Wie Sie Flächenheizung und -kühlung richtig berechnen
Während Heizlasten in modernen Gebäuden immer geringer werden, werden Kühllasten immer wichtiger. Dieser Beitrag handelt deshalb von den Grundlagen der Flächenheizung/-kühlung zur thermischen Aktivierung von Oberflächen im umbauten Raum.
Durch die Integration von Wärmeübergabekreisen aus Systemrohren mit einem Durchmesser von ca. 10–18 mm in den Aufbau von Wärmeverteilschichten aus Estrichen, Putzen und Trockenbauelementen können über das Wärmeträgermedium Wasser Wärmemengen sowohl in den Raum (Übertemperatur an der Fläche) als auch aus dem Raum (Untertemperatur an der Fläche) geführt werden.
Zielsetzung ist eine gleichmäßige Temperierung (ϑOFm) der Oberfläche über die jeweilige Wärmeverteilschicht Boden, Wand und Decke. Je größer die Temperaturdifferenz (Δϑ) zwischen Raumtemperatur (ϑRi) und Oberflächentemperatur (ϑOFm), desto höher ist die wirksame Wärmestromdichte q in W/m². Die spezifische Wärmestromdichte q ist die relevante Leistungsgröße der Flächenheizung/-kühlung.
Die DIN EN 1264 orientiert sich im Sinne der thermischen Behaglichkeit in ihrer Definition zur Begrenzung der Oberflächentemperaturen an Boden und Decke an den physiologischen Anforderungen des Menschen. Dementsprechend werden jene Flächen in einem besonderen Maß berücksichtigt, mit denen der menschliche Körper entweder im direkten Kontakt steht (Fußboden) oder besonders nahekommt (Decke).
Um einen heißen Kopf zu vermeiden, sind die Oberflächentemperaturen an der Decke ebenso zu begrenzen, wie jene des Fußbodens, um qualmende Socken zu vermeiden. Dieses zentrale Regelwerk für Flächenheizung/-kühlung, welches derzeit überarbeitet/novelliert wird, unterscheidet dabei in:
Wandheizungen lassen sich mit Heizkörpern kombinieren
Die Wandheizung kann mit deutlich höheren Temperaturen betrieben werden, da sie weder direkt (Boden/Füße) noch punktuell (Decke/Kopf) im Kontakt mit dem Menschen steht. Darüber hinaus wirkt sie auf eine deutlich größere Fläche des Menschen und mit größerem Abstand.
Einerseits kann man mit einer Wandheizung sehr leicht die Strenge des Niedrigtemperatursystems sprengen und optimal mit (bestehenden) Heizkörpern kombinieren. Andererseits aber kann eine Wandheizung/-kühlung (bei Bedarf) thermisch aktivierte Flächen an Boden und Decke auf niedrigstem Temperaturniveau ergänzen.
Eine Flächenheizung/-kühlung vermag zwei Funktionen in einem System zu erfüllen, die beide über die thermische Aktivierung der Oberflächen wirken: Heizen und Kühlen. Im Heizbetrieb wirken jene Flächen durch eine Übertemperatur als positive Temperaturdifferenz zur Raumtemperatur.
Im Kühlbetrieb sollte die Wandtemperatur mindestens 18 Grad betragen
Im Kühlbetrieb funktioniert das gleiche System durch eine Untertemperatur jener Flächen, also einer negativen Temperaturdifferenz zur Raumtemperatur.
Im Flächenkühlbetrieb werden die Oberflächentemperaturen einheitlich auf mindestens 18 °C (maximal 16 °C) begrenzt. Dies liegt weniger am Menschen, sondern am Schutz des Gebäudes, um Tauwasserausfall in das und am Bauteil zu vermeiden.
Eine wesentliche Einrichtung der Flächenkühlung ist daher die Taupunktüberwachung, welche diese Gefahr bannt, bevor die Oberflächentemperatur in einen kritischen Bereich kommt. Ein fachgerechtes Flächenkühlsystem achtet auf den Taupunkt, um letztlich Bauschäden durch Baufeuchte zu vermeiden und schließlich auch wieder für den Menschen Schimmel an Bauteilen zu verhindern.
