hängemappen in verschiedenen Farben, nach Prioritäten oder Terminen sortierte Ablagekörbe, sauber angelegte Ordner, in denen die Unterlagen nach einem logischen und verständlichen System abgeheftet sind: chronologisch, alphabetisch oder thematisch.
Wer persönlich zur Desorganisation neigt, sollte sich eine Systematik und Routine angewöhnen, die der eigenen Logik entspricht.
Falsche Prioritätensetzung
Tagtäglich müssen wir entscheiden, womit wir den Arbeitstag beginnen und in welcher Reihenfolge wie unsere Aufgaben erledigen. Die Versuchung liegt nahe, sich zuerst dem zuzuwenden, was schnell erledigt werden kann, oder dem, was Spaß macht. Damit hält man sich dann auch gern etwas länger auf. Sinnvoll ist das allerdings nicht. Für eine gute Zeiteinteilung ist die Planung mit Prioritätensetzung das A und O.
Manchen widerstrebt es, ihren Tagesablauf durchzuplanen, da ja doch immer etwas dazwischenkommt. Das ist richtig und genau deshalb empfiehlt es sich, für unerwartete Aufgaben etwa 20 % Zeitreserve vorzusehen. In diese Zeit fallen auch Tätigkeiten, die weniger als zehn Minuten beanspruchen, sich also mal schnell zwischendurch erledigen lassen. Konkret verplant werden also nur 80 % der Arbeitszeit. Dies hilft, den Arbeitstag nicht so voll zu packen, dass man am Ende frustriert ist, weil man nur einen Teil des Pensums geschafft hat.
Überschaubare Einheiten für die eigene Arbeitseinteilung sind zum einen der Arbeitstag und zum anderen die Arbeitswoche. Die Planung beginnt damit, Prioritäten zu setzen, also zu entscheiden, welche Aufgaben erstrangig, zweitrangig und welche nachrangig zu erledigen sind. Priorität A haben wichtige und dringliche Aufgaben. Sie müssen sofort erledigt werden, auch wenn sie viel Zeit beanspruchen. B-Prioritäten sind entweder wichtig oder eilig. C-Prioritäten sind weder eilig noch wichtig und können später in Angriff genommen werden.
Damit die gewünschte Zeitersparnis eintritt, muss diese Prioritätenliste konsequent eingehalten werden. Ideal ist es, wenn auch für die Mitarbeiter nach diesem System die Arbeit eingeteilt wird. Die ALPEN-Methode ist eine Form der systematischen täglichen Arbeitsplanung für den jeweiligen Folgetag. Dies dauert nach einiger Übung nicht mehr als ca. fünf bis zehn Minuten am Tag, die sich durch Zeitgewinne auszahlen.
Planung nach der ALPEN-Methode
- A: Aufgaben notieren, die am nächsten Tag erledigt werden müssen
- L: Länge der Tätigkeiten schätzen, den ungefähren Zeitbedarf festhalten
- P: Pufferzeiten einplanen für Unvorhergesehenes, und zwar 20 % der vorhandenen Zeit
- E: Entscheidung treffen, welche Priorität einzelne Aufgaben haben
- N: Nachkontrolle am Tagesende, ob der Ablauf eingehalten wurde
Die Liste der anstehenden Aufgaben wird nach Prioritäten sortiert und der erforderliche Zeitbedarf wird geschätzt. Für Unvorhergesehenes wird ein Zeitpuffer eingeplant. Vor Arbeitsschluss wird überprüft, ob die Liste vollständig abgearbeitet wurde oder ob unerledigte Aufgaben in die Planung für den kommenden Tag übernommen werden müssen.
So nicht: Anleitung zur Zeitnot
- Planen Sie Ihre Zeiteinteilung nach dem Spaßfaktor. Erledigen Sie das Angenehme zuerst, das Interessante anschließend und das Dringende übermorgen.
- Unterbrechen Sie Ihre Tätigkeiten so oft wie möglich. Denn wenn Sie am Stück arbeiten, kommt Langeweile auf.
- Verfahren Sie nach dem Standpunkt: Systematische Arbeitsplanung ist graue Theorie, die Praxis sieht ganz anders aus.
- Verzichten Sie auf die Tagesplanung, da Ihr persönlicher Arbeitsstil diese ohnehin überflüssig macht. Vertrauen Sie darauf, dass es dank Ihrer Erfahrung auch ohne Planung geht.
An solch ein systematisches Vorgehen muss man sich erst gewöhnen, was einige Disziplin erfordert. Ist es aber einmal zur Routine geworden, möchte man es nicht mehr missen, da es den Arbeitsalltag einfacher und stressfreier macht.
Dieser Artikel von Rolf Leicher ist zuerst erschienen in SBZ 03-2019. Rolf Leicher ist Dipl.-Betriebswirt, Fachautor und Referent.