Von der Heizlast zur Wärmestromdichte
Die notwendige Heizlast für ein Gebäude sowie dessen Räume und Zonen wird nach DIN EN 12831 berechnet und dient als Grundlage zur leistungsbezogenen Auslegung einer jeglichen Wärmeübergabe.
Die Wärmestromdichte gibt die spezifisch wirksame Leistung der Wärmeübergabe bzw. der Flächenheizung an. Unterschiede bestehen sowohl zwischen den Anwendungsbereichen Boden, Wand und Decke als auch in den Trocken- und Nass-Bauweisen.
Die spezifische Wärmestromdichte eines Systems zeigt, wie viele Quadratmeter wirksame Fläche notwendig sind, um die jeweilige Heizlast zu decken. Nebenstehende Tabelle zeigt einen orientierenden Vergleich der drei Anwendungen für einen beispielhaften Raum mit einer Heizlast von 1000 W.
Auf Basis der jeweils maximalen Oberflächentemperatur und der daraus resultierenden spezifischen Wärmestromdichte q ergeben sich notwendigerweise an der Decke bei ca. 60 W/m²: 17 m² Deckenfläche; am Boden bei ca. 100 W/m²: 10 m² Bodenfläche; oder an der Wand bei ca. 160 W/m²: 6,5 m² Wandfläche.
Dies erklärt auch den Ausreißer Wandheizung mit dem geringsten notwendigen Flächenbedarf (auch bei niedrigeren Vorlauftemperaturen) auf Grund der höheren Oberflächentemperatur, welche die entscheidende Kenngröße für die Wärmestromdichte der Flächenheizung/-kühlung ist.
Die Flächen am Boden und an der Decke können in der Regel vollständig genutzt werden. Lediglich etwaige Stellflächen auf dem Boden sind zu berücksichtigen. Im Falle einer Wandheizung kann diese auch mit einer deutlich geringeren Oberflächentemperatur betrieben werden, wenn dies die zur Verfügung stehenden Wandflächen zulassen.
Der Mindest-Flächenbedarf beträgt ca. 6,5 m². Können beide Außenwände genutzt werden, ergeben sich 11 Laufmeter, deren Oberfläche vom Boden aus 0,6 Meter hoch thermisch aktiviert werden müssen. Bei einer größeren Sockelhöhe von z. B. 1,2 Metern,
ist nur mehr eine spezifische Wärmestromdichte von ca. 80 W/m² notwendig, was eine deutlich geringere Oberflächentemperatur und eine dementsprechend niedrigere Vorlauftemperatur bedeutet.
Die rote Markierung in diesem Hersteller-Kennlinienfeld zeigt, dass bei einer Heizmittelübertemperatur von 13,6 °C (1) und einem Verlegeabstand von 100 mm (VA 10) mit dem entsprechenden Trockenbauelement (2) eine Wärmestromdichte von 80 W/m² (3) geleistet wird.
Die Basiskennlinie einer Fußbodenheizung in Teil 2 der DIN EN 1264 zeigt das grundlegende Verhältnis zwischen Oberflächentemperatur und Wärmestromdichte. Für jede Anwendung ist dabei der spezifische Wärmeübergangskoeffizient α in W/(m²K) zu berücksichtigen, der sich aus physikalischen Gründen an Boden, Wand und Decke unterschiedlich verhält und im Wesentlichen den Konvektionsanteil bestimmt.
Des Weiteren ist freilich besonders bei Fußbodenbelägen deren Wärmeleitwiderstand λ in W/(mK) zu beachten. Die genauen Wärmeleistungen (Wärmestromdichten) des jeweiligen Systems sind den Systemkennlinien der Hersteller zu entnehmen.
So wird die wirksame Oberflächentemperatur erreicht
Nun stellt sich die Frage, wie die gewünschte bzw. notwendige wirksame (mittlere) Oberflächentemperatur erreicht werden kann. An erster Stelle steht natürlich das Systemrohr, welches als Wärmeübertrager das Heizmittel Wasser führt und die entsprechende Oberfläche thermisch aktiviert. Die thermische Aktivierung der Oberfläche erfolgt durch das Systemrohr, welches sich unmittelbar unter der Oberfläche in der Wärmeverteilschicht befindet.
Da die Oberflächentemperatur direkt über dem Systemrohr natürlich höher ist, als es genau zwischen zwei Systemrohren der Fall ist, kann es sich bei diesem Wert also nur um einen gemittelten Wert handeln.
An dieser Stelle tritt der Verlegeabstand zwischen den Rohren (Teilung) auf den Plan. Je weiter die Systemrohre voneinander getrennt sind, desto größer ist der Unterschied (im Flächenbezug) auf max. und min. Oberflächentemperatur.
Aus diesem Grund verlangen möglichst gleichmäßige Oberflächentemperaturen und eine maximale Wärmestromdichte einen engen Verlegeabstand. Je enger der Verlegeabstand ist, desto ausgeglichener ist die thermische Welligkeit der Oberfläche.
Die Heizmitteltemperatur ist immer höher als die Oberflächentemperatur
Somit kommen wir zum nächsten wichtigen Parameter: der mittleren Heizmitteltemperatur (Kühlmitteltemperatur) ϑFm, um die gewünschte Oberflächentemperatur zu erreichen.
Die Heizmitteltemperatur ist immer höher als die Oberflächentemperatur und ist im Weiteren abhängig vom Aufbau der Wärmeverteilschicht, von Wärmeverlusten entgegen des Raumes, des spezifischen Wärmeübergangs und der Position an Boden, Wand oder Decke.
Der Wärmeleitwiderstand Rλ ist ebenso von Bedeutung und muss im Kennlinienfeld (Herstellerangabe) mit einem bestimmten Verlegeabstand eines jeden Systems der Flächenheizung/-kühlung mindestens Kennlinien für Werte des Wärmeleitwiderstandes Rλ = 0,05 (m²K/W), 0,10 (m²K/W) und 0,15 (m²K/W) haben, in Übereinstimmung mit Teil 2 der DIN EN 1264 (Basiskennlinie).
Mit den Kennlinien gem. DIN EN 1264 aus den Planungsunterlagen der Systemhersteller ist sowohl die Oberflächentemperatur als auch die notwendige Heizmitteltemperatur im Verhältnis zur Raumtemperatur zu ermitteln.
Vom Heizmittel zur wirksamen Wärmeleistung
Damit die gewählte und ausgelegte Wärmestromdichte auch wirksam wird, ist ein weiterer leistungsrelevanter Faktor notwendig. Die Heizmitteltemperatur als solche ist nichts als ein Zahlenwert. Um die gewünschte Oberflächentemperatur zu erreichen, ist eine Wärmemenge notwendig, welche über einen entsprechenden Massenstrom sicherzustellen ist und sich durch Umstellung der folgenden Formel
wie folgt berechnet:
Bei dem oben genannten Beispiel mit 1000 Watt Leistung muss also ein Massenstrom von
sichergestellt sein.
Aus der Wärmemenge resultiert in Abhängigkeit der Zeit die Wärmeleistung. Die Volumenströme und Systemrohrlängen sind als Grundlage für den hydraulischen Abgleich zu dokumentieren sowie in die Raumliste einzutragen.
Dieser Artikel von Frank Hartmann ist zuerst erschienen in SBZ Monteur 9 / 2019. Frank Hartmann ist Gas-Wasser-Installateur, Heizungs- und Lüftungsbauer, Elektroinstallateur und Energietechniker. Er ist zudem Gründer des Forums Wohnenergie für energieeffizientes Bauen und Renovieren.